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Rendezvous mit Rama

Rendezvous mit Rama

Titel: Rendezvous mit Rama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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mit dem Riff zur Reparatur an Land geschleppt worden war.
    Ein Besuch in der Deep-Space-Tracking-Station auf Hawaii hatte ihm ein Jahr darauf ein noch eindrucksvolleres Erlebnis beschert. Er hatte den Wasserjet zur Kealakekua-Bucht genommen, und während sie rasch an den kahlen Vulkanklippen vorbeischössen, hatte ihn ein Gefühl überwältigt, dessen Tiefe ihn überrascht, ja beunruhigt hatte. Der Führer hatte die Gruppe von Wissenschaftlern, Ingenieuren und Astronauten an dem glitzernden Metallpylon vorüber geführt, den man an der Stelle des früheren Monuments errichtet hatte, welches von dem gewaltigen Tsunami im Jahre 68, einem der stärksten Orkane, zerstört worden war. Sie waren ein paar Meter weiter über die schwarze glatte Lava bis zu der kleinen Plakette am Rand des Wassers gegangen. Von kleinen Wellen überspült, war sie kaum zu sehen, aber als Norton sich niederbeugte, konnte er die Inschrift lesen:
     
    IN DER NÄHE DIESER STELLE WURDE
    KAPITÄN JAMES COOK
    AM 14. FEBRUAR 1779 ERMORDET
    DIE ORIGINALPLAKETTE WURDE AM
    28 . AUGUST 1928
    VON DER KOMMISSION
    ZUM 150 JÄHRIGEN JUBILÄUM COOKS AUFGESTELLT.
    ERSETZT VON DER DREIHUNDERT-JAHRFEIER-KOMMISSION
    14. FEBRUAR 2079
     
    Das war vor vielen Jahren und hundert Millionen Kilometer weit weg geschehen. Doch in Augenblicken wie ebendiesem hatte Norton oft das Gefühl, dass Käpt'n Cooks beruhigende Persönlichkeit sehr nahe bei ihm sei. Aus den geheimsten Tiefen seines Gehirns fragte er dann wohl: »Nun, Käpt'n - was denken Sie darüber?« Es war so ein Spielchen, das er sich erlaubte, wenn gelegentlich die Fakten für eine vernünftige Beurteilung der Lage nicht ausreichten und man sich auf die Intuition verlassen musste. Dies war ja eine Seite der Genialität Cooks gewesen: dass er immer die richtige Entscheidung getroffen hatte - bis ganz zum Schluss, in der Bucht von Kealakekua.
    Der Sergeant wartete geduldig, während sein Kommandant schweigend in die Rama-Nacht hinaus starrte. Diese Nacht war nicht mehr vollkommen schwarz, denn in etwa vier Kilometern Entfernung konnte man deutlich die schwachen Lichtflecken zweier Explorationstrupps erkennen.
    Im Notfall kann ich sie innerhalb einer Stunde zurückholen, sagte sich Norton. Und das müsste zeitlich hinhauen.
    Er wendete sich dem Sergeant zu: »Nehmen Sie folgende Nachricht auf: >Rama-Komitee, über Spacecom. Danken für Ihre Information und treffen Vorsichtsmaßregeln. Bitte um Spezifizierung Text plötzliches Auftreten. Ergebenst, Norton, Kommandant, Endeavour. <«
    Erwartete, bis der Sergeant in Richtung auf die blendenden
    Lichter des Lagers verschwunden war, dann knipste er seinen Rekorder wieder an. Aber seine Gedankenkette war unterbrochen, und er konnte sich nicht mehr in die rechte Stimmung zurückversetzen. Der Brief an seine beiden Frauen würde auf einen besseren Zeitpunkt warten müssen.
    Es geschah nicht sehr oft, dass ihm Käpt'n Cook zu Hilfe kam, wenn er seine Pflichten versäumte. Aber Norton erinnerte sich plötzlich daran, wie selten und wie kurz die arme Elizabeth ihren Cook in ihrer zehnjährigen Ehe nur zu Gesicht bekommen hatte. Und dennoch hatte sie ihm sechs Kinder geschenkt. Und hatte sie alle und ihren Mann überlebt.
    Seine Frauen, mit denen die Verbindung niemals mehr als zehn Minuten per Lichtgeschwindigkeit betrug, hatten wirklich keinen Grund zur Klage ...

17 Frühling
    In den ersten >Nächten< auf Rama war es nicht leicht gewesen, in den Schlaf zu finden. Die Dunkelheit und die Geheimnisse, die er barg, waren bedrückend, aber noch weit beunruhigender war die anhaltende Stille. Völlige Geräuschlosigkeit ist kein natürlicher Zustand; alle Sinne des Menschen brauchen eine gewisse Menge an Reizen. Wenn man sie dessen beraubt, produziert das Gehirn sich selbst Ersatz dafür.
    Deshalb hatten sich viele der Schlafenden über merkwürdige Geräusche -j a sogar über Stimmen - beklagt, ganz offenkundig Einbildungen, denn die wachenden Personen hatten nichts dergleichen vernommen. Stabsärztin Commander Ernst hatte eine sehr einfache und wirksame Therapie verschrieben: Während der Schlafperiode wurde das Lager jetzt von leiser unaufdringlicher Hintergrundmusik eingelullt.
    In dieser Nacht jedoch fand Commander Norton auch diese Therapie noch unzureichend. Er lauschte angespannt in die Dunkelheit hinein, und er wusste genau, wonach er lauschte. Doch obwohl von Zeit zu Zeit eine sehr sanfte Brise sein Gesicht streifte, war kein Laut zu hören, den man für aufkommenden

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