Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog
Wachmann, älter als die anderen beiden, trat mit einem Plastikbeutel hinzu, in den er nach und nach Teros Eigentum steckte. »Portemonnaie, Schlüssel, Kassette, Briefumschlag«, zählte er auf. »Und Handy.«
»Dieses Telefon kann ich nicht hergeben, ich bitte darum ...«, sagte Tero flehend mit Blick auf Ronis Handy.
»Du kriegst es wieder. Und jetzt Mund halten.«
Der Wachmann führte Tero in die karge Kabine hinter dem Büro, die als Zelle diente. Tero sträubte sich, aber der Mann war stark.
»Vater, ganz ruhig«, sagte Roni. »Die Jungs machen nur ihren Job.« 178
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»Darf ich kurz stören?«, fragte Hellevig den großen Wachmann auf Schwedisch, der in seinem Büro saß und über den Zwischenfall im Tanzlokal einen Bericht schrieb. »Ich suche schon eine ganze Weile nach zwei finnischen Mitarbeitern unserer Firma. Und jetzt höre ich gerade, dass es zu einem unangenehmen Vorfall im Nachtclub gekommen ist...«
»Moment mal, wie sind Sie hier hereingekommen?«, unterbrach ihn der überraschte Wachmann.
»Jemand von der Besatzung hat mir freundlicherweise geöffnet, nachdem ich ihm mein Anliegen vorgetragen habe.«
»Ach ja? Wie heißen Ihre Kollegen denn?«, fragte der Wachmann unwirsch. »Tero und Roni Airas.«
Hellevig richtete seinen Hemdkragen. Am Hinterkopf pulsierte es noch immer unangenehm, aber die Wunde blutete nicht mehr. Er hatte in der Kabine der Finnen sein Portemonnaie an sich genommen, in seiner eigenen Kabine trockene Kleider angezogen und seinen Partnern eine Erklärung geliefert: Vater und Sohn Airas hätten irgendwie herausgefunden, dass er in Lausanne gewesen war, aber natürlich habe er den beiden Finnen nichts verraten, sondern sie nur mit gezielten Lügen gefüttert. Die Operation sei nicht gefährdet, im Gegenteil: Jetzt hätten sie die Chance, den Inhalt des Schließfachs an sich zu bringen. Von dem Geständnis, das Tero Airas mit dem Handy aufgenommen hatte, erzählte Hellevig seinen Partnern nichts. »Ihre Freunde haben im Nachtclub randaliert«, sagte der Wachmann. 179
»Das ist überhaupt nicht ihre Art, sie sind nicht einmal betrunken. Bestimmt liegt da ein Missverständnis vor.«
»Es gibt kein Missverständnis. Ich schreibe gerade den Bericht, wir haben jede Menge Zeugen.«
»Was passiert mit den beiden?«
»Die bleiben für den Rest der Fahrt da drin«, sagte der Wachmann und machte eine Kopfbewegung nach hinten.
Hellevig schüttelte seufzend den Kopf. »Tero Airas ist der finnische Repräsentant unserer Firma.« Hellevig reichte dem Wachmann eine mit falschem Namen versehene Visitenkarte. »Er hat ein Mobiltelefon und andere Dinge bei sich, die der Firma gehören. Ich bin gerade von meinen Geschäftspartnern in Amerika angerufen worden und benötige die Sachen dringend. Hat er sie mit in der Zelle?«
Der Wachmann warf einen kurzen Blick auf den Schrank hinter sich. »Wir nehmen den Leuten, die in Arrest kommen, grundsätzlich alle Gegenstände ab«, sagte er und fuhr zögernd fort: »Aber ich kann natürlich nichts davon herausgeben ...«
»Ein schwarzes Nokia-Handy mit einem Formel-i-Rennwagen auf dem Display. Eine Videokassette, auf der die Funktionen eines unserer Firmengeräte demonstriert werden. Und weitere Dokumente in einem braunen Kuvert. Man wird mich gleich wieder von Baltimore aus anrufen, ich brauche die Sachen. Jetzt sofort.«
»Ich kann das Eigentum von Leuten, die in der Zelle sitzen, nicht an Dritte weitergeben. Aber vielleicht fragen Sie die Herrschaften selbst. Wenn die beiden es erlauben, kann ich die Sachen herausgeben.«
»Schon gut«, sagte Hellevig und entfernte sich rasch. Er bog um die nächste Ecke und betrat den kleinen Abstellraum, wo Nykvist und Makarin auf ihn warteten, und teilte ihnen mit, was passiert war und wie sein Plan jetzt aussah, der sofort in die Tat umgesetzt werden musste.
Nykvist klopfte energisch an die Bürotür der Wachleute. Sie wurde sogleich geöffnet.
»Vor dem Aufzug auf Deck 2 suchen zwei Kerle Streit«, sagte er aufgeregt zu dem Wachmann. »Würden Sie bitte mitkommen und die beiden beruhigen.« Der Wachmann tastete nach seinem Funkgerät am Gürtel. »Ich darf hier nicht weg. Ich sage meinen Kollegen Bescheid ...«
»Das dauert zu lange! Die haben schon die Messer gezogen, Sie wollen doch nicht, dass jemand umgebracht wird. Es kann um Sekunden gehen!« Der verdutzte Wachmann steckte den Schlüsselbund ein und nahm den Taser in die Hand. Nachdem er die Bürotür abgeschlossen hatte, rannte er Nykvist
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