Rendezvous mit Mr Darcy
zeigte an, dass es fast halb drei war. Moment mal. Die Sonnenuhr! Chloe lehnte ihr Netz gegen die Sonnenuhr und griff nach dem Gedicht in ihrem Pompadour. Sie wandte Henry den Rücken zu und las noch einmal die entsprechenden Zeilen.
Um Schlag zwei musst du etwas finden,
im Garten, wo Licht und Schatten sich verbinden.
Betrachte das Gesicht dort im hellen Schein …
Nachdem sie das Papier mit dem Gedicht wieder zusammengefaltet und in ihren Pompadour zurückgesteckt hatte, beugte sich Chloe zur Sonnenuhr. Da war es, das Gesicht! Es strahlte ihr in Form des Ziffernblatts entgegen! Die Sonnenuhr war mit einer grünen Patina überzogen, und das Ziffernblatt selbst befand sich in einem geometrisch angelegten Irrgarten. Warum war sie nicht schon vorher darauf gekommen? Chloe hatte die Sonnenuhr bereits mehrfach gesehen. Sie betrachtete die grüne Patina auf dem Ziffernblatt. Fast hatte sie vergessen, dass Henry da war, bis dieser sich räusperte.
Er runzelte die Stirn, als er ihr plötzliches freudiges Interesse an der Sonnenuhr bemerkte, und reichte ihr das Schmetterlingsnetz. »Wenn Sie einen dunkelbraunen Schmetterling mit einem roten Fleck oder orangefarbenen Streifen auf jedem Flügel sehen, dann ist das ein Vanessa atalanta , besser bekannt als Roter Admiral. Oh, und ich bin mir sicher, Sie werden auch den orange-schwarzen Schmetterling erkennen. Den Cynthia cardui .«
Chloe grinste. »Natürlich. Ich laufe stets in der Gegend herum und werfe mit den lateinischen Bezeichnungen für Schmetterlinge um mich.« Ihr Blick folgte der von der Sonnenuhr ausgehenden Bahn des Lichts, doch da es bereits nach zwei war, erschien alles etwas anders. Sie hatte sich die nächsten drei Zeilen des Gedichts gemerkt:
Dann folge dem leuchtenden Pfad allein,
bis du schon bald ein Haus ohne Mauern betrittst,
und dort, wo das Wasser rauscht, dein Ziel erblickst.
Chloe hob ihr Schmetterlingsnetz. »Ich gehe hier entlang.« Sie marschierte in die Richtung, in welche die Sonnenuhr zeigte, bis Henry wie ein Professor zu dozieren begann. Wie es sich für eine anständige Dame gehörte, fühlte sie sich verpflichtet, stehen zu bleiben und ihm zuzuhören, auch wenn sie es kaum erwarten konnte, herauszufinden, wo der Lichtstrahl sie hinführen würde.
»Gibt es einen bestimmten Grund für Ihre besondere Eile, Miss Parker?«
»Nein, ich bin nur aufgeregt, weil ich einen Schmetterling fangen soll, das ist alles.« Sie schwang ihr Schmetterlingsnetz wie einen Golfschläger.
»Schauen Sie«, erklärte Henry. »Dies hier ist ein Distelfalter.« Er hielt das Glas ins Sonnenlicht.
Sie hatte nicht wirklich Lust, sich seinen Vortrag über die Natur anzuhören, doch die Art, wie seine großen Hände das Glas umfassten und es drehten, während der Schmetterling darin umherflatterte, ließ sie innehalten. Plötzlich stellte sie sich vor, wie er sie in ihrem Ballkleid umfasste und auf der Tanzfläche drehte. Sie versuchte, die Vorstellung zu verdrängen und schüttelte sogar den Kopf, worauf jedoch der Vibrator verrutschte und die Haube fast herunterfiel, sodass sie die Bänder wieder fester zuziehen musste. Sie sollte besser ins Haus gehen und die Haube leeren, doch zuerst musste sie das Rätsel lösen. Es gab so viel für sie zu tun, weshalb sie es sich jetzt nicht leisten konnte, dem Zauber Henrys zu verfallen.
»Sie glauben, Sie haben es schwer?« Henry zeigte auf einen Schmetterling in den Malven. »Sehen Sie den grün-weißen Schmetterling dort mit der orangefarbenen Zeichnung oben auf den Flügeln?«
»Ja. Er ist wunderschön.« Sie betrachtete den Schmetterling, während dieser seine Fühler hob und senkte, als würde er versuchen, mit ihr zu kommunizieren.
»Das ist ein männlicher Anthocharis cardamine .«
Sie grinste.
»Na gut, das ist ein Aurorafalter. Es ist ungewöhnlich, ihn noch so spät um diese Jahreszeit anzutreffen. Sie haben nur achtzehn Tage Zeit, eine Partnerin zu finden.«
»Und dann?«
»Dann sterben sie.«
Chloe hob ihr Netz und zielte auf den Aurorafalter, doch dieser flog weg. Das Netz bauschte sich im Wind auf. »Das ist hart. Wenn ich meinen Partner nicht finde, verliere ich lediglich hunderttausend Dollar.«
»Ist es Ihnen egal, wenn Sie bei dem Geld den Kürzeren ziehen?«
»Nun ja …« Chloe wusste nicht, was sie darauf entgegnen sollte. Es musste sich um eine Fangfrage handeln. »Es mag sich klischeehaft anhören, aber für mich geht es nicht um das Geld.« Und inzwischen war es auch wirklich so.
Eine
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