Rendezvous mit Mr Darcy
könnte. Ich wünsche Ihnen eine schöne Zeit mit Sebastian.« Er verbeugte sich.
Chloe knickste.
Sie musste bereits fast zwanzig Minuten ihrer Zeit mit Sebastian verloren haben. Der Wind frischte auf und dann – PENG ! Ein Schuss ging auf dem Feld hinter ihr los. Sie erstarrte, in ihren Ohren klingelte es, und ihr Herz pochte vor Angst. Sie drehte sich um und blinzelte in Richtung des Felds, auf dem sie Grace erspähte. Sie war so nahe, dass sie ihr hätte zurufen können. Mit dem Revolver in der Hand machte sie Schießübungen auf eine Zielscheibe. Sollte sie der Teufel holen! Chloe stapfte auf sie zu, blieb dann aber stehen. Moment . Genau das wollte Grace. Dass sie ihre Zeit alleine mit Sebastian dafür verschwendete, um mit ihr über das Schießen zu debattieren. Sie drehte sich auf dem Absatz um und eilte zu dem griechischen Tempel, wo Sebastian eingenickt war, während Mrs Crescent zufrieden ein Gurkensandwich aß und dabei ein Buch las.
»Eine Dame rennt nicht, Miss Parker. Wie oft muss ich Sie noch daran erinnern?«, sagte Mrs Crescent. »Ein Sandwich?« Fifi wedelte mit dem Schwanz, während er eine winzige Mince Pie verdrückte.
»Nein, danke.« Sie war zu durcheinander, um etwas zu essen.
Genau in dem Augenblick stützte sich Sebastian, der auf der Picknickdecke lag, auf seine Ellenbogen. Sein Kiefer sah etwas geschwollen aus. »Endlich sind Sie zurück. Ich habe Sie vermisst.« Er schaute sie an.
Es war, als könnte sie in seine Augen eintauchen und wegtreiben. Sie lächelte ihn an. Wieso wusste er immer, was er zu sagen und zu tun hatte, damit sie sich – nun ja – wie hunderttausend Dollar fühlte?
Sie wollte ihm von dem Laudanum erzählen, doch das hätte die Unschicklichkeit zu Tage gebracht, ohne Begleitung mit Henry zusammen gewesen zu sein. In der Hoffnung, er würde seine Zahnschmerzen vergessen, damit sie mit dieser Verabredung fortfahren könnten, beschloss sie, ihm einfach etwas von dem Zeug in seine Limonade zu geben, was sich als sehr einfach erwies. Sebastian hatte seine Augen geschlossen, um sich zu sonnen, und Mrs Crescent war in ihr Buch vertieft.
Chloe drehte den Kameras den Rücken zu. Die Größe der »Tropfen«, die sie der Limonade hinzufügen sollte, bot jedoch eindeutig einen gewissen Spielraum. Um ihm nicht zu viel zu verabreichen ließ sie eher zwei kleinere Tropfen hineingleiten. Dann las sie ihm laut ein Gedicht von Cowper vor, das von Schüssen unterbrochen wurde, bis er seine Limonade ausgetrunken hatte.
Sie zupfte einen Grashalm aus der Erde, legte ihn als Lesezeichen in das Buch und fragte ihn: »Was halten Sie von diesem Gedicht?«
Er rieb sich den Kiefer und überlegte sich seine Antwort. »Ich muss gestehen, meine Aufmerksamkeit galt eher Ihnen als dem Gedicht. Ich konnte meinen Blick nicht von Ihnen abwenden, und meine Gedanken schweiften ab.«
Chloe sah hinüber zu Mrs Crescent, die winkte und sich ein Rosinenbrötchen in den Mund schob. In der Ferne sah sie Henry aus dem Labor kommen, sein Pferd besteigen und in Richtung Dartworth galoppieren. Ein kühler Wind erfasste die Ecken der Picknickdecke, die daraufhin flatterten.
Chloe griff nach einem Skizzenbuch und Kohlestiften. Sie wollte Sebastian zeichnen – sein zerzaustes schwarzes Haar, die dunklen Augen und das Kinn mit diesem perfekten Grübchen in der Mitte. Aber so etwas Kühnes würde eine Dame nie tun. Stattdessen wählte sie eine in der Ferne stehende Buche als Motiv.
»Mr Wrightman«, sagte Mrs Crescent, als sie Sebastian ein zweites Skizzenbuch reichte. »Ich würde gerne sehen, wie Sie Miss Parker porträtieren. Ich weiß, dass das Zeichnen zu Ihrem Zeitvertreib zählt.«
»Es ist mir ein Vergnügen.« Sebastian setzte sich auf, legte das Skizzenbuch in seinen Schoß, betrachtete Chloe von der Seite und fasste sich sogleich an den Kiefer. »Puh! Dieser Zahn bringt mich um.« Er rieb sich den Kiefer. »Und diese Nelken nutzen nichts.« Er warf sie über seine Schulter weg.
Chloe hoffte, die Wirkung des Laudanums würde langsam einsetzen.
Mrs Crescent nahm ein Sandwich aus dem Korb und schaute hoch in den dunkler werdenden Himmel.
Peng! Peng! Zwei aufeinander folgende Schüsse erregten Sebastians Aufmerksamkeit, und er legte sein Skizzenbuch beiseite, um aufzustehen und sich zu vergewissern, dass auf seinem gelobten Land alles in Ordnung war. Und das war es natürlich.
»Ich verstehe wirklich nicht, wie Sie sie ertragen können, Miss Parker.« Er setzte sich wieder hin. »Ist sie immer
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