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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
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Tasche und richtete ihn auf den Ankömmling. Verblüfft hob Vasa die Hände.
    »Hey, Mister Brown. Where have you been, man?«, grinste Danilo.
    Erst jetzt begriff Vasa, was los war. Mit der linken Hand wischte er schnell die Waffe zur Seite und schlug Danilo mit der rechten Faust ins Gesicht. Heulend vor Schmerz sank Danilo auf den Betonboden. Er hielt sich die blutende Nase.
    »Erinnerst du dich? Das war aus demselben Tarantino-Film«, sagte Vasa. Wie es aussah, hatten seine Kumpels die Nachrichten nicht gehört. »He, he, he«, ließ sich eine beruhigende Stimme aus dem Hintergrund hören. Dort waren die Männer aufgestanden und sahen Vasa überrascht an.
    Torna, der große, wettergegerbte ehemalige Offizier der serbischen Armee, kam auf Danilo und Vasa zu. »Was hat das zu bedeuten, Herr Magister?«
    Vasa hatte seine Examensarbeit noch immer nicht fertig, trotzdem wurde er manchmal mit Magister angeredet, vor allem dann, wenn man ihn verspotten oder herabsetzen wollte.
    Torna kam mit leicht schaukelndem Schritt näher, was mit den fehlenden Zehen am rechten Fuß zu tun hatte. Er heftete den Blick auf Vasa. »Zuerst verschwindest du zwei Tage von der Bildfläche, dass wir schon anfangen, uns Sorgen zu machen, und wenn wir dann in aller Ruhe zusammensitzen und Pläne machen, schneist du herein und machst Stress.«
    Torna blieb unmittelbar vor Vasa stehen. Vasa blickte über seine Schulter hinweg, als wäre nichts. Keiner von den anderen machte einen bedrohlichen Eindruck. Zlatan, der mit seinen fünfzig Jahren fast doppelt so alt war wie er und mit einem Buch in der Ecke saß, schien die Situation sogar zu amüsieren. Ihm fiel es ohnehin schwer, Danilo zu ertragen, den Jüngsten der Gruppe, der endlich einmal bekommen hatte, was er verdiente. Wäre er von Zlatan mit der Waffe bedroht worden, hätte Vasa das Ganze ernster genommen.
    Er blickte auf Danilo, der sich noch immer mit blutigen Händen die Nase hielt. »Bist du okay?«
    Er reichte Danilo die Hand. Aber der schlug sie wütend aus. Torna ging neben ihm in die Hocke. »Zeig her«, sagte er.
    Danilo rührte sich nicht, sondern kauerte weiterhin auf einen Ellbogen gestützt auf dem Boden. »Zeig her!«
    Tomas strenger Ton brachte Danilo endlich dazu, die Hand vom Gesicht zu nehmen. Torna packte ihn an der Wange und drehte seinen Kopf hin und her. Dann betastete er mit der anderen Hand Danilos Nase, was diesen schmerzhaft aufstöhnen ließ.
    »Sie ist nicht gebrochen«, erklärte Torna und stand auf. »Slobo, bring Danilo Papier. Und wischt dieses verdammte Blut hier auf!« Slobos gepflegtes, solariumgebräuntes Gesicht verzog sich vor Zorn. Er hielt sich für einen Popstar in spe, der mehr Respekt verdiente. »Wieso ich? Soll Vasa doch selbst seinen Dreck wegwischen«, sagte er, wobei er mit dem Kopfhörerkabel seines iPods spielte.
    »Vasa hat jetzt was Besseres zu tun. Er darf uns erzählen, was er die letzten Tage getrieben hat«, sagte Torna und bedeutete Vasa, ihm zu folgen.
    Am Ende der Halle war eine Art Empore, auf der Hocker und ein Sofa standen. Die Fenster befanden sich hoch oben unter der Decke. Für ungewöhnliche Exotik sorgte eine große, bunte Weltkarte an der Wand. Darauf waren die Weinanbaugebiete der Welt gesondert hervorgehoben. Am Rand der Karte dokumentierte eine illustrierte Liste die Traubensorten und deren Eigenschaften. Über dem großen Tisch hing eine Glühbirne, deren gemütliches Licht im Kontrast zu den Gegenständen auf dem Tisch stand: Dort lagen zwei Maschinenpistolen, Magazine, ein Messer, Filzstifte, Karten mit roten Markierungen, außerdem Fotos von Amtsgebäuden, Straßenecken und bewaffneten Wachmännern, die Koffer zu einem gepanzerten Fahrzeug trugen. Auf einem kleineren Tisch zeigte ein Fernseher das Standbild eines Geldtransporters. Vasa hatte die Aufnahme selbst gemacht, nahe dem Depot einer Sicherheitsfirma in Eskilstuna.
    »Wenn Danilo mit dem Kopf auf den Betonboden geschlagen wäre, hätten wir das ganze Ding abblasen müssen, das ist dir doch klar?« Torna sah Vasa finster an.
    »Nichts als Übertreibung«, sagte Zlatan plötzlich. Er hatte seinen Dostojewskij aus der Hand gelegt. Das Buch hätte ebenso gut eines von Sartre oder von Nietzsche sein können. Augenscheinlich suchte er bei den großen Philosophen nach einer Art Legitimation für seinen Lebensstil, in dem die völlige Freiheit des Willens und der Willkür herrschte. Zlatan konnte durchaus immer mal wieder für mehrere Wochen verschwinden. Vasa

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