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Rendezvous mit Rama

Rendezvous mit Rama

Titel: Rendezvous mit Rama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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Ein Flugrad, das bei der Lunar-Olympiade mitmachen könnte, wo ein sechstel g herrscht, müsste in Rama an einer Stelle, wo überhaupt keine Schwerkraft herrscht, noch weit sensationeller sein. Man könnte genau auf der Achse vom Nord- zum Südpol und wieder zurück fliegen.«
    »Jawohl - ganz leicht. Ohne Unterbrechung würde die erste Hälfte des Flugs drei Stunden dauern. Aber natürlich könnte man nach Belieben Ruhepausen einlegen, solange man sich in der Nähe der Achse hält.«
    »Es ist eine brillante Idee, und ich beglückwünsche Sie dazu. Was für ein Jammer, dass Flugräder keine reguläre Ausrüstung bei Space SURVEY sind.«
    Jimmy schien nach Worten zu ringen. Er machte mehrmals den Mund auf, doch es kam kein Ton hervor.
    »All right, Jimmy. Nur aus krankhafter Neugier und strikt inoffiziell, sagen Sie mir, wie haben Sie das Ding an Bord geschmuggelt?«
    »Arrh - als >Freizeitgerät<.«
    »Nun, gelogen haben Sie nicht. Und wie steht's mit dem Gewicht?«
    »Nur zwanzig Kilo.«
    »Nur! Naja, immerhin nicht so schlimm, wie ich befürchtet habe. Tatsächlich bin ich überrascht, dass man ein so leichtes Rad bauen kann.«
    »Manche hatten sogar bloß fünfzehn, aber die waren zu wenig stabil und klappten meistens zusammen, wenn sie einen Turn flogen. Aber diese Gefahr besteht bei meiner Libelle nicht. Wie ich schon sagte, sie ist voll aerobatisch.«
    »Libelle - ein hübscher Name. Aber jetzt sagen Sie mir genau, wie Sie sie einsetzen wollen. Dann kann ich entscheiden, ob eine Beförderung oder ein Kriegsgericht angebracht ist. Oder beides.«

25 Der Jungfernflug der Libelle
    Libelle war sicher ein passender Name. Die langen spitz zulaufenden Flügel waren nahezu unsichtbar, nur wenn das Licht aus bestimmtem Winkel auf sie traf, reflektierten sie es in Regenbogenfarben. Es wirkte, als hätte man eine Seifenblase um ein feines Netzwerk von Aerofoliestücken gehüllt; die Hülle dieses kleinen Fliegers bestand aus einem organischen Film, der nur ein paar Moleküle dick, jedoch fest genug war, um auf einem Flug von fünfzig Kilometer pro Stunde die Bewegung zu kontrollieren und zu lenken.
    Der Pilot - er war gleichzeitig Energiequelle und Steuersystem - saß auf einem winzigen Stühlchen im Schwerkraftzentrum, halb zurückgelehnt, um den Luftwiderstand zu verringern. Die Steuerung erfolgte mittels eines einzigen Knüppels, der vor und zurück, nach links und rechts bewegt werden konnte; das einzige >Instrument< war ein beschwertes, an der Leitkante befestigtes Stück Band zur Anzeige der relativen Windrichtungen.
    Sobald der Flieger an der Nabe zusammengebaut war, ließ Jimmy Pak keinen mehr in die Nähe. Grobes Zugreifen würde eventuell eines der einfibrigen Konstruktionsteile zerbrechen, und diese schimmernden Flügel lockten neugierige Finger geradezu unwiderstehlich an. Man konnte es kaum fassen, dass da wirklich etwas Stoffliches war ...
    Während er zusah, wie Jimmy in das Wunderwerk kletterte, kamen Commander Norton plötzlich Bedenken. Sollte nun eine von diesen hauchdünnen Verstrebungen brechen, wenn die Libelle jenseits der Zylindrischen See war, würde es für Jimmy keinen Weg zurück geben - selbst wenn er eine glatte
    Landung zustande brachte. Außerdem durchbrachen sie eine der heiligsten Regeln der Weltraumerkundung: Ein Mann würde sich allein auf unbekanntes Gebiet begeben, wo keine Hilfe möglich war. Der einzige Trost war, dass er ständig unter Sicht- und Radarkontrolle sein würde und man genau wüsste, was ihm passierte, falls ihm ein Unglück zustieß.
    Aber die Gelegenheit war einfach zu günstig, um sie ungenutzt verstreichen zu lassen; es wäre geradezu eine Herausforderung an die Götter gewesen, wenn man diese vielleicht einzige wirkliche Chance vernachlässigen würde, das andere Ende von Rama zu erreichen und die Geheimnisse des Südpols aus der Nähe zu betrachten. Jimmy wusste, was er wagte, er wusste es weit besser, als irgendeiner aus der Besatzung es ihm hätte sagen können. Es war eben genau das Risiko, das man eingehen musste; und wenn es schiefging, dann war das eben Pech im Spiel. Man konnte nicht immer gewinnen ...
    »Hören Sie mir jetzt gut zu, Jimmy«, sagte Stabsärztin Kapitänleutnant Ernst. »Es ist äußerst wichtig, dass Sie sich nicht übermäßig verausgaben. Denken Sie daran, dass die Sauerstoffmenge hier an der Achse noch immer ziemlich gering ist. Wenn Sie irgendwann außer Atem geraten, halten Sie an und hyperventilieren Sie dreißig Sekunden lang - aber

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