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Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
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zu.
    Er schaltete sie ein und richtete den Strahl auf den Boden. Erstaunt holte ich Luft – wo der Funkenschwarm geschwebt hatte, begann ein Pfad. Ich zeigte darauf. »Schau mal!«
    Steven ging bereits weiter. »Komm. Sonst verlieren wir sie.«
    Es regnete nicht mehr, aber der Himmel war noch wolkenverhangen und der Mond nicht zu sehen. Es war kühl und feucht, sodass ich in meinem leichten Pullover fröstelte. Ich hoffte nur, uns stand kein allzu langer Marsch durch den Wald bevor. Die geisterhaften Bienen flogen uns in Schlangenlinien voraus, die sich stets als die Biegungen des Pfades entpuppten. Ich blieb hinter Steven, der mit der Taschenlampe den Weg ausleuchtete, behielt aber ein Auge auf die glühenden Kügelchen vor uns gerichtet. In der unheimlichen Finsternis ringsherum kam es mir vor, als wären wir weitab mitten im Wald.
    Bei jedem Knacken oder Rascheln zuckte Steven zusammen, und ein-, zweimal blieb er stehen und spähte nach hinten. Ich war nicht ganz so nervös, aber zugegeben, ich war auch nicht gerade begeistert, bei Nacht durch den Wald zu gehen, noch dazu bei dieser Kälte.
    Wir waren schon eine ganze Weile unterwegs, als es besonders laut hinter uns knackte. Da reichte es Steven. Er hielt an und drehte sich zu mir um. »Wir werden verfolgt«, flüsterte er.
    »Das bildest du dir ein«, versuchte ich ihn zu beruhigen. »Das liegt an der unheimlichen Atmosphäre.«
    »Nein, M. J.«, sagte er rundweg. »Wir werden verfolgt.«
    Ich war drauf und dran, ihn kichernd damit aufzuziehen, wie schreckhaft er war, als ich keine fünfzehn Meter hinter uns deutlich das Geräusch von Schritten hörte. Ich riss die Augen auf und nickte ihm wortlos zu. Auch er hörte es und lenkte den Strahl der Taschenlampe dorthin.
    Nichts war zu sehen außer Wald. Steven leuchtete gründlich hin und her. »Wer ist da?«
    Keine Antwort.
    Ich warf einen Blick zu den Geisterbienen – und keuchte auf.
    »Was?«, flüsterte er.
    Ich zeigte nach vorn. »Die Sphären sind weg.«
    Steven fuhr herum und ließ enttäuscht die Schultern sinken. »Wo sind sie hin?«
    »Ich weiß es nicht.« Angestrengt spähte ich in die Dunkelheit. »Vielleicht weiter den Pfad entlang?«
    Er richtete den Lichtstrahl wieder auf den Boden vor uns. »Komm. Vielleicht holen wir sie ein.«
    Ein Weilchen folgten wir dem Pfad, doch vergeblich. Schließlich hielt Steven an. »Das nützt nichts. Sie sind weg.«
    »Glaubst du nicht, dass sie einfach hier weitergeflogen sind?«
    »Nein«, sagte er und fügte sehr leise hinzu: »Nicht, wenn wir verfolgt werden.«
    Ich warf unauffällig einen Blick hinter uns. »Hast recht. Lass uns zurückgehen und den Pfad morgen erkunden.« Mit einer Geste ließ ich Steven den Vortritt.
    Er gab mir einen scherzhaften Rippenstoß, als er sich an mir vorbeidrängte. Ich kam etwas aus dem Gleichgewicht und trat kichernd zurück. In diesem Moment hörten wir ganz deutlich, wie jemand links von uns durchs Unterholz brach.
    Steven ließ den Strahl in die Richtung schnellen, und einen Augenblick lang sahen wir dort etwas Graues vorbeihuschen. »Was zum …«, knurrte Steven und sprang ihm hinterher ins Gebüsch.
    »He!«, rief ich, während er in vollem Galopp durchs Laub davon preschte. »Warte!« Ich setzte ihm nach, aber er hatte viel längere Beine und konnte besser über die Äste am Boden springen, ganz zu schweigen davon, dass er die Taschenlampe hatte, während ich mehr oder weniger auf mein Glück vertrauen musste.
    Das Glück verließ mich ziemlich bald. Bei einem Sprung blieb ich mit dem linken Fuß an einem Zweig hängen und fiel längelang hin, prallte mit dem Schienbein auf die Kante eines Baumstumpfs, sodass mir ein greller Schmerz bis in die Hüfte schoss. Ich umfasste das Bein mit beiden Händen und lag ein paar Minuten stöhnend und mit tränenden Augen da. »Scheiße!«, fluchte ich unterdrückt und rieb mir das Bein.
    Als der Schmerz so weit abgeebbt war, dass ich mich aufsetzen konnte, schaute ich mich um. Von Steven oder der Taschenlampe war weit und breit nichts zu sehen. »Na super«, brummte ich in die Dunkelheit. »Danke, Kumpel. Von wegen Gentleman.«
    Langsam stand ich auf und machte versuchsweise einen Schritt. Eine neue Schmerzwelle durchfuhr mich. »Verdammte Kacke«, zischte ich und umklammerte wieder mein Schienbein. Als der Schmerz abflaute, richtete ich mich auf und tastete im Finstern nach einer Stütze. Ich bekam einen jungen Baum zu fassen, hüpfte näher und hielt mich daran fest, während ich

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