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Rendezvous in Kentucky

Titel: Rendezvous in Kentucky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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vorbeigegangen war.
    Eine Stunde später war sie unsicher, ob ihre Entscheidung richtig gewesen war. In der Höhle war es wenigstens warm. Wäre Cord wirklich schlimmer gewesen als der Tod, der hier auf sie wartete? Ihr war so kalt, daß sie nicht einmal mehr zittern konnte. Der Hagel war in Schnee übergegangen. Ihr Kleid war hartgefroren und behinderte sie zusätzlich.
    Es war seltsam — sie spürte die Kälte nicht mehr, dafür war sie ungeheuer müde. Sie wollte sich nur noch irgendwo hinlegen und schlafen. Das Bellen eines Hundes klang von fern an ihr Ohr, doch sie nahm es gar nicht mehr richtig wahr. Wenn sie sich jetzt hinlegte, könnte sie später weitergehen. Das Haus von Agnes war bestimmt schon ganz na-he. Ein umgestürzter Baum lag auf dem Pfad, und es schien ihr, als ob der Schnee ihr ein herrliches Bett bereitet hätte. Sie sank nieder und berührte die weißen Flocken. Für ihre Hände, die mittlerweile schon nicht mehr blau waren, sondern eine häßliche graue Farbe angenommen hatten, schien der Schnee warm zu sein. Sie streckte sich aus. Ach, wie herrlich es war zu schlafen! Etwas berührte ihr Gesicht, doch sie wachte nicht auf.
    »Ma! Sie ist hier! Ich hab’ sie gefunden!«
    Agnes lief durch den dichten Schneefall zu ihrem Sohn. Der achtzehnjährige Doyle kniete neben Linnets starrer Gestalt und wischte den Schnee von ihrem Gesicht. Er fühlte ihren Puls, um zu prüfen, ob sie noch lebte. Dann hob er sie auf. Ihre steifgefrorene Kleidung erschreckte ihn zutiefst.
    »Sie lebt. Aber wir müssen schnell was unternehmen«, teilte er seiner Mutter mit.
    »Komm, wir bringen sie zu uns. Ist sie auch nicht zu schwer für dich?« Doyles Blick sprach Bände. Wann würde seine Mutter bemerken, daß er ein erwachsener Mann war? Er hielt Linnet eng an sich gepreßt und versuchte, sie mit seinem Körper zu wärmen. Sie war kalt und steif wie ein Stück Eisen, nur nicht so schwer. Bald erreichten sie das Blockhaus. Agnes zog hastig das Bett näher an den Kamin, und Doyle legte Linnet darauf.
    »Jetzt kannst du Lonnie und deinem Pa Bescheid sagen. Ich werde versuchen, sie wieder aufzutauen.« Doyle verließ gehorsam die Hütte, wobei er sich fragte, ob ein Mensch überhaupt in der Lage war, solche Erfrierungen zu überleben.
    Agnes mußte Linnet das Kleid vom Körper schneiden. Dann rubbelte sie das Mädchen mit einer rauhen Wolldecke ab und hüllte sie in eins ihrer voluminösen Flanellnachthemden.
    Die Tür öffnete sich. Doyle, sein Vater Lyttle und der achtjährige Lonnie traten ein. »Sie sieht furchtbar aus, Ma. Ist sie etwa tot?« fragte Lonnie.
    »Nein«, fauchte Agnes. »Sie ist nicht tot, und sie wird auch nicht sterben! Lyttle«, wandte sie sich an ihren Ehemann, »du massierst ihre Füße, und du, Doyle, kochst eine große Kanne Tee.«
    »Was kann ich tun?« fragte Lonnie eifrig.
    »Du reibst ihre Hände. Glaubst du, du schaffst das?«
    »Sicher, Ma.« Emsig machte er sich an die Arbeit. »Seht euch nur ihre Hände an — sie sind so klein, und sie haben eine lustige Farbe, nicht?«
    Agnes saß auf dem Bett und hatte Linnets Kopf in ihren Schoß gebettet.
    »Warum sagt sie nichts, Ma? Warum liegt sie so da, als wäre sie tot?«
    »Weil sie halberfroren ist, Lonnie. Wir müssen sie dringend wärmen.«
    Lonnie hielt Linnets Hände und blies darauf. Er suchte den Blick seiner Mutter, um zu sehen, ob er es richtig machte.
    Agnes schenkte ihrem Jüngsten ein schwaches Lächeln. In Wirklichkeit war sie tief beunruhigt.
    »Ich wickle ihre Füße ein«, entschied Lyttle. »Vielleicht hilft es ja, wenn wir all unsere Steppdecken auf sie legen und noch mehr einheizen.« Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, warf Doyle auch schon einen frischen Holzkloben auf das Feuer.
    »Ma«, flüsterte Lonnie, Tränen schimmerten in seinen Augen. »Ich will nicht, daß sie stirbt. Sie ist so nett, und Mac wird verrückt, wenn ihr etwas Schlimmes zustößt.«
    »Sie wird nicht sterben!« verkündete Agnes mit einer Entschiedenheit, die sie selbst überraschte. »Wir werden das nicht zulassen!«
    Lyttle breitete Steppdecke auf Steppdecke über Linnet. Agnes legte sich neben das Mädchen und kuschelte sich eng an den eiskalten Körper, während Lyttle die Decken um die beiden wickelte. Lonnie hob einen Zipfel der Decken hoch.
    »Lonnie! Was machst du da? Wir wollen sie doch wärmen!«
    »Ich weiß«, erwiderte der Junge ernst. »Ich werde die andere Seite übernehmen.« Er schlüpfte unter die Decken und preßte seinen

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