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Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog

Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog

Titel: Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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stand. Dann blickte er wieder nach unten, wo die Männer begonnen hatten, den Schornstein zu erklimmen. Warum schössen sie nicht? Vielleicht wollten sie keine Einschusslöcher als Beweise hinterlassen. Außerdem könnte jemand die Schüsse hören. Stürzte dagegen jemand aus großer Höhe und bei Dunkelheit ins Meer, würde es unter Umständen niemand bemerken. Schlagartig wurde Tero klar, dass sie ihren Verfolgern eine hervorragende Mordmethode nahelegten. Sie hätten doch im Innern des Schiffes bleiben sollen. »Schau nicht nach unten, sondern zieh dich hoch! Schnell!«, rief Roni. Tero machte einen Sprung und hielt sich am Rand der Platte fest. Er hing über dem Abgrund, nahm seine Kräfte zusammen, um ein Knie auf die Metallplatte zu bringen, trat aber immer nur ins Leere und begriff schließlich, dass seine Muskelkraft nicht ausreichte. Seinen Verfolgern würde das Klettern allerdings auch nicht leichtfallen. Und dieser Gedanke gab ihm Kraft.
    Roni packte von oben Teros Handgelenk. Und Tero gelang es, mit einem Schwung und extremer Anspannung der Bauchmuskeln, doch noch ein Knie auf den Rand der Metallplatte zu schieben, sodass ihn Roni ganz nach oben ziehen konnte.
    »Gut«, lobte Roni seinen keuchenden, schlotternden Vater. »Jetzt das Ganze noch einmal. Wir müssen bis zur Wartungsebene hinaufklettern.« 173
    »Das ist zu weit...« Tero sah verzweifelt nach oben. »Nein. Komm schon!« Roni schwang sich bereits auf die nächste Ebene hinauf. Die Verfolger waren nur noch wenige Meter unter ihnen. Tero rappelte sich auf und ließ sich wieder mit ausgestreckten Armen ein Stück nach vorne kippen, bis seine Hände den Rand der nächsthöheren Ebene berührten. Es muss sein, sagte er sich innerlich. Es gibt keine andere Möglichkeit. Die Männer werden Roni sonst umbringen. Wieder machte er einen Sprung und zog sich auf die nächste Ebene hinauf, unterstützt von Roni, der ihn erneut am Handgelenk gepackt hatte.
    Nachdem er mit Ronis Hilfe auf der Riesenjalousie einige Stufen weiter nach oben gekommen war, spürte Tero, wie seine Kräfte unweigerlich und endgültig versiegten. Je höher sie kamen, desto näher rückte die eigentliche Wand des Schornsteins, weshalb die glühende Hitze immer stärker wurde. »Ich kann nicht mehr«, rief Tero, an beiden Händen über dem Abgrund hängend. »Bring dich in Sicherheit, Roni! Ich werde sie aufhalten ...« Roni streckte beide Hände aus und ergriff Teros Handgelenke.
    »Ohne dich gehe ich nirgendwohin«, rief er und zerrte seinen Vater langsam nach oben. »Wir haben es fast geschafft, wir müssen nicht mehr klettern.« Vollkommen erschöpft kroch Tero auf allen vieren hinter Roni über die Metallplatte. Das haltlose Zittern der Beine und der reißende Wind erschwerten das Vorankommen. Durch den hohen Seegang schwankte das Schiff derart, dass sie aufpassen und sich mit aller Kraft festhalten mussten, damit sie nicht abstürzten.
    Als sie den seitlichen Rand der Schornsteinverkleidung erreichten, sah Tero sich um und erkannte, dass die Verfolger gerade die nächste Stufe erklommen. Die von einem weißen Geländer eingefasste Wartungsebene zeichnete sich zehn Meter weiter an der Seitenwand des Schornsteins ab und schien sich bis auf dessen Rückseite fortzusetzen.
    »Schnell, hier kommt man besser voran«, trieb Roni seinen Vater an. Nachdem sie heil auf der erleuchteten Ebene angekommen waren, zitterten Teros Arme und Beine wie bei Schüttelfrost, trotzdem empfand er eine riesige Erleichterung, weil er endlich wieder stabilen Boden unter den Füßen hatte. Doch schon im nächsten Augenblick erschrak er: Ein Mann mit gezückter Waffe kam um die Ecke.
    »Komm hierher«, rief Roni und rannte auf der Wartungsebene zur Rückseite der Schornsteinkonstruktion.
    Tero zwang sich, ihm zu folgen, und sah gleich darauf seinen Sohn am Griff einer Luke zerren, die sich aber nicht bewegen ließ.
    »Da ist ein Seil«, keuchte Tero. Er reckte sich über das Geländer und sah, dass das Seil, das am unteren Rand der Wartungsebene befestigt war, bis auf das weiße Dach ganz unten reichte. Der Mann mit der Waffe kam näher. »Zieh deine Jacke aus«, sagte Tero zu Roni, während er sich selbst die Jacke vom Leib riss.
    Er schlüpfte unter dem Geländer hindurch, schlang seine Jacke um das Seil und umfasste sie mit beiden Händen. Gleichzeitig ließ er sich mit dem Rücken voran fallen und stieß sich an der Metallwand des Schornsteins ab. »Schütz die Hände mit der Jacke und stoß dich an der

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