Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog
der Sonderkommission für organisierte Kriminalität. Wenn man mehr über den Mann erfahren wollte, musste man mit einem Kollegen sprechen, der Anfang der Achtzigerjahre mit ihm zu tun gehabt hatte.
Der einzige helle Punkt weit und breit war die Straßenlampe, vor der ein nackter Birkenast im Wind schwankte.
Kimmo trommelte mit dem Daumen auf das Lenkrad. Er hatte schlimme Vorahnungen, über die er nicht einmal mit Sirje reden wollte, die ausgestiegen war und draußen wartete.
Wo blieb Toomas? Und warum war ihm weder eine Wohnung noch irgendein Café als Treffpunkt recht gewesen? Waren sie hier überhaupt am richtigen Ort?
Ende der Joutsamontie, am Wendeplatz, hatte er gesagt. Eindeutige Angabe, eindeutige Stelle.
Es überraschte Kimmo nicht, dass Toomas' Machenschaften dubios waren, aber allein der geringste Hinweis, dass Julia irgendwie mit diesen Kreisen zu tun gehabt haben könnte, war so schockierend, dass ihm gründlich nachgegangen werden musste. Mit der Polizei würden sie sprechen, wenn sie wüssten, worum es ging und ob es überhaupt etwas zu reden gäbe. Man brauchte der Polizei nicht mutwillig eine andere Vorstellung von Julia zu vermitteln als die des unschuldigen Schulmädchens.
Im Rückspiegel blendeten Kimmo nun die Lichter eines Autos. Er stieg aus und machte den Reißverschluss seiner Jacke zu. Sirje kam zu ihm. Ein 3er-BMW hielt neben ihnen an, der Motor wurde ausgeschaltet, und Toomas stieg aus.
»Entschuldigung, ich bin spät«, sagte er.
»Macht nichts«, entgegnete Sirje. »Hauptsache, du bist da.«
Kimmo sagte nichts.
»Ich habe versprochen zu reden. Und ich werde reden, weil Julia euer Kind war. Und meine Patentochter.«
In Toomas' Stimme klang echte Wärme mit. Das bewegte auch Kimmo. Er biss die Zähne zusammen und versuchte, die nötige innere Härte zu mobilisieren, um sich die unangenehmen Wahrheiten über seine verstorbene Tochter anhören zu können.
»Aber nur unter der Bedingung, dass ihr nichts davon an die Polizei weitergebt«, fuhr Toomas leise fort. »Sind wir uns da einig?«
»Am wichtigsten ist es, Julias Mörder zu schnappen«, antwortete Kimmo und räusperte sich. »Die Polizei muss alles dafür Notwendige erfahren.« »Als wir uns zuletzt trafen, warst du der Meinung, dass die Polizei und die Gerichte den Mörder zu leicht davonkommen lassen werden. Und du wolltest stattdessen mich als Richter sehen.«
»Die Polizei brauchen wir, damit der Täter gefunden wird. Oder nicht? Falls wir sie dafür doch nicht brauchen, ist die Situation natürlich eine andere.« »Ich lasse bei solchen Sachen nicht mit mir handeln. Entweder ihr versprecht mir, nichts der Polizei zu erzählen, oder ich fahre wieder. Die Entscheidung liegt bei euch.«
Kimmo warf nicht einmal einen Blick auf Sirje, die seine Hand genommen hatte und sie fest umklammert hielt.
»Ich habe es doch schon gesagt«, erwiderte er. »Das Wichtigste ist, dass Julias Mörder gefunden wird und das bekommt, was er verdient. Ich dachte eigentlich, das wäre auch für dich als Onkel die Hauptsache ...« Kimmo wurde unwillkürlich laut und musste sich mit aller Macht beherrschen, um nicht zu schreien, denn dann würde Toomas erst recht nichts mehr sagen. »Wenn wir durch deine Informationen den Mörder finden, brauchen wir die Polizei nicht.«
»Setzen wir uns ins Auto«, sagte Toomas.
Sie stiegen in den Ford der Leivos, Toomas und Sirje setzten sich auf die Rückbank, Kimmo ans Steuer.
»Julia hat mich einmal gefragt, ob ich im Fitnessstudio jeman den kenne, der qualitativ hochwertige Hormone brauchte. Ich versuchte herauszufinden, was hinter ihrer Frage steckte. Ich habe sie auch gewarnt, aber sie hörte mir überhaupt nicht zu.«
Kimmo hatte alle Mühe, still zuzuhören. Warum hatte ihnen Toomas davon nicht früher erzählt? Falls er Julia in die Welt der Kriminalität hineingezogen hatte ... Dann würde er dafür noch bezahlen, wenn das alles hier vorüber war. »Ich wollte aus ihr herauskriegen, wo sie die Steroide der Spitzenklasse herhat, aber Julia verriet es mir nicht. Sie versuchte nur hartnäckig, sie mir zu verkaufen. Was ich natürlich ebenso hartnäckig ablehnte. Sie verbot mir, mit euch darüber zu reden, und ich versprach, nichts zu sagen.«
»Du hast nicht herausgefunden, woher sie das Zeug hatte?«
»Nein«, sagte Toomas, aber es klang in Kimmos Ohren nicht glaubwürdig. »Was ist daran so geheim, dass die Polizei nichts davon erfahren darf?«, wollte Kimmo wissen.
»Begreifst du denn
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