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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
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glaubte, dass er in Schweden und anderswo in Europa als Killer arbeitete.
    »Im Krieg kommt es auf den Einzelnen nicht an«, fuhr Zlatan fort und fuhr sich seiner Gewohnheit entsprechend über die gebräunte Glatze. Die dunklen Augen über der Hakennase blickten abwechselnd auf Vasa und Torna. Zlatan trug ein unauffälliges Hörgerät und kleidete sich immer ganz in Schwarz. Die aufgekrempelten Ärmel seines Rollkragenpullis gaben eine Tätowierung auf dem linken Unterarm frei, deren Bedeutung niemand kannte. Vasa glaubte, dass es irgendwie mit dem Balkankrieg zu tun hatte.
    Zlatan sprach nicht viel über seine Vergangenheit, aber er war früher für den jugoslawischen Militärgeheimdienst tätig gewesen, das wusste Vasa. Nach dem Zerfall des Landes hatte Zlatan beim serbischen Geheimdienst weitergemacht. Niemand wusste, ob er von dort freiwillig weggegangen war oder ob man ihn gefeuert hatte.
    Angesichts der Tatsache, dass Männer wie Danilo und Zlatan dabei waren, konnte man es nur für ein Wunder halten, dass bei den bisherigen Raubüberfällen niemand zu Tode gekommen war. Aber alle wussten, sie würden künftig immer schwerer bewaffneten Sicherheitsleuten gegenüberstehen, weswegen Verletzungen oder sogar Todesopfer eventuell nicht zu vermeiden waren.
    »Im Krieg vielleicht nicht, aber in Eskilstuna kommt es auf jeden Mann an«, erwiderte Torna scharf. »Nach diesem Ding könnt ihr euch von mir aus gegenseitig umbringen. Aber bis dahin beherrscht ihr euch!«, erklärte er und schaute Vasa grimmig an.
    »Verräter und Feiglinge werden auf der Stelle erschossen«, sagte Zlatan scheinbar leichthin.
    Vasa mochte Zlatans Ton nicht, ließ die Sache aber auf sich beruhen. »Also los«, verlangte Torna, »wo bist du gewesen?«
    Vasa starrte auf den Fußboden und überlegte fieberhaft, was er den Männern sagen sollte, die nichts von Radovan und seinem Vater wussten. Radovan hatte Torna ein- oder zweimal getroffen, aber die gemeinsamen Erfahrungen hatten keine Freundschaft zwischen den beiden Männern entstehen lassen, anders als Vasa sich das vorgestellt hatte. Der Krieg, schien ihm, hatte die beiden so kalt werden lassen, dass zwischenmenschliche Beziehungen nicht mehr zustande kamen. »Vielleicht hat Vasa einen geheimen Lover in Malmö«, sagte Stanko plötzlich von der Seite und ließ ein breites Grinsen in seinem pockennarbigen Gesicht aufblitzen. Er hatte einen kleinen schwarzen Schnurrbart und trug seine schwarzen Haare altmodisch gescheitelt. »Halt die Fresse«, fuhr ihn Vasa an.
    »Vasa«, sagte Torna mit aufs Äußerste gespannter Ruhe. »Von dir hängt in Eskilstuna eine Menge ab. Du kannst nicht einfach so verschwinden.« Vasa war sich der Wichtigkeit seiner Rolle bewusst. Diesmal war das Auskundschaften und das Einschätzen des besten Zeitpunktes und der besten Stelle zum Zuschlagen ihm anvertraut worden, weil er über Intelligenz und Kreativität verfügte. Er hatte seine Aufgabe gut erledigen wollen, weil das Geld wegen seines Vaters für ihn von größerer Bedeutung war als sonst.
    »Ich musste dringende Familienangelegenheiten erledigen«, sagte er schließlich knapp.
    »Familienangelegenheiten«, schnaubte Slobo, der bis dahin schweigend dabeigesessen hatte, verächtlich und bot Danilo, der sich ein zusammengerolltes Stück Haushaltspapier in die Nase steckte, Kautabak an. »Hier, nimm ein bisschen Medizin«, sagte er, aber Danilo schüttelte stumm den Kopf und nahm stattdessen seine Sony PSP vom Tisch. Slobo zuckte mit den Schultern und schob sich ein Kautabaksäckchen unter die Oberlippe.
    Normalerweise ereiferte sich Danilo lauthals über die Pläne für die Raubüberfälle und fuchtelte angeberisch mit den Waffen herum, als wären die Überfälle nur Bestandteile eines großen Spiels oder Szenen aus einem Film. Er, der von Kindheit an in Schweden gelebt und aufgrund seiner Hyperaktivität eine Sonderschule besucht hatte, bewunderte die Filme von Tarantino und die coolen Typen darin über alles. Danilo lebte die Filme nach, fand Vasa, er stellte sich vor, Harvey Keitel in >Reservoir Dogs< oder John Travolta in >Pulp Fiction< zu sein.
    »Ganz richtig, Familienangelegenheiten«, wiederholte Vasa wütend. »Was wisst ihr denn davon? Was bedeutet euch die Familie? Was bedeutet euch das serbische Blut? Die Ehre? Schaut euch doch an! Seht nur, was das Leben in Schweden aus euch gemacht hat! Ihr redet nur noch über Geld. Glaubt ihr, Geld könnte die Familie und den Respekt ersetzen? Oder habt ihr die

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