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Rendezvous in Kentucky

Titel: Rendezvous in Kentucky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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können wir uns alle immer wieder vor Augen führen, wohin die Dummheit mancher Leute führen kann.«
    Mac fragte: »Hast du was bei den Stoffen gefunden, was du brauchen kannst? Ja, Agnes? Ich habe nämlich noch anderes zu tun, als den ganzen Tag rumzustehen.«
    Zeke trat zwischen die beiden: »Hört mal, ihr braucht euch meinetwegen nicht zu streiten! Ich weiß ja, daß jeder hier die kleine Lady, die in der Hütte gewohnt hat, gern hatte. Aber ich habe gedacht, weil sie ja jetzt nicht mehr zurückkommt ...«
    Agnes wirbelte zu ihm herum: »Wieso sind Sie so sicher, daß sie nicht mehr hierher zurückkommt?«
    »Weil ich sie gesehen hab’.« Zekes Worte schlugen ein wie ein Blitz.
    Agnes faßte sich als erste. »Wo haben Sie sie getroffen?« fragte sie ruhig.
    Zeke schlug die Augen nieder, weil Mac ihn starr anblickte. »Seit über einem Jahr lebt sie jetzt schon in Spring Lick. Ich glaube, sie kam letztes Jahr mit ein paar Missionaren an. Sie leitet die Schule in Spring Lick.« Zeke lachte leise. »Sie mag zwar klein sein, aber sie ist nicht ohne! Hat die Kinder voll unter ihrer Fuchtel! Hab’ sie gesehen, als sie mit ihnen draußen spielte. Aber als sie sagte: >Marsch ins Schulhaus<, gingen alle Kinder brav hinein! Das Lustigste an der Sache ist, daß über die Hälfte der Kinder größer ist als sie!«
    Agnes lachte: »Ja richtig, das ist Linnet! Sie hat so was ganz Bestimmtes an sich. Aber warum ist sie in Spring Lick? Sie wollte doch nach Boston oder so!«
    »Könnt ihr zwei nicht woanders tratschen? Ihr langweilt mich mit eurem Geschwätz über alte Zeiten!«
    Agnes zuckte nicht mit der Wimper und ignorierte Macs
    Einwurf. »Zeke, ich muß noch mehr von Ihnen erfahren! Meine Neugier läßt es einfach nicht zu, daß ich bis zum Abendessen warte. Warum kommen Sie nicht einfach jetzt schon mit zu uns?«
    Zeke war nur zu froh, der gedrückten Atmosphäre, die im Laden herrschte, zu entkommen. »Das würde mich sehr freuen, Ma’am.«
    Mac starrte einen Augenblick lang auf die geschlossene Tür. So, Linnet lebte also in einem Ort namens Spring Lick. Er nahm sich eine halbvolle Flasche Whisky vom Bord und ging zu der alten Eiche, die sich über den Bach neigte. Er setzte die Flasche an die Lippen. Seine Kehle war so an das beißende Brennen des Alkohols gewöhnt, daß es ihm gar nichts mehr ausmachte.
    Das Mädchen macht mich kaputt, dachte er. Jeden Tag, jede Nacht mußte er an sie denken. Wie oft war er schon in der Hütte gewesen und hatte an die Stunden gedacht, die sie gemeinsam dort verbracht hatten! Nicht, daß er sie vermißte — das war es nicht! Nur — die Wunde, die sie ihm durch ihre Abreise zugefügt hatte, schmerzte und brach immer wieder auf.
    Mac trank die Flasche leer. Wieder war es nicht genug gewesen, um Linnets Bild zu verwischen. Was war nur so Besonderes an ihr? Er hatte Amy Trulock geliebt, aber er war leicht über diese Liebe weggekommen. Warum nur dachte er immer noch an Linnet? Es gab nur einen Ausweg für ihn — er mußte nach Spring Lick reiten und sie sehen. Vielleicht war sie inzwischen verheiratet und hatte zwei schmutzige, häßliche Kinder. Wahrscheinlich hatte sie zugenommen und ließ sich gehen wie die anderen Frauen. Wenn er sie so sehen würde, dann könnte er über sich selbst lachen und würde sie nie Wiedersehen wollen.
    Zum ersten Mal seit langer Zeit huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Es wäre sehr gut, sich endlich ihre seltsame Sprechweise aus dem Kopf schlagen zu können. Nicht mehr ihre schillernden Augen vor sich zu sehen, die alle Farbschattierungen boten, die man sich denken konnte — von Grün über Grau zu blitzendem Rot, wenn sie wütend war. Vergeblich versuchte er der Flasche noch etwas Whisky zu entlocken. Als es nicht klappte, schleuderte er sie wütend gegen den Baum.
    Linnet saß gebeugt über dem Webstuhl. Ihr Schiffchen flog flink durch die gespannten Schnüre, während die Frauen um sie herum eifrig den neuesten Klatsch durchhechelten. Im Moment ließen sie kein gutes Haar an Linnets Freundin Nettie Waters. Doch Linnet wagte nicht, sich einzumischen, denn dann wäre sie das Zielobjekt der hämischen Bemerkungen geworden.
    Sie lebte jetzt seit gut einem Jahr in Spring Lick, doch sie fühlte sich nicht wohl in diesem Ort und zählte schon die Stunden, bis es ihr möglich war, abzureisen. Sie hatte damals Sweetbriar in allzu großer Eile verlassen und sich dabei nicht bewußt gemacht, daß sie weder Geld noch jemanden, der ihr half, hatte.

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