Rendezvous um Mitternacht
Lächeln und legte mich schlafen.
Pünktlich um neun am nächsten Morgen stand ich mit einer Tasse in der Hand und großem Hunger auf Zimtschnecken in Gilleys Küche. Gilley war auch schon auf und hatte sich, die Haare noch nass von der Dusche, in einen weißen Frotteebademantel gehüllt. Obwohl ich wusste, dass er nicht viel Schlaf gehabt haben konnte, sah er frisch und munter aus wie immer.
»Und, hattest du noch Spaß gestern?«
»Nein, ich hatte Bradley.« Gilley zwinkerte mir zu.
»Ist das nicht dieser Immobilienmakler, für den du die Homepage gemacht hast?«
»Genau der«, bestätigte Gilley gut gelaunt.
Ich grinste. »Na fein. Bin ich froh, dass du deine gute Laune wieder hast. Nicht dass du sie je wirklich verloren hattest.«
Gilley kam zu mir herüber und schenkte mir eine Tasse Kaffee ein. Dabei versetzte er mir mit der Hüfte einen spielerischen Stüber. »War nett. Jetzt können wir auslaufen.«
»Mhm. Du, ich muss dich was fragen. Und ich glaube nicht, dass es dir gefällt.«
Gilley sah durchs Herdfenster nach den Zimtschnecken. »Hört sich nach was Ernstem an.«
»Ist es aber eigentlich nicht. Könnte nur sein, dass ich diesmal auch im Haus deine Hilfe brauche, nicht nur draußen im Van.«
Die wenigsten Leute wussten, dass Gilley panische Angst vor Geistern hatte. Er hatte nichts dagegen, dass ich mich ständig in Spukhäusern herumtrieb, aber ihm wäre es nie eingefallen, selbst auch nur einen Fuß hineinzusetzen, ehe es »entgeistert« war. In letzter Zeit hatte er sich ausgebeten, den kleineren Aufträgen fernbleiben zu dürfen und nur noch zu den größeren Geisterjagden mitzukommen, wo es seine Aufgabe war, mich hinzufahren und dann mein Vorgehen aus dem sicheren, komfortablen Wagen heraus mitzuverfolgen. In unserem Van hatte er drei Überwachungsgeräte installiert, mit denen er die Aufzeichnung der Nachtsichtkamera verfolgen und das Spektrometer und Thermometer ablesen konnte. Ich war fest überzeugt, dass er den Videobildschirm gar nicht erst einschaltete und sich nur an den Temperatur- und Magnetfeldwerten orientierte. Vor Außenstehenden sprachen wir dieses Thema nicht an, um ihn nicht bloßzustellen, aber wer ihn genauer kannte, merkte, dass ihm alles, was die Nacht unsicher machte, ziemliche Angst einflößte.
»Das ist nicht dein Ernst«, sagte er leicht panisch.
»Doch, mein Freund, ich fürchte schon. Ich brauche dich, um zu verhindern, dass mir Steven ins Gehege kommt. Nach meinem Eindruck ist er ganz schön neugierig. Er würde mir bestimmt alle möglichen Fragen stellen. Und da du meinst, er soll ruhig mitkommen, musst du auch auf ihn aufpassen.«
»Kann er nicht bei mir im Wagen bleiben?«, fragte er noch etwas beklommener.
»Kannst du ihm gern vorschlagen. Aber ich vermute, er will da sein, wo die Action ist, statt die ganze Nacht drei Bildschirme anzustarren.«
»Aber … aber …«, stammelte Gilley. Fast tat er mir leid, vor allem, weil ich wusste, wie Furcht einflößend meine Expeditionen mitunter waren. »Kein Aber, Gil. Ich brauche dich. Schluss, aus, Ende.«
Mit hängenden Schultern ging Gilley zum Küchentisch und ließ sich auf einen der Stühle fallen. »Aber wenn ein Geist mich angreift?«, fragte er gequält.
Ich verkniff mir ein Lachen. »Gil«, sagte ich sanft. »Kein Geist wird dich angreifen. Es ist doch nur Stevens Großvater. Ich beschütze dich.« Gilley wirkte nicht überzeugt. Also fügte ich hinzu: »Und wenn Steven Angst kriegt und gehen will, darfst du natürlich auch.«
»Versprochen?«
»Versprochen.« In diesem Moment ertönte ein leises Fing. Gilley sprang auf. »Das sind die Schnecken. Ich muss sie rausholen. Kannst du mir derweil meine Hausschuhe bringen, M. J.? Meine Füße sind schon Eisklumpen.«
Ich sah auf seine nackten Füße – »Klar« – und machte mich auf den Weg zu seinem Schlafzimmer. In der Tür hielt ich abrupt an. Unter den Decken hörte ich leises Schnarchen. Auf Zehenspitzen schlich ich ans Bett und spähte über den Bettdeckenrand. Da lugte ein verwuschelter rotblonder Haarschopf hervor. Ich schüttelte den Kopf, nahm die Hausschuhe und zog mich zurück. Nachdem ich für die Hausschuhe eine ofenwarme Zimtschnecke bekommen hatte, fragte ich: »Ist das da drin der berühmte Bradley?«
Gil wirkte überrascht. Ungläubig fragte er: »Ist er etwa noch da?«
Ich kicherte und steckte mir ein Stück Schnecke in den Mund. »Jep. Sägt, dass die Balken krachen.«
Gilley seufzte resigniert. »Also ehrlich. Es war
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