Rendezvous mit einem Mörder
mit einem Finger über die Verletzung strich.
»Und ich glaube, ich hätte es noch widerlicher gefunden, Sharon DeBlass zu töten.« Er ließ seine Hand sinken und wandte sich wieder seinem Teller zu. »Obgleich ich in meinem Leben hin und wieder Dinge getan habe, die ich widerlich fand. Wenn es nötig war. Wie finden Sie das Essen?«
»Gut.« Das Zimmer, das Licht, das Essen waren mehr als gut. Es war, als säße sie zu einer völlig anderen Zeit in einer völlig anderen Welt. »Wer zum Teufel sind Sie, Roarke?«
Lächelnd stieß er mit ihr an. »Sie sind der Cop. Also müssen Sie es schon allein herausfinden.«
Bei Gott, das würde sie ganz sicher. »Und welche anderen Theorien haben Sie in Bezug auf Sharon DeBlass?«
»Nichts, was sonderlich erwähnenswert wäre. Sie hatte eine Vorliebe für Aufregung, für die Gefahr, und hatte nicht die geringsten Probleme damit, die Menschen, die sie liebten, in Verlegenheit zu bringen. Trotzdem war sie… «
Fasziniert beugte sich Eve über den Tisch. »Was? Fahren Sie fort, bringen Sie Ihren Satz zu Ende.«
»Bedauernswert«, sagte er in einem Ton, der Eve glauben machte, dass er nicht mehr und nicht weniger damit zum Ausdruck bringen wollte. »Unter ihrem strahlenden, auf Hochglanz polierten Äußeren war eine eigenartige Traurigkeit verborgen. Ihr Körper war das Einzige, was sie an sich respektierte. Also benutzte sie ihn dazu, Menschen Vergnügen zu bereiten oder aber, ihnen Schmerzen zuzufügen.«
»Und, hat sie ihn Ihnen angeboten?«
»Natürlich, und sie ging wie selbstverständlich davon aus, dass ich das Angebot auch annehmen würde.«
»Weshalb haben Sie es nicht getan?«
»Das habe ich bereits erklärt. Ich könnte noch hinzufügen, dass ich eine andere Art von Bettgenossin bevorzuge und dass ich es vorziehe, die Initiative zu ergreifen.«
Das war noch nicht alles, aber er hielt es für besser, nicht weiterzugehen.
»Hätten Sie gerne noch ein Steak, Lieutenant?«
Sie blickte auf ihren Teller und entdeckte, dass sie nahezu das Muster vom Porzellan kratzte. »Nein. Danke.«
»Dessert?«
Sie hasste es, das Angebot abzulehnen, aber sie hatte bereits genug in dem gebotenen Luxus geschwelgt. »Nein. Ich möchte mir Ihre Waffensammlung ansehen.«
»Dann heben wir uns den Kaffee und das Dessert eben für später auf.« Er erhob sich und bot ihr seine Hand.
Statt sie zu ergreifen, schob Eve ihren Stuhl zurück, und mit einem amüsierten Lächeln winkte Roarke in Richtung Tür, führte sie erst zurück in die Eingangshalle und dann über die breite, geschwungene Treppe hinauf in die obere Etage.
»Ziemlich viel Haus für einen einzigen Menschen.«
»Finden Sie? Ich bin eher der Meinung, dass Ihre Wohnung etwas wenig ist für eine Frau.« Als sie am oberen Ende der Treppe zu erstarren schien, grinste er vergnügt. »Eve, Sie wissen, dass mir das Gebäude gehört. Das haben Sie, nachdem ich Ihnen mein kleines Präsent geschickt habe, ganz sicher überprüft.«
»Sie sollten mal jemanden vorbeischicken, der nach dem Wasser sieht«, erklärte sie in möglichst würdevollem Ton. »In der Dusche bleibt es nie länger als zehn Minuten heiß.«
»Ich werde es mir notieren. Wir müssen noch ein Stockwerk höher.«
»Es überrascht mich, dass Sie keinen Fahrstuhl haben«, merkte sie während des Kletterns an.
»Habe ich. Die Tatsache, dass ich lieber die Treppe benutze, bedeutet schließlich nicht, dass meine Angestellten ebenfalls keine andere Wahl haben sollten.«
»Apropos Angestellte«, fuhr sie fort. »Bisher habe ich nirgends im Haus einen Elektropagen gesehen.«
»Ich habe ein paar, aber meistens ziehe ich Menschen den Maschinen vor. Hier.«
Er legte seine Handfläche auf den Scanner, nannte eine Passnummer, öffnete eine mit reichem Schnitzwerk verzierte Flügeltür, und als sie über die Schwelle traten, schaltete der Sensor die Deckenlampen ein. Was auch immer Eve erwartet hatte, war es ganz sicher etwas anderes gewesen als dieser mittelgroße Saal.
Es war das reinste Waffenmuseum: Gewehre, Messer, Schwerter, Armbrüste, Rüstungen aus dem Mittelalter und dünne, undurchdringliche Westen, wie die Militärs sie in der Gegenwart benutzten, Chrom und Stahl und diamantbesetzte Griffe lagen glitzernd hinter Glas und hingen schimmernd an den Wänden.
Während ihr der Rest des Hauses wie eine andere, vielleicht zivilisiertere Welt als die ihr bekannte vorgekommen war, stand dieser Raum hier für das krasse Gegenteil. Er wirkte wie eine Lobpreisung der
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