Rendezvous mit Biss: Roman (German Edition)
sehr liebenswürdig von dir. Ich würde sehr gern bleiben«, gurrte Benny.
»Benny …«, begann ich, aber sie warf mir einen Blick zu, der eindeutig besagte, dass ich mich gefälligst raushalten solle. Mir gefiel es überhaupt nicht, sie allein hierzulassen.
Tallmadge griff nach einem Haustelefon und teilte jemandem am anderen Ende der Leitung mit, dass Cormac und ich gern gehen würden. Nur wenig später erschien Cathary mit unseren Mänteln in der Hand in der Tür. »Ich begleite Sie nach draußen«, sagte er, nachdem wir die Mäntel angezogen hatten.
Bevor Cormac und ich den Raum verließen, warf ich Benny einen letzten Blick zu. Sie und Tallmadge standen sich sehr nahe gegenüber. Ihre Haut glühte, und ihr Blick war derart auf den gutaussehenden Vampir fixiert, dass sie sich nicht einmal von uns verabschiedete.
Auf dem Weg nach unten begegnete mir der Mann mit Maske nicht mehr, und das Zimmer im Erdgeschoss war leer und still wie ein Grab. Orgien? Sie fanden mit Sicherheit irgendwo in diesem Haus statt, zusammen mit anderen Dingen, die der Fantasie überlassen blieben. Wie um meine Vermutung zu bestätigen, erklang, kurz bevor sich die Haustür hinter uns schloss, aus den dunklen Tiefen des Hauses das gedämpfte Stöhnen eines Mannes … nicht schmerzverzerrt, sondern in Ekstase.
Ein paar Minuten später trat ich durch die Notaufnahme eines kleinen privaten Krankenhauses in Chelsea. Es war bereits nach Mitternacht und normalerweise viel zu spät für einen Besuch, aber ich hatte meine Beziehungen spielen lassen und eine Sondergenehmigung erwirkt. St.Julien Fitzmaurice, ein Agent des Secret Service, lag in einer Hochsicherheitsabteilung der Klinik und befand sich meinen Erkundigungen nach immer noch in einem kritischen Zustand, erholte sich jedoch zusehends. Ich hatte eine Viertelstunde Besuchszeit herausgeschlagen, und man versicherte mir, dass man mich hinauswerfen würde, wenn ich auch nur eine Minute länger blieb.
Fitz und ich standen erst ganz am Anfang einer Beziehung. Als ich ihn kennenlernte, hielt ich ihn für den süßesten Typen der Welt. Dann hatte ich ihn im Verdacht, ein Drogendealer zu sein, und schließlich entpuppte er sich als Agent des Secret Service, der gegen einige einflussreiche Politiker und Geschäftsmänner ermittelte, die eine entscheidende Rolle bei der Einfuhr einer illegalen Droge in die Vereinigten Staaten spielten. Die Dark Wings ermittelten in derselben Sache, und durch die fehlende Kommunikation zwischen den Geheimdiensten wäre Fitz bei dem Versuch, mich zu beschützen, beinahe getötet worden. Er wurde schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert und befand sich nun auf dem langen und beschwerlichen Weg der Genesung. Ich schuldete ihm einen Krankenbesuch und ebenso eine Entschuldigung. Es schien ganz so, als würde ich mich diese Nacht ziemlich häufig entschuldigen müssen.
Ich passierte zwei Kontrollpunkte, an denen bewaffnete Wachen meinen Besucherausweis und meinen Regierungsausweis überprüften. Schließlich ging ich einen langen, von Leuchtstoffröhren erhellten Gang entlang. Der gleißend weiße Linoleumboden blendete mich, und mein Magen drehte sich um bei dem Geruch nach Desinfektionsmitteln, Krankheit und Tod, der wie ein Miasma über diesem Ort hing. Ich seufzte auf. Wenn ich Fitz’ wahre Identität gekannt hätte, hätte eine Menge Leid verhindert werden können. Ich war es langsam satt, dass niemand der war, der er zu sein vorgab.
Auch ich selbst musste mein ganzes Leben lang mein wahres Selbst verstecken. Ich besaß eine ganze Reihe gefälschter Identitäten. Jedes Mal, wenn ich auf die Straße trat, trug ich eine Maske. Ich wirkte wie ein Mensch, war es aber nicht. Ich wirkte jung, war aber auch das nicht, selbst wenn es äußerlich den Anschein erwecken mochte und mich meine Hormone, wie bereits erwähnt, immer wieder in Schwierigkeiten brachten. Aber nach Jahrhunderten auf diesem Planeten entwickelte ich ein immer stärkeres Verlangen nach Ehrlichkeit. So viel ich auch log, wollte ich doch jemanden kennenlernen, der es nicht tat. So viel ich mich auch verstellte, wollte ich doch mit jemandem zusammen sein, an den ich glauben konnte. Doch ich musste den Tatsachen ins Auge sehen: Im Spionagegeschäft waren meine Chancen, einen solchen Menschen zu treffen, gering bis nicht existent. Für kurze Zeit hatte ich gehofft, dass Fitz dieser Mensch sein könnte. Aber ich wurde ein weiteres Mal eines Besseren belehrt.
Am Ende des langen Korridors fand ich
Weitere Kostenlose Bücher