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René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

Titel: René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wigbert Löer , Rainer Schã¤fer
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vom Westend vorgeschwärmt, und es war nicht schwierig, »Brunne« als Nachbarn zu gewinnen. Sara freundet sich schnell mit Kiki an, gemeinsam erkunden sie das Viertel und die neue Stadt. Auch die Männer vertreiben sich gemeinsam die Zeit, wenn sie nicht trainieren. In der Tiefgarage lassen sie ferngesteuerte Autos fahren, 700 Euro das Stück und mit Benzinantrieb. Die kleinen Boliden rasen über den Beton. Brunnemann hat sich für einen Trackster entschieden, Schnitzler für einen DTM-Mercedes. Es dauert nicht lange, bis er ihn mit Vollgas gegen einen Pfeiler steuert – und einen Totalschaden feststellen muss.
    Die beiden lachen. Sie sind große Jungs mit viel Zeit und
gutem Einkommen, und Schnitzler kauft sich am nächsten Tag einen neuen Wagen.
    Dass es mit solchen Hobbys und der deftigen Miete nicht einfach sein würde, die Schulden abzubauen, beschäftigt Schnitzler nicht allzu sehr. Als er bei einer Bank in der Nähe ein Konto eröffnen will und dabei seinen Arbeitsvertrag vorzeigt, wird er umgehend zur VIP-Kunden-Betreuung in eine Filiale an der Elbe geschickt. Dort überreicht man ihm zwei goldene Kreditkarten, eine Visa, eine Master. Den Überziehungskredit setzt man ungefragt auf 20 000 Euro. Schnitzler ist da gerade 22 Jahre alt.
    Es ist der erste Sommer, den er und Sara zusammen verbringen. Gemeinsam schlendern sie durch Ottensen, wo unterschiedliche Kulturen aufeinander treffen. Hier leben eingesessene Bewohner neben Neuankömmlingen, die Geld in der Tasche haben und das Viertel quirlig und spannend finden. Sara kauft bei Rewe um die Ecke ein, das Gemüse ersteht sie beim Türken. »Das war erstmal eine total glückliche Zeit«, sagt sie. René sei aufmerksam gewesen und habe viel Zeit mit ihr verbracht. Wenn Schnitzler nachmittags trainingsfrei hat, sitzen sie oft in den Cafés am Alma-Wartenberg-Platz. Abends gehen sie ins UCI-Kino am Elbtunnel oder ins Mamma Mia. Das italienische Restaurant liegt um die Ecke und macht, findet Sara, die besten Penne Arrabiata. Mönchengladbach ist für Sara jetzt weit weg.
    Sie leben großzügig, denn regelmäßig essen sie auch in der Schlachterbörse, wo sich viele Prominente Steaks servieren lassen. Und im Restaurant des Nobelhotels East, wo die Rechnung für Sushi und Weißwein schnell anwächst.
     
    Sechs Wochen lang zockt Schnitzler kein einziges Mal. »Sechs Wochen aufzuhören mit Spielen«, sagt er im Rück-blick, »das fiel mir wahnsinnig schwer. Das war für meine Verhältnisse sehr, sehr lang. Ich bin dann langsam wieder in den Sog geraten.« Sara muss bald erneut zurückstehen.

    [REF 7] Autofreak: Jahrelang kaufte sich Schnitzler immer neue Luxuswagen, allerdings nicht nur in klein und ferngesteuert
    Beim FC St. Pauli ist Schnitzler nicht der einzige Zocker. Ein Kollege besucht regelmäßig eine kleine »Happybet«-Filiale hinter dem Bahnhof Altona und platziert dort Sportwetten. Schnitzler begleitet ihn. Als er den Laden zum ersten Mal betritt, hat er 500 Euro in der Tasche. Der Mitspieler wettet, Schnitzler aber kämpft mit sich und schafft es zu widerstehen. Dann aber kehrt er doch wieder um. »Ich war so heiß, dass ich einfach tippen musste«, sagt Schnitzler. An den kommenden Tagen wettet Schnitzler für je 500 Euro – und verliert immer. Die wenigen Meter vom Westend zum Tippladen legt er mit dem Auto zurück. Er parkt direkt vor dem Wettgeschäft, im Halteverbot.
    Fery, der Betreiber des Ladens, der dort auch Balkanspezialitäten wie Cevapcici und Grillteller anbietet, merkt sofort, dass er einen besonderen Kunden gewonnen hat. Er räumt Schnitzler Sonderbedingungen ein. »Fery sagte mir, ich müsse nicht immer extra rüberkommen. ›Ruf einfach an, wenn du was tippen willst‹, meinte er. Das habe ich gemacht, und dann ging es Schlag auf Schlag. Da habe ich relativ schnell relativ viel Geld verloren.« Fery und Schnitzler verstehen sich. Beide spielen, beide wetten. Fery weiß, dass ein echter Zocker niemals Feierabend macht. Bei ihm kann Schnitzler auch nachts anrufen.
    Fery selbst fing mit 13 an zu spielen, er habe viel Geld damit verloren, sagt er. Wie viel? Buch habe er nicht geführt, zwischen 50 000 und 100 000 Euro, vermutet der Türke. Er lacht immer wieder, als er davon erzählt. »Zocken ist eigentlich schön«, sagt er.
    Sein Geschäft mit den Wetten und den Balkanspezialitäten
musste Fery 2009 schließen, der Mietvertrag wurde nicht verlängert. Inzwischen ist er Ende 30 und möchte bald wieder in der Gastronomie Geld verdienen.

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