Rendezvous mit einem Vampir (German Edition)
Mütze, Handschuhe?«
»Richtig.« Stephanie sah an sich herab und betrachtete missmutig ihre Bomberjacke. »Tiny hat die gestern für mich mitgebracht, was schon irgendwie nett war, schließlich hätte ich sonst gar keine Jacke gehabt. Aber die ist zu weit, und ehrlich gesagt ist die gar nicht mein Stil.«
»Hmm«, machte Drina und nickte schließlich. »Wir können dir was anderes kaufen.«
»Danke!« Stephanie strahlte sie an, wirbelte einmal um die eigene Achse und gab den Weg vor, den sie einschlagen mussten.
Harper folgte mit dem Wagen. Als er sich auf einer Höhe mit Drina befand, räusperte er sich und sagte: »Wenn ich sehe, was Sie alles kaufen wollen, bekomme ich den Eindruck, dass Sie mit ziemlich leichtem Gepäck gereist sind.«
»Na ja, ich war ja auch davon ausgegangen, dass ich nur zur Hochzeit nach New York komme und da ein paar Tage verbringe. Dann wollte ich eigentlich gleich wieder nach Spanien zurückfliegen. Mit dieser kleinen Extratour hatte ich nicht gerechnet«, erklärte sie.
Harper nickte. Er hatte ihre Reisetasche gesehen, mit der sie am Abend zuvor angekommen war, und dazu passte ihre Erläuterung. »Dann hat man Sie in letzter Minute rekrutiert?«
»Ja, aber das ist kein Problem für mich. Bislang macht es mir Spaß. Und Stephanie ist …« Sie zögerte, dann fuhr sie fort: »Sie ist wirklich nett. Na ja, wenn man davon absieht, dass sie sich in den Kopf gesetzt hat, ich solle mir einen netten kanadischen Farmersjungen suchen, damit ich was ›zum Spielen‹ habe, solange ich hier bin.«
»Ah, darum geht es also.«
Drina nickte zur Bestätigung. »Seit sie meine Gedanken gelesen hat und weiß, dass sich in meinem Leben alles um die Arbeit dreht, will sie unbedingt, dass ich mich ein bisschen ›vergnüge‹.«
»Sie ist erschreckend gut darin, Gedanken zu lesen«, stellte er mit ernster Miene fest.
»Bedauerlicherweise, ja«, stimmte sie ihm zu und schaute besorgt drein. »Jemand, der gerade erst die Wandlung hinter sich gebracht hat, kann normalerweise niemanden so gut lesen. Aber sie macht das nicht nur bei Lebensgefährten, die sich gerade erst gefunden haben, sondern auch bei denjenigen von uns, die gar keine Lebensgefährten sind. Und sogar bei denen, die Jahrhunderte oder Jahrtausende älter sind als sie selbst.« Sie biss sich auf die Lippe und räumte ein: »Genau genommen sagt sie, dass nicht sie uns liest, sondern wir in ihrem Kopf reden.«
»Hm«, machte Harper stirnrunzelnd.
»Oh, Drina! Die sind schön, und so weich!«, rief Stephanie und rieb ihre Wange an einem Paar roter Lederhandschuhe. Sie waren bei der Oberbekleidung angekommen.
Drina überspielte die Sorge, die eben noch ihre Gesichtszüge geprägt hatte, und ging voraus zu Stephanie, während Harper mit dem Einkaufswagen folgte. Er fiel sogar ein wenig hinter ihnen zurück, da seine Gedanken um Drinas Bemerkungen kreisten, während die beiden Frauen sich mit der großen Auswahl an Handschuhen, Mützen und Schals befassten.
Jetzt war ihm klar, warum Stephanie so versessen darauf war, Drina in die schärfsten Kleidungsstücke zu stecken. Die Kleine hatte wahrscheinlich ein schlechtes Gewissen, weil man Drina in letzter Sekunde zu ihr geschickt hatte, und nun wollte sie sich irgendwie erkenntlich zeigen. Oder sie hatte in Drinas Verstand jene tief sitzende Einsamkeit wahrgenommen, von der die meisten Unsterblichen heimgesucht wurden. So oder so schien es ihr oberstes Bestreben zu sein, einen Freund für Drina zu finden, solange diese hier festsaß. Sie dachte immer noch wie eine Sterbliche, daher war ihr nicht klar, dass solche Beziehungen für Angehörige ihrer Art gar nicht sonderlich befriedigend waren. Nach Stephanies Meinung war eine Frau nur halb so viel wert, wenn sie keinen Freund an ihrer Seite hatte. Ganz offensichtlich versuchte Drina, der Kleinen einen Gefallen zu tun, indem sie mitspielte.
Was jedoch wirklich beunruhigend war, das war Stephanies Äußerung, dass sie nicht die Gedanken der anderen las, sondern alle anderen in ihrem Kopf redeten. Solange ein Unsterblicher nicht auf seine Lebensgefährtin traf, strahlte er seine Gedanken eigentlich nicht aus, sodass sie normalerweise gelesen werden mussten. Das war prinzipiell unhöflich, aber es gehörte nun einmal zu den Angewohnheiten eines Unsterblichen, was für jeden von ihnen bedeutete, dass er seine Gedanken vor einem solchen Zugriff schützen musste, wenn er sich unter seinesgleichen aufhielt. Etwas in der Art, wie Stephanie es von
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