Rendezvous mit Mr Darcy
sie ein paar Nadeln im Mund hielt.
Chloe drehte sich und entdeckte dabei Henry, wie er mit einem der älteren Jungen von Mrs Crescent spielte. Welcher von ihnen mochte William sein? Mrs Crescent umarmte zwei der kleineren Buben, und diese tätschelten ihren schwangeren Bauch. Henry versammelte die Jungen um sich und zeigte ihnen das Glas mit dem Schmetterling darin. Sie schauten mit großen Augen darauf, selbst der älteste, die kleinen Hände auf dem Glas. Chloe konnte nur an Abigail denken und an die Freude, die diese an all dem Geschehen gehabt hätte.
Henry hielt das Glas hoch, zog die Gaze herunter, und der Schmetterling flog nach oben und kreiste um die Jungen, die dazu klatschten und herumsprangen.
Die Jungen wichen nicht von Henrys Seite, sie lachten und freuten sich, und Chloe spürte die Schmetterlinge in ihrem Bauch. Er besaß ein Händchen für Kinder. Unwillkürlich dachte sie daran, dass er sicher auch gut mit Abigail auskommen würde.
Die Schneiderin zog an Chloes Kleid, um deren Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
»Wünschen Sie eine Bordüre mit einem mäanderförmigen Muster oder lieber eine aus Spitze?« Chloe versuchte, sich auf die zwei kleinen Muster zu konzentrieren, die ihr die Schneiderin hinhielt. »Oh. Hm. Mit einem mäanderförmigen Muster.«
»Drehen Sie sich, bitte.«
Chloe drehte sich wieder, und dieses Mal betrachtete sie sich selbst in dem bodenlangen, vergoldeten Spiegel. Das pfirsichfarbene Seidenkleid schimmerte in der Sommersonne, die durch die Fenster in den Salon leuchtete. Lag es nur an dem Licht, oder hatte sie wirklich fast zehn Pfund abgenommen? Zum ersten Mal wünschte sie sich, auf eine Waage steigen zu können. Selbst mit der Brille sah sie aus wie – nun, wie eine Dame eben.
Ein Kleinkind saß nun auf Henrys Schoß, und er las ihm aus einem der Kinderbücher vor. Chloe wurde es warm ums Herz.
»Sie haben abgenommen, seit ich das letzte Mal hier war, Miss Parker.«
Chloe hörte die Schneiderin sprechen, doch diese klang so weit entfernt, als befände sie sich in einem anderen Zimmer.
Grace, die ein tief ausgeschnittenes weißes Kleid trug, schlenderte hinüber zu Henry, stellte sich hinter ihn und legte einen Arm auf seinen Stuhl, während er weiterlas. Es hatte den Anschein, als würden sie gemeinsam den Kindern vorlesen. Dann schaute Henry zu ihr auf und lächelte, während sie weitersprach.
Chloes Finger verkrampften sich. Sie war eifersüchtig – im Hinblick auf Henry.
Dann stürmte Julia in den französischen Garten und stellte für die Jungen das Wurfringspiel auf. Die Knaben eilten daraufhin zu ihr hinüber und ließen Henry und Grace mit dem Buch allein.
»Miss Parker?« Ein umwerfend aussehender Diener, vielleicht sogar die jüngste Eroberung von Grace, hielt ihr ein Silbertablett mit einem Umschlag aus Büttenpapier hin, der an Chloe adressiert war. Sie nahm die Nachricht, und der Diener verbeugte sich und ging. Der Umschlag war mit einem roten W aus Wachs versiegelt.
»Jetzt zu Ihrem Mantel, Miss Parker.« Die Schneiderin zog ihr den dünnen, bodenlangen Mantel an, um die Änderungen anzubringen. Chloe brach das Siegel und öffnete die Nachricht.
Liebe Miss Parker,
ich hoffe, ich werde Sie auf dem bevorstehenden Ball sehen. Sollten Sie kommen, würde ich Sie gerne nach dem letzten Tanz am Eishaus direkt hinter den Ställen treffen. Ich muss Sie etwas fragen, kommen Sie deshalb bitte allein. In der Hoffnung, dass Sie mich nicht enttäuschen, verbleibe ich
Ihr
Mr Wrightman
Trotz der engen Ärmel des Mantels überlief sie eine Gänsehaut. Natürlich verstieß es gegen die Regeln, sich alleine mit Sebastian am Eishaus zu treffen, doch schien es so, als würde er ihr einen Antrag machen wollen. Er müsste sie etwas fragen!
Aber fanden die meisten Anträge in der Zeit des Regency nicht am Tag statt? In einem Salon oder in einem Gesellschaftszimmer, nachdem alle Schwestern und neugierigen Mütter hinausgescheucht worden waren? Zumindest wurde es in den Romanen und Kostümfilmen so beschrieben. Dieses Treffen war bestimmt korrekt. Sebastian würde doch ihre Stellung in der Show nicht in Gefahr bringen, oder?
Chloe wiederholte gedanklich noch einmal das Gedicht, doch konnte sie es immer noch nicht entschlüsseln.
Während die Schneiderin die Ärmelaufschläge des schimmernden Seidenmantels feststeckte, beobachtete Chloe, wie Grace, Julia und Henry mit den Jüngsten »London Bridge Is Falling Down« spielten. Sie konnte ihnen von den Lippen
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