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Rendezvous mit Rama

Rendezvous mit Rama

Titel: Rendezvous mit Rama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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flatterten in die Tiefe hinab; während sie vor seinen Blicken verschwanden, traten Jimmy Tränen in die Augen. Das ist jetzt die ganze Intelligenz dieses Geschöpfs, dachte er.
    Nachdem sie den Müll beseitigt hatte, wendete sich die Krebskrabbe um und begann auf Jimmy aus nur zehn Meter Entfernung zuzulaufen. Steht mir jetzt die gleiche Behandlung bevor?, fragte er sich. Er hoffte nur, dass er die Kamera nicht verwackelte, während er der Nabenkontrolle das rasch heran krabbelnde Ungeheuer zeigte. »Was schlagt ihr vor?«, flüsterte er hastig und ohne große Hoffnung, dass er eine brauchbare Antwort erhalten werde. Ein winziger Trost für ihn war allerdings das Bewusstsein, dass er hier und jetzt Geschichte machte, und seine Gedanken durcheilten blitzschnell die für eine solche Begegnung vorgesehenen Verhaltensmuster. Bis zu diesem Augenblick war all das reine Theorie gewesen. Er würde der erste Mensch sein, der sie in der Praxis ausprobierte.
    »Laufen Sie nicht davon, bevor Sie nicht sicher sind, dass das Ding wirklich feindselig ist«, flüsterte die Nabenkontrolle zu ihm zurück. Davonlaufen? Wohin?, fragte sich Jimmy. Er glaubte zwar, dass er das Ding in einem Hundertmetersprint hinter sich lassen konnte, aber er war sich auch verdammt klar darüber, dass es ihn ohne Zweifel auf lange Sicht unterkriegen würde.
    Langsam hob Jimmy seine ausgestreckten Hände. Seit zweihundert Jahren hatte sich die Menschheit mit dieser Geste herumgeplagt und - gestritten: Würde jedes Geschöpf im ganzen Universum sie als »Schau - keine Waffen!« interpretieren? Aber es war keinem etwas Besseres eingefallen.
    Der Krebs zeigte weder eine Reaktion, noch verlangsamte er sein Tempo. Er beachtete Jimmy überhaupt nicht, wanderte direkt neben ihm vorbei und eilte zielstrebig nach Süden. Er kam sich äußerst idiotisch vor, dieser erste Vertreter der Gattung Homo sapiens, als er zuschaute, wie sein erster Kontakt, völlig ungerührt von seiner Existenz, über die Rama-Ebene entschwand.
    Selten in seinem Leben war Jimmy so gedemütigt worden. Dann kam ihm sein Humor zu Hilfe. Alles in allem war es ja wirklich keine große Staatsangelegenheit, wenn ihn ein lebendiges Müllauto nicht beachtete. Schlimmer wäre es gewesen, wenn es ihn als einen lang vermissten Bruder begrüßt hätte ...
    Er ging wieder zum Rand des Kopernikus zurück und starrte auf das undurchsichtige Wasser hinunter. Erst jetzt bemerkte er, dass sich unbestimmbare Gestalten - manche davon wirkten ziemlich groß - langsam unter der Oberfläche hin und her bewegten. Gerade steuerte eine davon die nächste Spiralrampe an, und dann begann etwas, das wie ein vielbeiniger Tank aussah, den langen Aufstieg. Bei der Geschwindigkeit, die es anschlug, berechnete Jimmy, würde es mindestens eine Stunde brauchen, um heraufzukommen; wenn es also eine Bedrohung war, dann eine sehr langsame.
    Dann nahm er eine viel raschere undeutliche Bewegung nahe der höhlenartigen Eingänge über der Wasserlinie wahr. Irgendetwas glitt sehr schnell die Rampe entlang, aber er konnte es nicht genau erkennen, auch keine eindeutige Gestalt ausmachen. Es war, als blicke er auf einen kleinen Wirbelwind oder >Staubteufel< etwa von der Größe eines Mannes ...
    Er blinzelte und schüttelte den Kopf, dann hielt er die Augen ein paar Sekunden lang geschlossen. Als er sie wieder öffnete, war die Erscheinung verschwunden.
    Der Aufprall hatte ihn möglicherweise doch stärker durcheinander geschüttelt, als er geglaubt hatte; dies war das erste Mal gewesen, dass er unter visuellen Halluzinationen gelitten hatte. Er würde der Nabenkontrolle nichts davon melden. Und er würde sich auch nicht die Mühe machen, diese Rampen zu untersuchen, wie er sich das schon fast vorgenommen hatte. Das wäre eine ganz klare Energieverschwendung.
    Das wirbelnde Phantom, das zu sehen er sich bloß eingebildet hatte, spielte selbstverständlich bei seiner Entscheidung keine Rolle.
    Überhaupt keine; denn Jimmy glaubte natürlich nicht an Gespenster.

30 Die Blüte
    Die Anstrengungen hatten Jimmy durstig gemacht. Er wusste aber ganz genau, dass es in diesem Land kein Wasser gab, das Menschen trinken konnten. Mit dem Inhalt seiner Feldflasche würde er vielleicht eine Woche lang überleben können - doch wozu? Auf der Erde würden sich bald die besten Gehirne auf sein Problem konzentrieren, und Commander Norton würde zweifellos mit Vorschlägen bombardiert werden. Er aber, Jimmy, er konnte sich nicht vorstellen, auf welche

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