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Rendezvous mit Biss: Roman (German Edition)

Rendezvous mit Biss: Roman (German Edition)

Titel: Rendezvous mit Biss: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Russe
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ziemlicher Regelmäßigkeit vor, wenn ein Vampir irgendwo auftauchte – war die Antipathie, die die Gräfin gegen die Engländer hegte. Genau wie Jeanne legte sie eine Rüstung an, um gegen den Herzog von Burgund, einen Verbündeten des englischen Königs, zu Felde zu ziehen. Wenn man der überlieferten Anzahl an Burgundern, die sie mit mächtigem Schlag geköpft hatte, Glauben schenken konnte, so war klar, dass sie mit einem Schwert umzugehen wusste.
    Die Gräfin erschien erst im siebzehnten Jahrhundert wieder im Blickfeld der Kirche, als sie eine Armee für die deutschen Protestanten während des Dreißigjährigen Krieges aufstellte. Der Verfasser ihres Dossiers notierte nicht nur, dass sie ansässige Bauern gekidnappt hatte, sondern auch, dass sie – erneut in der Verkleidung als Mann – selbst in den Krieg gezogen war. Ihre Blutrünstigkeit äußerte sich offenbar auf sehr unterschiedliche Arten.
    Dann las ich einen Absatz, der mich erstarren ließ. Die Gräfin tauchte kurz vor dem Unabhängigkeitskrieg in den amerikanischen Kolonien auf. Da ihr Hass auf die Briten unvermindert stark war, schloss sie sich dem Kampf um die amerikanische Unabhängigkeit an und stiftete Juwelen und Goldbarren für George Washington und seine Armee. Man sah sie zudem in Begleitung des Anführers von Washingtons neu formierter Spionageeinheit, des Offiziers Benjamin Tallmadge, dessen Spionageorganisation namens Culper Ring sie schließlich beitrat. Mir brach der Schweiß aus. Tallmadge war also einst der Chef einer Spionageeinheit und die Gräfin seine Spionin gewesen. Kein Wunder, dass es ihn ärgerte, Befehle von J entgegennehmen zu müssen.
    Aber wie standen die beiden in Verbindung zu meiner Mutter? Ich war mir sicher, dass eine solche Verbindung existierte, und spürte, dass Mar-Mar irgendwie ihre Finger mit im Spiel hatte.
    Ich hielt in meiner Lektüre inne und saß für eine Weile gedankenverloren da. Dann sah ich auf die Uhr. Es wurde langsam Zeit, mich für die Nacht herzurichten. Ich überflog schnell den Rest des Dossiers. Die Gräfin hatte nie den Appetit am Krieg verloren und an jedem einzelnen teilgenommen, der von den Vereinigten Staaten zwischen Unabhängigkeitskrieg und Afghanistan ausgefochten worden war. Sie besaß eine ganze Reihe von Decknamen, und sie verkleidete sich etwa genauso oft als Mann, wie sie eine neue weibliche Identität annahm. Sie liebte die Verwandlung offenbar ebenso sehr wie das Töten.
    Was aber wollte sie von Benny? Natürlich war Benny eine äußerst attraktive Frau, aber soweit ich wusste, war sie im Gegensatz zur Gräfin mit Leib und Seele heterosexuell. Vielleicht hatte sich Benny trotzdem, unter dem Einfluss von Drogen und den verdorbenen Vergnügungen im Spielzimmer, auf eine Ménage à trois eingelassen.
    Ich blätterte das Dossier der Gräfin noch einmal durch. Ich hatte das Gefühl, etwas zu übersehen, eine Kleinigkeit nur, die vor mir aufflackerte, aber zu schnell wieder verschwand, als dass ich sie hätte greifen können. Doch ich musste mich auf Tallmadges Ankunft vorbereiten und mir Gedanken darüber machen, wie ich mich am besten sowohl vor bewusstseinsverändernden Drogen als auch Hypnose schützen konnte.
    Ich bezweifelte, dass Ducasse bei der Jagd anwesend sein und seine silbernen Augen auf mich richten würde – es sei denn, er gehörte zu den Bediensteten –, aber ich vertraute Tallmadge nicht. Er würde wahrscheinlich mit allen Mitteln versuchen, meinen Widerstand zu brechen, und sei es, dass er mir irgendetwas in mein Essen oder Trinken mischte. Vermutlich war die Cocktail-Party ohnehin dazu gedacht, die Hemmschwelle aller Beteiligten zu senken, so dass die darauffolgende Jagd so brutal und blutig werden konnte, wie es die schlimmsten Instinkte in uns allen erlaubten.
    Mit diesen beunruhigenden Gedanken im Kopf brachte ich das Dossier in meinen geheimen Raum, wo es sich während meiner Abwesenheit in Sicherheit befand. Trotz der fortgeschrittenen Stunde legte ich Beethovens Eroica-Sinfonie auf. Ich wählte die Musik mit voller Absicht, denn der großartige Komponist hatte den Krieg verabscheut und war jeglichem Leiden gegenüber sehr sensibel, was beides in diesem Werk brillant zum Ausdruck kam. Dann ging ich in meine Meditationsecke und setzte mich in die Lotus-Position, leerte meinen Geist und ließ mich von der Musik davontragen
    Ich betete um göttliche Hilfe und Führung, aber nicht zu dem eifersüchtigen Gott der Juden und Christen, sondern zu dem Großen

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