Rendezvous mit Mr Darcy
ablesen, wie sie die Worte formten: »Falling down. Falling down. London Bridge is falling down. My fair lady.«
Das war das Problem mit einer Brille. Man begann alles klar zu sehen.
18. K apitel
»Meine Damen, es gibt zwei Einladungen, und Sie sind zu dritt«, sagte der Butler am Freitagabend im Musikzimmer von Bridesbridge. Die Frauen hatten ihr musikalisches Talent auf einem Instrument ihrer Wahl demonstriert. Grace hatte die Harfe gespielt, da es das teuerste Instrument war und ihren höheren gesellschaftlichen Rang hervorhob. Abgesehen davon, bot es die Möglichkeit, den Fußknöchel während des Vortrags aufblitzen zu lassen. Julia hatte ein anspruchsvolles Stück des Regency auf dem Pianoforte gespielt. Chloe hatte sich an einer Auswahl von Stücken von Mozart versucht – sie hatte sie als Zwölfjährige einmal anlässlich einer Weihnachtsaufführung vorgetragen.
Grace und Julia gewannen fünfzehn Vielseitigkeitspunkte, während Chloe für ihre Darbietung fünf Punkte erhielt.
Sie musste sich eingestehen, dass ein Zeitmanagementprogramm für all die gleichzeitig zu bewältigenden Projekte wie Klavierspielen, Sticken und das Schütteln ihres Tintenfläschchens drei Mal am Tag vielleicht nützlich gewesen wäre.
Chloe stand zwischen Grace und Julia, die mit den Zehen auf dem Aubusson-Teppich wippte. Grace tat so, als müsste sie gähnen. Chloe hatte das Gefühl, rot zu werden und fächerte sich Luft zu. Mrs Crescent, die sich auf einem grün gepolsterten Diwan niedergelassen hatte, schaute hinunter auf Fifi und streichelte ihn.
Der Butler blickte direkt in die Kamera. »Bevor wir fortfahren, möchte ich Mr Wrightman daran erinnern, dass Miss Tripp neunzig Vielseitigkeitspunkte hat, Lady Grace siebzig und Miss Parker fünfundvierzig. Mr Wrightman muss bei seinen Überlegungen berücksichtigen, dass Miss Parker trotz gewährter Verlängerung des Abgabetermins ihre Stickarbeit nicht fertiggestellt hat.«
Chloe spürte, wie dieses Versagen ihr einen Stich versetzte und zuckte bei dem Gedanken, dass die öffentliche Bekanntgabe gefilmt wurde, zusammen, aber auch deshalb, weil Abigail dies sehen würde, was ihr nicht recht war.
»Sie haben sich alle drei ein Ballkleid anfertigen lassen«, fuhr der Butler fort. Dann stellte er sich in seinen mit Goldschnallen versehenen Schuhen auf die Zehenspitzen. »Doch nur zwei werden zum Ball eingeladen. Sollten Sie nicht ausgewählt werden, müssen Sie sofort Ihre Koffer packen und werden noch heute Abend nach Hause geschickt. Die zwei verbliebenen Damen werden an dem Ball morgen teilnehmen.«
Chloe wünschte sich nichts sehnlicher als zu bleiben. Sebastian hätte ihr sicherlich keine Nachricht geschickt, wenn er sie nicht hätte weiter hierhaben wollen.
»Mr Wrightman, bitte.«
Der Butler stellte sich an die Seite, und Sebastian trat nach vorne. In seiner dunklen Jacke, der Reithose und mit der weißen Halsbinde, die sein sonnengebräuntes Gesicht noch markanter aussehen ließ, vermittelte er einen überaus eleganten Anblick.
Sebastian nahm einen Umschlag von dem Tablett. »Lady Grace.«
Es war, als würde eine Guillotine nach unten sausen. Chloes Chancen reduzierten sich mit einem Mal um die Hälfte. Es war entweder Julia oder sie. Auch wenn sie sich aufgrund seiner Nachricht Hoffnungen gemacht hatte, war dies alles vor ihrem jämmerlichen Klavierspiel geschehen, und jetzt war wieder alles möglich. Bei dem Gedanken, womöglich nach Hause geschickt zu werden, überkam sie Angst. Sie begriff, dass das Schlimmste eingetreten war: Sie war dabei, sich in Sebastian zu verlieben!
Grace knickste, während Sebastian sich verbeugte, und die Straußenfeder in ihrem Turban streifte ihn. Warum sie? Chloe kochte innerlich. Sebastian betrachtete Chloe und Julia, als ob er sich selbst in dem Moment noch für keine von beiden entschieden hätte. Chloe stellte sich vor, nach Hause zu Abigail zu fliegen, die sich einerseits riesig freuen würde, sie zu sehen, andererseits aber auch niedergeschmettert wäre, denn es würde bedeuten, dass ihre Mutter aus dem Rennen geschlagen worden war. Noch mehr bedrücken würde sie die Umstellung ihres ganzen Lebens. Sie müssten in ein kleineres Haus umziehen, außerhalb der Stadt, und Winthrop könnten sogar die Ferien und die Sommer zugesprochen werden, da er finanziell besser gestellt war.
»Miss …« Sebastian hielt einen Augenblick inne für die Kameras. Er schaute auf den Umschlag mit dem roten W aus Wachs und dann auf die beiden
Weitere Kostenlose Bücher