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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
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Stich.
    »Woher sollen wir wissen, wie schwer er verwundet wurde?« Die Stimme des Vaters nahm an Härte zu. »Geh nach Hause und kümmere dich um Mila ... Bring dein Studium zu Ende. Du hast dein Bestes gegeben, aber das hat nicht gereicht. Solche Dinge sind etwas für Männer.« Der Vater schloss die Augen und atmete beschwerlich. Seine Lippen und Wangen waren so grau wie sein Bart.
    Etwas für Männer.
    In Vasa brach eine Welle aus Scham und Zorn los. Er begriff, dass er alleine weitergehen musste. Aber er konnte und wollte seinen Vater nicht zurücklassen.
    »Lass uns weitergehen. Uns stehen noch alle Möglichkeiten offen«, versuchte er es noch einmal, obwohl er wusste, dass es zwecklos war. Der Vater antwortete nicht, sondern wandte sich ab, ging einige Schritte in die Richtung, aus der sie gekommen waren, suchte Halt an einer Kiefer und legte die andere Hand auf die Brust. Die Lage war hoffnungslos. Vasa konnte seinen Vater unmöglich tragen.
    »Geh langsam zurück. Sie werden dich finden und zu einem Arzt bringen«, sagte Vasa geschlagen.
    Der Vater sagte noch immer nichts.
    Vasa lief einige Schritte, dann blieb er erneut stehen und drehte sich um. Er schaute seinen Vater, der an dem Baumstamm lehnte, einige Sekunden lang an, dann wandte er sich ab und rannte entschlossen weiter.
    Er konzentrierte sich nur noch auf seine Schritte, auf jeden morschen Stamm, über den er hinwegsetzen musste, auf jedes Wurzelgeflecht, um das er einen Bogen machte. Das Gelände stieg steil an. Vasa hatte den Geschmack von Blut im Mund. Im Laufen rief er die finnische Polizistin an.
    »Oberst Jankovic ist im Wald, knapp einen Kilometer östlich des Audis. Holt einen Arzt. Angina pectoris.«
    Ohne ein weiteres Wort zu sagen, schaltete Vasa das Handy aus, nahm den Akku heraus und drosselte wieder das Tempo, um Kraft zu sparen. Er versuchte innerlich leer zu werden, sich auf den Augenblick zu konzentrieren. Das konnte er gut. Auf die gleiche Weise hatte er alles aus seinem Inneren verbannt, als die Nachricht von der Bombardierung des Zuges und vom Tod seiner Mutter gekommen war. Radovan hatte es kreidebleich berichtet, mit eingesunkenen Schultern, kaum fähig, seine Panik unter Kontrolle zu halten.
    Auch diese Erinnerung löschte Vasa routiniert, aber erst nachdem er düstere Energie daraus gewonnen hatte. Er beschleunigte wieder seinen Schritt, bis es in der Lunge brannte und die Milchsäure seine Muskulatur schwerfällig werden ließ.
    Dann hielt er abrupt an. Vor ihm war ein Graben, der Wasser führte. Mit Hilfe des Navigators orientierte er sich, dann stieg er in den Graben hinunter und watete so schnell er konnte im kalten Wasser den Graben entlang. Er führte ein wenig zu weit nach Norden, aber den Kurs konnte man später korrigieren. Mittlerweile war es fast völlig dunkel geworden. Das schützte Vasa vor Blicken, aber nicht vor dem Spürsinn der Hunde. Da half nur Wasser.
    Nach einer Weile gabelte sich der Graben. Vasa ging nach links, in Richtung Küste. Als er in der Ferne ein knatterndes Geräusch hörte, blieb er stehen.
    Ein Hubschrauber.
    Verfügte die Polizei über Wärmekameras? Vasa ging weiter. Der Graben wurde zu einer trockenen Senke und verschwand bald völlig. Um die ideale Richtung einzuschlagen, musste Vasa erneut den Navigator zu Hilfe nehmen. Radovan beherrschte die Bewegung im Gelände besser, Vasa hingegen war in der Großstadt zu Hause. Er versuchte die Erinnerung an die leblosen Augen seines Bruders zu vertreiben.
    Radovan hatte die Finnen gehasst. Und jetzt hatten die Finnen ihn umgebracht.
    Vor dem Krankenhaus in Riihimäki standen drei Polizeiautos. Neugierig blickten die Patienten und Krankenhausangestellten, die neben dem Eingang rauchten, zu den Wache schiebenden Polizisten hinüber. Zwei weitere Polizisten bewachten den Eingang von Station 3. Neben der Tür von Zimmer 103 saßen ebenfalls zwei Uniformierte. Es war sehr unwahrscheinlich, dass Oberst Borislav Jankovic versuchen würde, heraus- oder Landsleute von ihm hereinzukommen, aber jetzt wollte man keine Risiken mehr eingehen.
    Johanna saß an Jankovics Bett. Heli Räsänen war noch immer im OP. Es bestand die Gefahr einer Lähmung ihrer unteren Extremitäten. Ihrem Mann Mikko Räsänen hatte man beruhigende Medikamente verabreichen müssen.
    Auf dem Nachttisch lief Johannas Aufnahmegerät. Die Jalousien waren heruntergelassen, nur die Leselampe erleuchtete das Zimmer. Auf den ersten Blick sah der graubärtige Oberst in dem

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