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Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
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Abstand. Eine Weile standen wir stumm da und hörten ehrfürchtig dem kollektiven Summen zu. Dann bedeutete Steven mir mit einer Kopfbewegung, ihm zu den anderen sechs Stöcken zu folgen, die stumm und offensichtlich verwaist dastanden.
    Sie sahen auch deutlich abgenutzter aus. Die Farbe blätterte schon ab, und das Holz war verzogen. Sie schienen älter zu sein. Vielleicht waren die anderen neu hinzugebaut worden, um sie zu ersetzen.
    Während Steven forsch darauf zuging, blieb ich etwas zurück, weil ich befürchtete, da drinnen könnte doch die eine oder andere verirrte Biene lauern, um mich zu stechen. Ich beobachtete, wie Steven um den ersten weißen Kasten herumschlenderte, dann ging er dahinter in die Hocke und war nicht mehr zu sehen.
    »Was gefunden?«, rief ich, als er nicht sofort wieder hochkam.
    Es dauerte noch ein, zwei Augenblicke, und ich wunderte mich schon, was er da machte. Als er sich schließlich erhob, hielt er etwas in die Höhe, um es mir zu zeigen. Es sah aus wie ein großer, rostiger Metalltrichter mit einem Stück Schlauch, beides sehr alt und sehr dreckig. »Was ist denn das?«, fragte ich.
    »Privatgelände«, sagte da eine Frauenstimme hinter mir. Und im nächsten Augenblick hörte ich das unverkennbare metallische Klicken, mit dem ein Gewehr gespannt wird.

11
     
     
    Stevens Augen weiteten sich, und sein Lächeln erlosch. Er ließ Trichter und Schlauch fallen und hob die Hände. Seinem Beispiel folgend, drehte ich mich ganz langsam um.
    »Was haben Sie hier zu suchen?«, fragte eine Frau, die unserer Maureen sehr ähnlich sah, und schwenkte die Waffe langsam zwischen Steven und mir hin und her.
    »Wir schauen uns das nur an«, sagte Steven.
    »Sie sind auf Privatgelände eingedrungen«, sagte die Frau wütend. »Geben Sie mir einen guten Grund, warum ich Sie nicht erschießen soll.«
    »Okay«, sagte Steven. »Wie ist es damit: Wir sind nicht auf Ihrem Land, sondern auf meinem.«
    Ich beobachtete die Frau genau. Sie ließ das Gewehr ein Stückchen sinken, nahm das Auge vom Zielfernrohr und musterte Steven genau. Dann aber hob sie es von Neuem vors Auge. »Wer sind Sie?«
    »Dr. Steven Sable. Mein Großvater war Andrew Sable.«
    Inzwischen hämmerte mir das Herz in der Brust, und die Tatsache, dass eine große Flinte auf mich gerichtet war, pumpte eine Woge von Adrenalin durch meine Adern. Die Frau hielt die Waffe noch einen Augenblick im Anschlag, aber gerade als ich dachte, wir müssten noch ewig so aushalten, senkte sie abrupt den Lauf. »Tut mir leid, das mit Ihrem Großvater.«
    »Danke«, sagte Steven, ließ die Arme sinken und stellte sich neben mich. »Das ist M. J. Holliday.« Als er sah, dass ich noch immer mit erhobenen Händen dastand, zog er mich am Ärmel.
    »Du kannst die Hände jetzt runternehmen. Ich glaube nicht, dass sie uns erschießt.«
    Die Frau verzog die Mundwinkel. »Sie sind total bleich.«
    Da merkte ich erst, wie schnell mein Atem ging. »Wundert Sie das?«
    Ich hatte Mühe, mich zu fassen. Steven legte mir beschützend einen Arm um die Schultern. »Wer sind Sie?«, fragte er furchtlos.
    Sie musterte uns einen Moment lang, ehe sie antwortete. »Mirabelle. Und das hier ist mein Haus. Und mein Land.«
    »Das möchte ich verzweifeln«, sagte Steven ungerührt.
    Mirabelle starrte ihn verdutzt an.
    Ich verdrehte die Augen. »Bezweifeln«, übersetzte ich.
    »Ja, von mir aus«, sagte Steven ungeduldig. »Mein Großvater hat hier zwölfhundert Morgen Land gekauft und sich darauf ein Jagdhaus gebaut. Ich glaube, Ihr Haus steht auf seinem Land.«
    Mirabelle lächelte, aber es sah nicht freundlich aus. Es hatte was von einem Krokodil. »In gewisser Hinsicht haben Sie recht. Das hier war Andrews Eigentum. Vor vierzig Jahren hat er meiner Mutter per Schenkung vierundzwanzig Morgen Land zugeeignet. Und als sie starb, hat er es auf mich übertragen lassen. Sie können gern in der Kreisverwaltung die Akten einsehen.«
    Jetzt war es Stevens Lächeln, das schmaler wurde. »Warum hätte er das tun sollen?«, fragte er. »Was hatte Ihre Mutter mit meinem Großvater zu tun?«
    Mirabelles Krokodillächeln wurde breiter. »Wacholder.«
    »Wacholder? Der Strauch?«, fragte ich völlig verwirrt.
    »Nein, der Schnaps. Früher herrschte hier im Umkreis von einigen Hundert Meilen Alkoholverbot. Es gab Zeiten, da musste man für eine Flasche Fusel bis nach Boston fahren. Andrew erkannte den hiesigen Bedarf, und um ihn zu decken, tat er sich mit meiner Mutter zusammen, der besten

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