Rendezvous mit Biss: Roman (German Edition)
sich wohl um eine Coverband von Mötley Crüe handelte, und als sie den Strom einstellten und Shout at the Devil anspielten, wurde ich in meiner Vermutung bestätigt.
Während die Musik über das Lautsprechersystem dröhnte, trafen weitere Gäste ein – die weiblichen Vampire im besten Staat, die männlichen in klassischer Abendgarderobe. Sie waren allesamt wunderschön, körperlich fit und offenbar gut betucht. Ich fragte mich, wie viele von ihnen hohe Positionen in der Industrie oder in der Regierung innehatten, und entdeckte schon bald den beliebten Bürgermeister einer größeren Stadt, einen jungen Gouverneur aus den Südstaaten und den Playboy-Sohn eines Immobilienmoguls.
Schließlich zeigte sich auch die Gräfin. Anstelle eines Abendkleids trug sie ein formelles englisches Fuchsjagd-Outfit aus der Ära George des Vierten. Ich kannte den Stil gut, da ich ihn einst ebenfalls getragen hatte, in den Tagen, in denen Lord Byron und ich zum ersten Mal das Bett teilten. Die Gräfin begrüßte ihre Gäste und kam schließlich auch zu Tallmadge und mir. Als sie uns beiden Luftküsse zuwarf, versuchte ich zu lächeln. Zu Diplomatie war ich hingegen nicht mehr fähig, daher sprach ich ohne Umschweife den Grund für meine Anwesenheit an. »Wo ist Benny?«
Die Gräfin lachte nur über meine offenkundige Besorgnis. »Ihrer Freundin geht es gut. Haben Sie etwas anderes angenommen? Sie macht sich noch für die Nacht zurecht, denn sie möchte einen großen Auftritt haben. Es wird nicht mehr lange dauern. Greifen Sie doch so lange zu unseren Erfrischungen. Ich sehe Sie später – wenn der Spaß beginnt.«
Sobald sie uns verlassen hatte, wollte ich das Haus nach Benny absuchen. Vielleicht konnten wir schon innerhalb der nächsten paar Minuten von hier abhauen. Und falls Benny nicht gehen wollte, musste ich sie eben davon überzeugen – oder sie kurzerhand gegen ihren Willen forttragen.
Wie sich herausstellte, bestand das Problem nicht in Bennys Abneigung zu gehen, sondern in dem Pflock, der über ihrem Herz schwebte. Hätte ich gewusst, was vor sich ging, wäre ich vielleicht ein wenig besonnener vorgegangen. Doch so hätte ich beinahe alles ruiniert.
Ich entschuldigte mich bei Tallmadge mit der Ausrede, die Toilette aufsuchen zu müssen. Da er sich bereits bestens mit anderen Clubmitgliedern unterhielt, winkte er mir nur kurz zu. Ich schlich durch die Küche in den hinteren Teil des Hauses, in der Annahme, dass es dort eine Dienstbotentreppe in den ersten Stock gab. Die Angestellten warfen mir einige merkwürdige Blicke zu, hielten mich aber nicht auf.
Ich fand die schmale, dunkle Treppe ohne Probleme, zog die Schuhe aus und stieg hinauf. Im ersten Stock erwartete mich eine große Diele, von der ringsum Türen abgingen. Ich öffnete eine nach der anderen. Hinter der ersten schien sich das Schlafzimmer der Gräfin zu befinden, denn auf dem weißen Überwurf des Bettes lagen eine Reitkappe und eine Gerte. Zwei der anderen Räume, ebenfalls Schlafzimmer, waren leer. Erst im vierten und letzten wurde ich fündig.
Benny war mit Ketten an die Wand gefesselt, und in ihrem Mund steckte ein Knebel. Mit ihrer Vampirkraft hätte sie sich ohne Probleme befreien können, wenn nicht ein scharf zugespitzter Pflock auf einem mit einer Sprungfeder versehenen Apparat auf sie gerichtet gewesen wäre. Die kleinste Bewegung hätte einen Mechanismus ausgelöst, der den Pflock in ihr Herz bohrte. »Benny …«, begann ich und trat in den Raum, doch ihr Blick ließ mich innehalten. Sie sah hektisch zu einer Tür. Sie führte in einen angrenzenden Raum, aus dem das Geräusch eines Fernsehers drang. Ich verstand die Botschaft und zog mich leise zurück, doch zuvor formte ich mit den Lippen die Worte Ich komme zurück.
Kaum stand ich wieder in der Halle, als ein stämmiger Typ aus dem Nebenzimmer auftauchte und durch Bennys Raum stampfte. In die Halle sah er jedoch nicht hinaus. Offenbar waren sein Gehirn und seine Ohren gleichermaßen beschränkt.
Die Gedanken wirbelten durch meinen Kopf wie ein Hurrikan der Kategorie fünf. Warum hielt die Gräfin Benny gefangen? War sie besessen von Benny, die ihre Leidenschaft jedoch nicht erwidert hatte? Oder war Benny der Köder, der mich hierherlocken sollte? Wie viel wusste Tallmadge davon – und was wollte die Gräfin von mir?
Ich hätte gern die Antworten auf all diese Fragen gekannt, aber zuerst musste ich Benny hier rausbringen – ohne selbst in die Falle zu tappen. Ich würde warten, bis
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