Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
klopfte an die angelehnte Küchentür. Nach wenigen Sekunden ging sie auf.
Vor Johanna stand Kohonen. Er hatte sich eine weiße Schürze umgebunden und hielt ein großes Fleischmesser in der Hand. Auf dem Herd dampfte es aus Töpfen, in denen sich das Licht der röchelnden Dunstabzugshaube spiegelte. Auf der Arbeitsplatte lagen in sauberen Häufchen klein geschnittene Karotten, Lauch und Paprika.
»Noch einmal guten Tag«, sagte Johanna, den Blick fest auf das gerötete, aufgedunsene Gesicht des Mannes gerichtet.
»Tag«, sagte Kohonen unsicher. »Was ist los?«
»Beim Kochen?«
Er nickte. »Ich probier ein neues Rezept für Stenlunds Amis aus. Steckrübenragout. Mit Thymian.«
Johanna streckte die Hand aus. »Würden Sie mir bitte das Messer geben.«
Verdutzt gab Kohonen es ihr. Johanna reichte es an den hinter ihr stehenden Kekkonen weiter.
»Könnten Sie bitte den Herd ausschalten und zusehen, dass auch sonst nichts mehr an ist«, sagte Johanna. »Wir nehmen Sie mit, unter dem Verdacht, Erja Yli-Honkila, Anne-Kristiina Salmi und Lea Alavuoti ermordet zu haben.«
Kohonen starrte Johanna entgeistert an.
44
Karri bestrich im Frühstücksraum des Hotels Romero gerade seinen Toast mit Honig, als Tomi anrief. Er fragte, wie es gehe, doch seine Stimme verriet, dass er aufgeregt war.
»Ich habe bei Launo drei silberne Kreuze gefunden«, sagte er. »Den Schmuck von Erja, Anne-Kristiina und Lea, den ihnen der Mörder vom Hals gerissen hat.«
Karri konnte nicht fassen, was er da hörte. »Bei Launo?«
»Ich hab nach meiner Remington gesucht und den Schmuck in der Kommode entdeckt. In allen Kreuzen war dasselbe Datum eingraviert. Launo wird jetzt verhört, und sie machen eine Hausdurchsuchung bei ihm. Und zwar verdammt gründlich«, berichtete Tomi heiser.
»Glaubst du, Launo könnte drei Menschen umbringen?«
»Am Anfang hab ich es nicht geglaubt. Aber denk doch mal nach. Was hat er über die Ermordeten gesagt? Und wie er sich bei der Scheune benommen hat!«
Falls Launo Kohonen der Täter war, waren die Israelis unschuldig.
Der Gedanke war Schwindel erregend.
Wenn sich nämlich nachweisen ließ, das Launo der Mörder war, korrespondierte das israelische Hilfsangebot exakt mit Ezer Kaplans Worten. Karri ärgerte sich, den Mann so schroff zurückgewiesen zu haben.
Johanna steckte in Papieroverall, Schuhbezügen und Kopfhaube. Sie sah sich in Launo Kohonens Wohnzimmer um und sah es nun mit ganz anderen Augen. Sie musste sich Mühe geben, ihre Hoffnungen im Zaum zu halten. Zuerst musste untersucht werden, wie der Schmuck zu Kohonen gelangt war. Außerdem musste die Wohnung gründlich auf den Kopf gestellt werden. Die Spurensicherer aus Oulu waren erneut auf dem Weg nach Pudasjärvi.
Es klopfte energisch an der Tür, und Kekkonens rotes Gesicht schob sich durch den Türspalt. »Kommst du mal kurz.«
Johanna folgte ihm in den Flur nach draußen. Sie sah, wie aufgeregt ihr Kollege war, und wusste gleich, dass er etwas Wichtiges entdeckt haben musste. Sie zog die Schutzhüllen von den Schuhen und legte sie auf ihre Tasche, die neben der Tür stand.
Ihr Puls beschleunigte sich unweigerlich, als sie Kekkonen zum Schuppen folgte.
Kekkonen knipste die Handlampe an, obwohl im Schuppen eine matte Lampe unter einem kugelförmigen Milchglasschirm brannte.
Johanna schob sich hinter ihrem Kollegen zwischen einem verstaubten Moped und anderem Gerümpel zur hinteren Wand vor, von der eine Tür zum Plumpsklo führte. An der Wand hingen Sense, Spaten und weiteres Werkzeug an Nägeln.
Kekkonen deutete auf eine Holzkiste. »Stell dich auf die Kiste!«
Von dort aus sah sie, dass der Verschlag mit dem Plumpsklo niedriger war als der übrige Schuppen, sodass unter der Decke Stauraum entstand. Kekkonen reichte Johanna die Lampe: In dem Zwischenraum lag ebenfalls Gerümpel.
»Du musst das Brett ganz außen ein Stück anheben«, sagte Kekkonen.
Johanna nahm es hoch und stellte sich auf die Zehenspitzen. In einer schmalen, länglichen Rinne lag ein schmaler, langer Gegenstand.
»Remington, Kaliber 308«, sagte Kekkonen.
Bei allen drei Morden war ein Gewehr mit Kaliber 308 benutzt worden.
Johanna stieg von der Kiste. »Wie hast du das gefunden?«
»Ich habe am Staub gesehen, dass jemand die Stelle angefasst hatte.«
»Hol Kupiainen her!«
Aus der Waffe musste jetzt alles herausgeholt werden: Fingerabdrücke, eventuell DNA-Spuren, Textilfasern.
Die Züge der Ratte nahmen Gestalt an. Die Ratte hatte das runde, gerötete
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