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Rendezvous mit Rama

Rendezvous mit Rama

Titel: Rendezvous mit Rama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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zu flammen schien. Elektrische Strahlenbüschel von hundert Metern Länge tanzten über den Spitzen, als wären sie riesige Blitzableiter.
    Und was da hinten passierte, konnte ja auch in viel größerem Ausmaß an der steilen Spitze des Großen Horns geschehen. Das Beste, was er tun konnte, war wohl zu versuchen, so weit wie möglich von diesem gefährlichen Gebilde fortzukommen und die freie Luft zu erreichen. Er begann erneut in die Pedale zu treten. Er beschleunigte, so rasch er konnte, ohne die Libelle einer allzu großen Belastung auszusetzen. Gleichzeitig verringerte er die Höhe; selbst auf die Gefahr hin, dass er damit in einen Bereich höherer Schwerkraft eintrat, war er nun bereit, ein derartiges Risiko einzugehen. Acht Kilometer waren viel zu weit vom Boden entfernt, als dass er sich ruhig hätte fühlen können.
    Die unheimliche schwarze Spitze des Großen Horns war noch immer frei von sichtbaren Entladungen, aber Jimmy zweifelte nicht daran, dass sich dort oben ein furchtbares Kraftfeld aufbaute. Ab und zu grollte hinter ihm noch der Donner und rollte widerhallend weiter rund um die Welt. Plötzlich fiel Jimmy ein, wie merkwürdig es doch sei, dass ein derartiger Sturm bei völlig klarem Himmel auftrat. Dann wurde ihm klar, dass es sich ja überhaupt nicht um ein meteorologisches Phänomen handelte. Tatsächlich konnte es ja einfach eine unbedeutende Energiestreuung von einer tief in der Südkappe Ramas versteckten Quelle sein. Aber warum ausgerechnet jetzt ? Aber was noch wichtiger war, was würde als Nächstes geschehen?
    Er befand sich nun weit über der Spitze des Großen Horns und hoffte, bald außerhalb der Streuweite irgendwelcher blitzartiger Entladungen zu sein. Doch jetzt tauchte ein neues Problem auf: Die Luftturbulenzen nahmen zu, es fiel ihm immer schwerer, die Libelle unter Kontrolle zu halten. Ein Wind schien aus dem Nichts entstanden zu sein, und wenn die Flugbedingungen sich stark verschlechterten, war das zerbrechliche Rahmenwerk seines Luftrades ernstlich in Gefahr. Er trampelte verbissen weiter und versuchte, das Leitwerkschütteln durch Anpassung der Antriebsstarke und Gewichtsverlagerung seines Körpers auszugleichen. Da die Libelle ja praktisch wie sein vergrößerter Körper war, hatte er damit bis zu einem gewissen Grad Erfolg; aber die schwachen Protestgeräusche, die vom Haupt-Tragholm zu ihm drangen, gefielen ihm gar nicht, ebenso wenig wie die Tatsache, dass die Flügel sich bei jedem Windstoß verbogen.
    Und noch etwas beunruhigte ihn: ein schwaches sausendes Geräusch, das allmählich stärker wurde und aus der Richtung des Großen Horns zu kommen schien. Es klang, als ströme Gas unter hohem Druck aus einem Ventil. Jimmy überlegte, ob das eventuell irgendwie mit den Turbulenzen zusammenhing, mit denen er zu kämpfen hatte. Was immer auch die Ursache sein mochte, er hatte jetzt noch mehr Grund zur Beunruhigung.
    In Abständen berichtete er - knapp und ziemlich außer Atem - über diese Phänomene an die Nabenkontrolle. Dort konnte ihm zwar bestimmt keiner Anweisungen geben oder etwa Hinweise darauf, was möglicherweise weiterhin passieren würde, aber es war doch beruhigend, die Stimmen seiner Freunde zu hören, selbst wenn sich allmählich die Furcht in Jimmy festsetzte, dass er sie nie wieder sehen würde.
    Die Turbulenzen nahmen immer noch zu. Er hatte beinahe den Eindruck, als trete er in einen Düsenstrom ein. Einmal hatte er das getan, als er einen Rekord brechen wollte. Er war damals auf der Erde mit einem Hochfluggleiter aufgestiegen. Doch was zum Teufel konnte denn innerhalb Ramas einen Düsenstrom bewirken?
    Das war die richtige Frage, die er sich da gestellt hatte, denn sobald er sie in Worte gefasst hatte, wusste er auch die Antwort.
    Das Geräusch, das er gehört hatte, kam von dem elektrischen Wind, der die hochgradige Ionisierung forttrug, die sich rings um das Große Horn aufbauen musste. Geladene Luft strömte von dort längs der Achse Ramas nach außen, und weitere Luft strömte in das Niederdruckgebiet dahinter. Er blickte auf diese riesige und nun doppelt bedrohliche Nadel zurück und versuchte die Begrenzung der steifen Brise auszumachen, die von ihr ausging. Wahrscheinlich war es taktisch am besten, wenn er nach Gehör flog und sich so weit wie möglich von diesem unheimlichen Zischen und Fauchen entfernte.
    Rama nahm ihm die Wahl ab. Hinter ihm brach ein flammender Flächenblitz auf und füllte den ganzen Himmel. Er hatte gerade noch Zeit zu sehen,

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