Rendezvous um Mitternacht
Nachricht hinterlassen?«
»Entweder er selbst oder jemand, der wollte, dass es wie Selbstmord aussieht.«
»Was stand auf dem Zettel?«, fragte ich.
»Zwei computergeschriebene Sätze: ›Bitte fühl dich nicht schuldig. Nur so kann ich alles wiedergutmachen^«
»Sehr nebulös«, sagte ich.
»Was heißt das?«
»Nebulös? Das bedeutet schleierhaft. Geheimnisvoll. Alles wiedergutmachen – das klingt, als habe ihn eine Schuld geplagt.«
»Dieser Satz ist auch mir ein Rätsel. Was kann er getan haben?«
»Gute Frage. Die sollten wir ihm stellen, wenn wir seinen Geist treffen. Ach, wer hat eigentlich seine Leiche gefunden?«
»Seine … wie sagten Sie gestern Morgen? … ach ja, Haushälterin. Maria. Als sie vom Markt zurückkam, sah sie ihn auf der Erde liegen.«
»Hatte sie durch seinen Tod etwas zu gewinnen?«
Steven schüttelte den Kopf. »Nur eine kleine Rente, die mein Großvater in einem Fonds für sie angelegt hat. Sie hat fast dreißig Jahre für ihn gearbeitet.«
»War zu der Zeit sonst noch jemand im Haus?«
»Nein. Willis, der Gärtner – ebenfalls schon viele Jahre bei ihm – war in seinem Häuschen, das mein Großvater vor Kurzem für ihn gebaut hat. Es steht wohl nicht weit vom Haupthaus, aber Willis sagte, er habe nichts Ungewöhnliches gesehen oder gehört.«
»Haben Sie sich denn inzwischen entschieden, ob Sie uns anheuern oder nicht?«
»Ich würde gern, aber ich muss nochmals daraus bestehen, mitzukommen.«
Ich verkniff mir ein Grinsen. »Darauf bestehen.«
»Oh. Darauf. In der Tat.« Er stand auf. »Wir fahren morgen. Ich habe mir im Krankenhaus für die nächste Woche Urlaub genommen, um mich um die Erbschaftsangelegenheiten zu kümmern.«
»Gut. Einverstanden. Wir können morgen losfahren. Aber zuerst müssen wir ein paar Grundregeln festlegen.«
»Gute Idee«, sagte Steven, betrachtete mich von oben bis unten und begann zu grinsen. »Erstens: Sie müssen immer dieses Kleid tragen.«
Ich lachte, und das Blut schoss mir wieder in die Wangen. »Netter Versuch. Nein, die erste Regel ist, dass Sie mir aus dem Weg bleiben. Ich muss mich konzentrieren, und das kann ich nicht, wenn Sie mir ständig über die Schulter schauen.«
»Gut«, nickte er. »Was noch?«
»Die zweite Regel ist, dass Sie mich entscheiden lassen, wann die Zeit gekommen ist, Ihrem Großvater ins Jenseits zu helfen.«
Steven sah mich verwirrt an. »Was meinen Sie damit?«
»Falls es wirklich Ihr Großvater ist, den Sie dort gehört haben, und er wirklich hier festsitzt, dann ist es meine Hauptaufgabe, ihn aus seiner Lage zu befreien. Die ist für einen Geist kein Spaß, Steven. Gestrandete Seelen sind oft frustriert, verängstigt oder am Rande der Panik. Ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich versuchen werde herauszufinden, ob er von allein gestorben ist oder durch die Schuld eines anderen und wie das Ganze vor sich ging, aber nur, sofern ich dadurch nicht hinauszögere, dass er Frieden findet. Und selbst wenn er sich genau an alles erinnert, kann es sein, dass er mir nichts verraten will. Wie gesagt, ich werde in jedem Fall mein Bestes tun, aber es ist nicht in erster Linie meine Pflicht aufzuklären, ob es ein Mord war, wie Sie glauben, sondern ihn an den Ort zu führen, wohin er muss.«
In Stevens Gesicht spiegelten sich widerstreitende Gefühle. Die Entscheidung fiel ihm schwer. »Na gut«, sagte er dann nach langem Schweigen. »Noch etwas?«
»Nein. Gilley wird Sie morgen früh anrufen, um die restlichen Details zu besprechen.« Ich blickte auf die Uhr über dem Herd. »Es wird langsam spät, und wir haben einen langen Tag vor uns. Ich sollte mich verabschieden.«
Steven führte mich durch den Flur, half mir in den Mantel und hielt mir die Tür auf. Als ich nach draußen trat, bemerkte ich gleichzeitig zwei Dinge: Erstens hatte es aufgehört zu regnen, und zweitens bewegte sich die Hecke neben mir plötzlich wie wild, und dann schoss an der Hausecke eine schattenhafte Gestalt daraus hervor und floh die Straße entlang. Ich erschrak so heftig, dass ich zurückfuhr und mit Steven zusammenrumpelte, worauf er rücklings auf den Marmorboden plumpste und ich obendrauf.
»Sie können mir auch anders zu verstehen geben, dass Sie gern eine schnelle Runde mit mir möchten«, meinte er verschmitzt.
Ich schüttelte den Kopf, sowohl über das Missgeschick als auch über seinen Kommentar. »Eine schnelle Nummer heißt das, aber da ist gerade jemand aus Ihrer Hecke rausgerannt!«
Steven riss die Augen auf. Er stand
Weitere Kostenlose Bücher