Rendezvous mit Mr Darcy
alle?
Julia drehte den Schläger in ihrer Hand und führte sie um das Gebüsch herum, wo vier Frauen unter ihren Sonnenschirmen auf einer Picknickdecke saßen und winzige belegte Brote aßen. Offensichtlich hatte sie das Mittagessen verpasst. Ein weiterer Kameramann stand seitlich davon und filmte die Szene.
»Meine Damen, das ist Miss …«
»Chloe Parker. Schön, Sie kennenzulernen.« Chloe öffnete ihren Sonnenschirm. Julia holte den Federball und begann, ihn immer wieder hoch in die Luft zu schießen, während die Frauen Chloe betrachteten. Die einzigen Geräusche waren jene von Ball und Schläger beim Spielen.
Dann fiel es Chloe ein zu knicksen, und die Frauen stellten sich ihr vor. Sie sprachen mit unterschiedlichen englischen Akzenten, und alle schienen sehr selbstsicher und lebhaft zu sein. Vor allem aber kamen sie Chloe jung und sorglos vor, als wären sie einfach nur hier, um Spaß zu haben. Eine der Frauen nannte sich Miss Kate Harrington. Sie besaß eine sehr rote Nase und verquollene Augen und nieste häufig. Die Ärmste litt zweifelsohne unter einer Erkältung oder Allergie und durfte ihre Medikamente hier nicht einnehmen. Miss Becky Carver, die einzige Engländerin unter ihnen mit afrikanischen Wurzeln, verkündete stolz, dass sie erst gestern ihren einundzwanzigsten Geburtstag auf Bridesbridge gefeiert hätte. Miss Gillian Potts beklagte die Tatsache, dass Miss Parker eine Kette mit Amethysten trug, während sie selbst nur eine mit einem silbernen Kreuz besäße. Und warum ihr Sonnenschirm keinen Rüschenrand wie jener von Miss Parker und Lady Grace hätte? Doch es war Miss Olive Silverton, die Chloes nassen Saum bemerkte. »Miss Parker, was ist mit Ihrem Kleid passiert?«
Julia schlug den Federball noch immer in die Luft.
»Oh. Das. War ein Missgeschick. Wenn Sie mich bitte entschuldigen. Ich muss einen Brief beantworten. Nett, Sie kennengelernt zu haben.« Sie knickste und machte sich auf den Weg ins Haus.
»Einen Brief?«, hörte Chloe Gillian sagen. »Sie ist doch gerade erst angekommen. Ich habe seit Wochen keinen Brief bekommen!«
Zurück in ihrem Boudoir angelangt, setzte sich Chloe an ihren Schreibtisch, um Abigail und der Mutter von Mr Wrightman zu schreiben. Sie band die Schleife auf, die um einen Stapel Büttenpapier gebunden war und nahm eine Feder aus dem Federhalter. Ihr Blick blieb an der Flasche mit der schwarzen Tinte hängen und wanderte dann weiter auf ihr weißes Kleid. Damals auf der Kunstschule hatte sie mit Feder und Tusche gearbeitet, und ihr fiel ein, wie sie danach immer ausgesehen hatte. Die Kunstschule. Da war sie wie alt gewesen – einundzwanzig? So jung wie die reizende Miss Becky Carver?
Chloe fächelte sich mit dem Schreibpapier Luft zu. Sie konnte nicht glauben, dass Mr Wrightman sie und eine Einundzwanzigjährige gleichzeitig ausgewählt hatte. Das schien keinen Sinn zu ergeben. Die einen mögen eher reifere Frauen, andere wieder junges Gemüse. Wie sollte eine Neununddreißigjährige mit jungen Frauen von Anfang zwanzig konkurrieren können? Außerdem, wie alt war eigentlich Mr Wrightman? Auf jeden Fall so alt, dass sie neben ihm nicht wie eine Frau mit einer Vorliebe für Toy Boys wirken würde! Igitt – so etwas kam für sie überhaupt nicht infrage! Wenngleich Becky Abigail altersmäßig näher stand als Chloe!
Sie legte die Feder hin. Ihr Kopf pochte, und die Zeitverschiebung machte sich wieder bemerkbar.
An der Tür klopfte es kurz, und Fiona stürmte herein.
»Für das Briefeschreiben ist keine Zeit, Miss. Sie müssen sich umziehen!«
Fiona zog ihr das grüne – pomonafarbene – Abendkleid an, das sie an Frösche und Mr Wrightman erinnerte, der sie davor bewahrt hatte, in einen Ha-ha zu fallen. Dann wanderten ihre Gedanken zu einem gewissen dunkelhaarigen Mann, den sie am Teich beleidigt hatte.
»Mein Gott«, sagte sie laut.
»Was ist, Miss?«, fragte Fiona, als sie das Mikrofon hinten an Chloes Kleid anbrachte.
Chloe rieb sich die Schläfen und schloss die Augen. »Ich habe nur Kopfweh.«
»Ich kann Ihnen ein Tuch bringen, in Essig, Salz und Brandy getränkt. Dadurch wird die Entzündung im Kopf gelindert.«
»Vergiss das Tuch. Und lass bitte auch den Essig und das Salz weg. Bring mir nur den Brandy!«
Fiona lächelte und steckte ein paar Strähnen von Chloes Haar hoch. Den Brandy brachte sie ihr nicht.
Doch Fiona konnte ihr Antworten geben, dachte Chloe. »Fiona, ich habe vom Fenster aus einen Mann gesehen – in den Kleidern eines
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