Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog
Situation, zum Teil neugierig, zum Teil ängstlich. Tero ging mit Roni im Schlepptau einige Stufen hinunter zur Tanzfläche. Er ließ den Blick über die Köpfe der Tanzenden im blinkenden Discolicht schweifen, fand aber keinen Fluchtweg.
Intuitiv prüfte er, ob das Handy und die Kassette noch in seiner Jacke waren. Einer der Männer kam quer über die Tanzfläche auf sie zu.
Plötzlich fiel Teros Blick auf den einen jungen Mann, der gerade auf Roni losgegangen war. Er hielt den Frauen Papierhandtücher hin, damit sie den Tisch und ihre Kleider abwischen konnten.
»He, du«, sagte Tero und war mit wenigen Sätzen wieder bei dem jungen Mann.
»Was ist?«, fragte der streitsüchtig.
Tero versetzte ihm einen Stoß, worauf der andere mit seinem vollen Körpergewicht auf den Tisch krachte. Gläser und Flaschen zersplitterten, und die Frauen sprangen erneut auf. Der blonde junge Mann rappelte sich inmitten der Scherben auf alle viere auf und sah Tero überrascht an. Dann schnappte er sich eine kaputte Flasche als Waffe, stand abrupt auf und ging auf Tero los, der aber ausweichen konnte, worauf der betrunkene Angreifer auf den Tisch nebenan stürzte und auch dort dafür sorgte, dass sich sämtliche Getränke auf die Kleider der Tischgesellschaft ergossen.
Tero fuhr herum und konnte gerade noch die Sprayflasche sehen, die ihm entgegengehalten wurde, bevor ihn das Gas aus der Düse blind machte. Seine Augen brannten, und er fuchtelte mit den Händen in der Luft herum. Er kannte das Gefühl, bei der Schulung von Wachleuten hatte er sich ihm mehr als einmal ausgesetzt.
»Roni«, rief er. »Komm her! Komm zu mir!«
Um ihn herum wurde gekreischt und geschrien, man packte ihn an den Händen und drehte ihm die Arme auf den Rücken. Tero riss sich los, ohne zu sehen, wer sein Gegner war, aber dann wurde er gewaltsam zu Boden gerissen. 177
»Jetzt beruhigen wir uns«, sagte eine robuste finnische Stimme in seinem Rücken.
Erleichtert lag Tero am Boden. Sein Plan schien aufzugehen.
»Den anderen auch?«, fragte eine zweite Männerstimme.
»Nicht nötig. Das hier scheint der schlimmere Randalierer zu sein.« Tero spürte, wie die Handschellen hinter seinem Rücken zuschnappten. Der Wachmann zog ihn unsanft hoch. Tero blinzelte und versuchte durch die Tränen hindurch etwas zu sehen. Das Vorgehen der Wachleute kam ihm übertrieben vor, aber das gehörte wohl zu ihrem Job.
»Vater, bist du okay?«, hörte er Roni über die stampfende Musik hinweg rufen.
Undeutlich konnte er die Züge seines Sohnes erkennen. »Ja, alles in Ordnung.«
Der groß gewachsene Wachmann hielt ihn fest. Ein Kollege von ihm untersuchte den Zustand des blonden jungen Mannes, der noch auf dem Fußboden lag.
»Der da hat angefangen«, rief eine junge Frau über den Lärm hinweg und zeigte auf Roni.
»Aha. Dann komm mal schön mit«, sagte der Wachmann mit dem Bürstenschnitt, der Roni festhielt, und zog ihn vor die junge Frau. »Ist das derjenige, der eure Getränke umgeschmissen hat?«
»So ein unverschämter Kerl«, sagte die Frau, die ihre blonden Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. »Kommt einfach und stößt Jessica gegen den Tisch.«
»Die haben überhaupt die ganze Zeit gestoßen und gerempelt.« »Dafür werden die beiden den Rest der Fahrt in der Arrestzelle verbringen dürfen«, sagte der Wachmann zu den Frauen.
Tero blickte sich um und meinte erkennen zu können, dass ein Mann mit grauen Haaren hinter ihnen herschaute, als sie abgeführt wurden. Die Wachleute schleiften Tero und Roni die Treppe hinunter und in den vorderen Bereich von Deck 5. Gegenüber der Sauna-und-WellnessAbteilung mit dem Namen Bellamare betraten sie einen Personalgang, in dem sich das Büro der Wachleute befand.
»So, Uhren und Gürtel her und Taschen leeren«, befahl der Wachmann mit dem Bürstenschnitt. »Das ist nicht nötig ...«
»Ein bisschen schneller, morgen früh kriegt ihr alles zurück«, fuhr der Mann Tero über den Mund und schob seine Hand in die Innentasche von dessen Jacke, wo das Kuvert und die Kassette steckten. Tero riss sich los. »Wir haben keine Messer bei uns«, sagte er möglichst ruhig und überzeugend, auch wenn er wusste, dass es sinnlos war. »Es ist nicht nötig, uns die Sachen abzunehmen.«
»Wer in die Zelle wandert, muss alles abgeben. In Helsinki bekommt ihr es wieder.«
»Ich kann Ihnen nicht...«
»Reiß das Maul nicht so weit auf und gib das Zeug her! Oder muss ich noch mal das Spray benutzen?«
Der dritte
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