Rendezvous mit Mr Darcy
interessierten: Architektur, Lyrik, Malerei, Astronomie, sogar das Beobachten von Vögeln, doch er rieb sich als Reaktion darauf nur den Kiefer. Er hatte sichtlich große Schmerzen, doch sie wollte unbedingt, dass er an etwas anderes dachte als an seine Zahnschmerzen. Sie musste ihn ablenken, aber wie sollte sie das anstellen, ohne die Regeln zu brechen?
Sie fuhren schweigend an der Grotte vorbei. Sie wollte wissen, wie sein Lieblingsfilm hieß, in welches Restaurant er am liebsten ging, wo er gerne hinreiste, was seine Hoffnungen und Träume waren, selbst seine Ängste und Misserfolge. Sie wollte alles über ihn erfahren, doch all ihre Bemühungen erschienen so gezwungen, während der Schmerz an ihm zehrte. Was für ein Kontrast zum gestrigen Tag, als sie an ihrem Fenster an der Stange getanzt und er nur Augen für sie gehabt hatte.
Der Druck nahm zu. Die Zeit würde schnell vergehen. Lady Grace war gewiss aufreizender als sie, und Julia besaß neben ihrem ausgelassenen Wesen zweifelsohne auch den Vorteil der Jugend. Das rief nach drastischen Maßnahmen, die Emma, ihre Angestellte, vielleicht aushecken würde, aber nicht Jane Austens Emma.
Sie dachte darüber nach, die damenhafte Herangehensweise über Bord und sich stattdessen ihm sowohl an den Hals als auch an die doppelreihige, über der Brust eng anliegende Reitjacke zu werfen. Sie stellte sich vor, seine Halsbinde zu lösen, ihm das Hemd auszuziehen und ihre Brüste an ihn zu pressen wie eine gewöhnliche Dirne. Stattdessen steckte sie eine Haarsträhne unter die Haube. »Mr Wrightman«, sagte sie, »Sie sollten wissen, dass Ihr Kater die Maus gefangen hat.«
»Hat er?« Er rutschte auf seinem Sitz herum und sah sie mit einer hochgezogenen Augenbraue an. Er nahm die Hand vom Kiefer. Die Pferde schüttelten ihre Mähnen, und ihre Nüstern blähten sich auf.
»Allerdings!«
»Das nenne ich schnell.«
»Nun, Ihr Kater verfügt über großartige Instinkte.«
Er ließ beinahe die Zügel fallen, als sie mit klappernden Hufen an dem Wildpark vorbeifuhren. »Danke.«
Ihr wurde mit einem Mal bewusst, dass sie weniger als einen Stringtanga trug. Er war so nahe und ein so – scharfer Typ. Dieses plötzliche Verlangen war ihr unangenehm. Abgesehen davon, verstieß die Begierde nach einem Mann, den sie nicht länger als anderthalb Wochen kannte, gegen all ihre Prinzipien. Aber dann tauchte ein weiteres Bild von ihr und Sebastian vor ihrem inneren Auge auf. Sie waren auf dem Rücksitz der Kutsche hinter den Ställen, und der Saum ihres Kleides befand sich ganz oben an ihrer hohen, mit einem Band versehenen Taille. Sie fuhr mit den Fingern durch sein dichtes, dunkles, nach vorne fallendes Haar, während er mit seinen Händen ihre Brüste umschloss …
»Genießen Sie – Ihre Zeit hier auf Bridesbridge, Miss Parker? Ist alles so, wie Sie es sich erhofft hatten?«
»Ja, ich verbringe eine ganz wunderbare Zeit, und meine Hoffnungen werden bei Weitem übertroffen. Aber wie sieht es bei Ihnen aus? Kommen Sie Ihrer endgültigen Entscheidung näher?«
»Ja, jeden Tag. Es ist nicht einfach gewesen –, aber es hat mich hierhergebracht, an diesen Punkt, mit Ihnen. Sie sind so anders als die anderen.«
Das hatte er schon ein Mal gesagt, und seine Worte begannen, sich ein bisschen gestelzt anzuhören. »Das sagen Sie immer wieder, Mr Wrightman. Aber was, frage ich mich, heißt das?« Sein Gesicht war wieder schmerzverzerrt, und so schlug sie einen lockereren Tonfall an. »Im positiven Sinne anders, hoffe ich doch?«
»Ja. Auf jeden Fall.«
»Es ist – zuweilen – schwierig, seine Gefühle auszudrücken«, warf sie ein.
»Ich mag all diese Aufmerksamkeit, die mir als Gastgeber dieser Geschichte hier entgegengebracht wird, nicht wirklich. Es ist schwer, sich zu entspannen und man selbst zu sein mit all den Anstandsdamen und den vielen Menschen um einen herum, die ich nicht gut kenne.«
Deshalb war sein Verhalten wohl bisweilen widersprüchlich. Diese Reality-Show setzte alle unter einen eigenartigen Druck, wenngleich ihre Gedanken weiterhin zu seiner hautengen Reithose wanderten, die in seinen formschönen Reitstiefeln steckte. »Ich fühle mit Ihnen«, sagte sie.
Und spüren würde ich Sie auch gerne, dachte sie. Punkt. Sie konnte kaum verbergen, wie sehr sie sich körperlich zu diesem Mann hingezogen fühlte, und den Blicken nach zu urteilen, die er ihr zuwarf, wenn sie alleine waren, schien es, als würde es ihm genauso ergehen. Die Chemie zwischen ihnen stimmte
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