Rendezvous mit Mr Darcy
und schenkte seine Aufmerksamkeit gleichermaßen Chloe und seinem iPhone.
»Das stellt für Sie keinen Notfall dar, George«, entgegnete Chloe ihm. Sie deckte für einen Augenblick das Display seines iPhone mit ihrer Hand ab. »Sie ist nicht Ihre Tochter. Als ich so alt war wie sie, las ich Der geheime Garten . Ich bin auf mein erstes Konzert gegangen, da war ich ein Teenager. Ich musste sehr in mich gehen, um es ihr zu erlauben.«
Chloe, immer noch am Zittern und aufgewühlt, lehnte sich gegen den Weinkühlschrank, der bis zur Decke hochreichte. »Ich denke, ich habe bei der Vorstellung, das Handy für drei Wochen abgeben zu müssen, überreagiert. Aber ich war noch nie so lange ohne Kontakt zu ihr. Ich bin eine alleinerziehende Mutter …« Sie schaute direkt in die Kamera, die sie filmte, atmete tief ein und nahm eine beherrschtere, zurückhaltendere Haltung an, so wie es sich für eine alleinstehende Frau von heute gehörte.
»Sind Sie sicher, dass Sie stark genug sind, um für mehr als zwei Wochen auf die moderne Technik verzichten zu können?«, fragte George.
Sie dachte daran, dass sie mit Freuden auf diese Annehmlichkeiten verzichtete, nicht jedoch auf das Handy. Dann spürte sie, wie ihr die Unterhose an den Schenkeln klebte. »Natürlich.«
»Haben Sie wirklich das gesamte Kleingedruckte des Vertrags gelesen, den Sie unterzeichnet haben? Denn dann sollte das für Sie keine Überraschung sein.«
Das Zitronendeo versagte. Sie spürte, wie ein Schweißtropfen an ihrer Achsel herunterlief. Sie hatte sich so über den Erfolg ihrer Bewerbung gefreut, dass sie sich nicht die Zeit genommen hatte, jedes einzelne Wort in dem riesigen Stapel an Papieren zu lesen, und alles von einem Anwalt durchgehen zu lassen konnte sie sich nicht leisten. Hatte sie wieder einmal ihre rosarote Brille aufgesetzt und nur das gesehen, was sie in dem Vertrag sehen wollte? Juristensprache, Mathematik, ja die Naturwissenschaften im Allgemeinen – das waren nicht ihre Stärken; sie erfasste die Dinge eher intuitiv.
»Ihnen ist zum Beispiel schon klar, dass Sie sich einverstanden erklärt haben, vom Zeitpunkt Ihrer Ankunft an rund um die Uhr gefilmt zu werden, und dass all Ihre Aktivitäten nicht nur in der endgültigen Sendung, sondern auch in jedem von uns hergestellten Beitrag in den sozialen Netzwerken, auf Twitter, als Blogeintrag, als Livestream auf der Webseite und in Form von YouTube-Videos gezeigt werden können?«
Chloe biss sich auf die Unterlippe, um sich selbst vor einer unfeinen Äußerung zu bewahren, aber ihr Magen zog sich dennoch zusammen. Sie hatte einen Vertrag für eine Reality-Show der untersten Schublade unterschrieben, nur fand diese eben in historischen Kostümen statt. Ein Trip nach Vegas, wo sie ein Sonnenbad oben ohne hätte nehmen, pinkfarbene Martinis schlürfen und in der Hoffnung auf den großen Gewinn ihren letzten Dollar verspielen können, wäre wohl die bessere Alternative gewesen.
»Ihre Eskapaden, wie zum Beispiel die, meinen Wohnwagen zu stürmen, werden auf YouTube gepostet«, fuhr er fort. »Wir sind bestrebt, Busen und prall gefüllte Kniehosen zu zeigen, jedoch keine Damen beim Mittagessen.«
Chloe vergrub ihren Kopf in den Händen.
»Und als Zugabe einen begehrten, gut aussehenden, reichen Junggesellen!«
»Was meinen Sie mit ›einem‹ begehrten Junggesellen? Es gibt nur einen? Ich dachte, das hier wäre eine Dating-Show?«
»Ist es auch! Es gibt in der Tat zwei Junggesellen, wobei der eine um ein Vielfaches reicher ist als der andere und somit natürlich begehrenswerter …«
»Und wie viele Frauen gibt es?«
»Einige.«
Chloe konnte nicht länger an sich halten. »Jane Austen wäre entsetzt. Sie machen sich über alles lustig, was die Frauen in den letzten zweihundert Jahren erreicht haben.«
»Es gibt Menschen, die in dieser Art von Shows die Liebe ihres Lebens gefunden haben, und ich glaube, Jane Austen würde das gutheißen. Abgesehen davon gab es in der Zeit des Regency mehr Frauen als Männer, da viele von ihnen in den Napoleonischen Kriegen gestorben waren oder gekämpft haben. Viele andere wiederum befanden sich in Ostindien, um dort ihr Glück zu versuchen.«
Er breitete die Arme aus. »Wissen Sie, wie viele Frauen im Wettstreit um die Gunst ein und desselben Gutsherren standen? Es wäre historisch falsch, eine Gesellschaft, sagen wir mal, aus zehn Männern und zehn Frauen zusammenzustellen. Sicherlich kann eine Verfechterin historischer Details wie Sie diese
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