Rendezvous mit Mr Darcy
lebendig. Und sie hatte es geschafft, ihr Rouge auch dieses Mal nicht zu essen. War das der Erdbeerfleck, oder hatte sie tatsächlich wieder Wangenknochen? Die Wochen, in denen sie weder Wildsuppe noch Pasteten mit Geflügelinnereien oder Kaninchen Florentiner Art gegessen hatte, hatten sich bezahlt gemacht. Sie könnte diese Regency-Diät vermarkten, wenn sie wieder nach Hause käme. Ach könnte Abigail sie jetzt sehen!
Sie lächelte, als sie ihr normalerweise vollkommen glattes Haar sah, das Fiona in eine Lockenpracht verwandelt hatte. Aber die hochgesteckten Locken und die mit Perlen besetzten gelben Seidenbänder, die in ihrem Haar steckten, erinnerten sie irgendwie auch an – Fragezeichen. Waren ihre Gefühle für Sebastian echt? Oder übertrug sie nur ihr idealisiertes Traumbild von Mr Darcy auf ihn? Kannte sie ihn gut genug, um, wenn auch nur für eine Fernsehhochzeit, ja sagen zu können?
»Miss Parker!«, sagte Lady Martha und klatschte in die Hände, was sie immer tat, wenn sie mit Chloe sprach, als wäre sie ein Hund oder ein Zirkustier.
Lady Martha stemmte ihre Hände in die mit Silberpailletten geschmückten Hüften. »Sind Sie jetzt endlich fertig?«
»Also wirklich.« Grace verdrehte die Augen.
Chloe war erzürnt. Sie drehte sich wutschnaubend um und ging voran durch die Eingangshalle. Videokameras filmten und Fotoapparate klickten, als sie vorbei an der Ahnengalerie mit den Porträts der Familie Wrightman rechts und links bis hin zu einem Torbogen am Ende der Eingangshalle aus Marmor stürmte, den zwei Diener und zwei Kerzenleuchter flankierten. Als jedoch Henry in einem schwarzen Cutaway, grauer Kniehose, weißen Strümpfen, einem eleganten weißen Rüschenhemd und grauen Handschuhen hinter dem Bogen hervortrat, blieb sie abrupt stehen. Er verbeugte sich. Dann tauchte von der anderen Seite des Bogens Sebastian auf, der genauso gediegen, wenn nicht noch gediegener in seiner schwarzen Jacke und den braungelben Kniehosen aussah. Auch er verbeugte sich.
Das Einzige, was einen Gentleman übertreffen konnte, waren zwei Gentlemen.
Chloe stellte sich wieder einmal vor, ein Buch auf dem Kopf zu tragen und schwebte mit den Kameras an ihrer Seite weiter zu den im Vorzimmer wartenden Herren, während das Kleid ihre Fußgelenke umspielte. Sie war bereit, an der Seite der beiden Männer in den blassgelben, mit goldenem, blumenförmigem Stuck verzierten Ballsaal zu schreiten, der im Schein der Kerzen funkelte. Dieses Funkeln spiegelte sich in den vergoldeten Spiegeln tausendfach wider und erzeugte so eine märchenhaft feierliche Atmosphäre im Saal. Henry gab ihr mit Blicken und einer kurzen Handbewegung zu verstehen, zur Seite zu treten, worauf sie ihren Schritt verlangsamte. Sie hatte vergessen, Grace vorangehen zu lassen. Wie hatte ihr das nur passieren können?
Plötzlich blieb ihr rechter Fußballen am Boden haften, ihre Ferse glitt aus dem Schuh, und sie stolperte. Grace hatte ihr absichtlich hinten auf den Schuh getreten.
Sie spürte, wie sie errötete. Natürlich hatten die Kameras diese Szene eingefangen.
»Ballsaalpatzer Nummer eins«, flüsterte Grace ihr zischend ins Ohr, als sie an Chloe vorbeischwebte.
Chloe warf einen Blick zu Lady Martha, die nur verachtungsvoll die Augenlider senkte. »Sie müssen den Ballsaal gemäß Ihrem gesellschaftlichen Rang betreten. Sie sollten nie vergessen, wo Ihr Platz ist, Miss Parker«, erklärte sie mit einem höhnischen Grinsen.
Chloe versuchte vergeblich, wieder in den Schuh zu schlüpfen.
Ein Kameramann schwenkte von Lady Martha zu Chloe, die wahrnahm, wie Sebastian und Henry sich vor Grace verbeugten.
Die Anstandsdame von Grace schaute über ihre Schulter hinweg zu Chloe. »Und das heißt, Sie betreten den Ballsaal nach uns.« Sie warf einen Blick auf Chloes Ballerinas. »Gehen Sie zur Garderobe und lassen Sie sich von einem Dienstmädchen das Schuhband reparieren. So können Sie den Ballsaal nicht betreten!«
Eine Gruppe von elegant gekleideten Personen schlenderte an Chloe vorbei. Eines der rosa Bänder an ihrem Fußgelenk war gerissen. Sie blickte hoch und sah, wie Sebastian Grace und ihre Anstandsdame in den erleuchteten Ballsaal führte. Henry begrüßte die dort Anwesenden lächelnd und schüttelte ihre Hände.
Ginge sie jetzt zur Garderobe, würde sie das Eröffnungsmenuett verpassen, was wahrscheinlich Sinn und Zweck des von Grace und ihrer Anstandsdame initiierten Vorfalls gewesen war, auch wenn Chloe ganz genau wusste, dass sie aufgrund
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