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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
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gelang.
    »Okay. Steig jetzt aus«, sagte Sohlman zu Näränen.
    Johanna starrte unverwandt auf den Monitor.
    Vasa richtete den Blick auf den roten Audi A4, der an der geforderten Stelle am Straßenrand stand, knapp zehn Meter von dem Nissan entfernt. Warum blieb der Fahrer im Wagen sitzen und stieg nicht sofort aus? »Warum wartet er?«, fragte Radovan angespannt. »Irgendwas ist da faul...«
    »Warte«, unterbrach ihn Vasa.
    Die Tür ging auf, und ein jüngerer Mann in Zivil stieg aus dem Audi und ging mit erhobenen Händen und ruhigen Schrittes davon.
    »Vertraust du ihnen?«, wollte der Vater von Radovan wissen. Vasa wurde immer wütender, weil ihn der Vater hartnäckig überging.
    »Ob ich den Finnen vertraue?«, fragte Radovan mit bitter spöttischem Ton zurück.
    Vasa blickte in den Spiegel und sagte zu seinem Bruder: »Ich werde den Wagen überprüfen.«
    Er nahm ein Gerät von der Größe einer Spiegelreflexkamera aus dem Fußraum des Beifahrersitzes, öffnete die Tür und stieg ohne zu zögern aus. Er war nicht gefährdet, denn die Finnen würden nichts unternehmen, solange die Geisel im Wagen saß.
    Beim Gehen schaute sich Vasa um. Im Wald beiderseits der 21
    Straße war es mucksmäuschenstill. Vor dem Audi blieb er stehen, schaltete den Spektrumanalysator ein und überprüfte zügig das Auto. Johanna beugte sich näher an den Monitor heran, auf dem ein Mann mit Sturmhaube zu sehen war. Er untersuchte das Fahrzeug, offenbar mit Hilfe eines Spektrumanalysators.
    »Das sind tatsächlich keine Amateure«, stellte Helste fest.
    Sohlman verzichtete auf einen Kommentar.
    »Wäre das Abhörgerät nicht entfernt worden, hätte er es schon gefunden«, merkte Johanna an.
    »Aber den Sender findet er nicht«, versicherte Sohlman.
    Johanna hörte allerdings eine überraschende Anspannung aus seiner Stimme heraus, die zu seiner zur Schau getragenen Sicherheit nicht passte. Auf seinem Gebiet war Sohlman der erfahrenste und abgeklärteste Mann in ganz Finnland, was sich mitunter problematisch auf die Führungsverhältnisse auswirkte. Die waren unter anderem nach dem Geiseldrama von Mikkeli einer kritischen Klärung unterzogen worden. Das SK Bär hatte damals berechtigte wie unberechtigte Kritik einstecken müssen, die allerdings im Nachhinein und aus dem Polstersessel heraus leicht zu äußern gewesen war. In einer extrem gefährlichen Situation mit enormem Druck bestand immer die Gefahr menschlichen Versagens, das war nie völlig auszuschließen. In der Öffentlichkeit wurden solche tatsächlichen oder vermeintlichen Fehler allerdings jahrelang ausgeschlachtet, was die Belastungsfähigkeit von Leuten, die unter Einsatz ihres Lebens arbeiteten, auf eine harte Probe stellte.
    Der Entführer setzte sich für mehrere Sekunden in den Wagen, dann stieg er wieder aus. Er ging noch einmal gebückt um den Audi herum, wobei er sein Messgerät am unteren Rand der Karosserie entlangführte. »Wir haben das Objekt im Sucher eines Scharfschützen«, sagte Sohlman. »Niemand schießt!«, sagte Johanna energisch.
    3»
    Der Entführer setzte sich erneut in den Audi, ließ den Motor an und fuhr unmittelbar hinter den Nissan. Ohne den Motor abzustellen, stieg er aus und begab sich wieder in den Nissan.
    »Fertig«, sagte Sohlman ins Mikrofon.
    »Ein Funkwellensender ist nicht installiert«, sagte Vasa nun mit festerer Stimme als zuvor. Obwohl die Ereignisse sich in eine unvorhergesehene Richtung entwickelt hatten, spürte er seine aufkommende Angst und Unsicherheit wieder schwinden. Sobald er handeln konnte, wurde er ruhiger. »Aber eventuell etwas anderes«, fuhr er fort. »Am ehesten ein Peilsender.«
    »Trotzdem. Wir müssen jetzt los«, sagte Radovan.
    Vasa merkte, dass er stolz auf seinen Bruder und auf sich selbst war. Hoffentlich war der Vater zu ähnlichem Stolz fähig.
    Radovan nahm der Geisel die Augenbinde ab und sagte zu ihr auf Englisch: »Wir steigen in einen anderen Wagen um. Keine Angst, dir wird nichts passieren, solange du tust, was wir dir sagen.« Mit einer Kopfbewegung in Richtung Vasa fügte er hinzu: »Er wird als Erstes den Oberst in den anderen Wagen bringen und dich dabei als Schutzschild benutzen.«
    Mittlerweile war es dunkel im Wagen, die Frau blinzelte. Sie schien nicht so aus der Fassung geraten zu sein, wie man es aus dem hysterischen Atmen hätte schließen können.
    Vasa holte tief Luft. Rasch stieg er aus, öffnete die Tür auf der Seite der Geisel, packte die Frau am Arm und zog sie heraus. Er drückte

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