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Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Titel: Renner & Kersting 01 - Mordsliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schroeder
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zu werben – wie oft haben wir schon Verteiler von allen möglichen Prospekten vom Schulhof verjagt – oder er braucht dringend Bargeld. Möglichkeiten gibt es genug. Nein, Angela, du darfst nicht nachgeben, unter keinen Umständen.”
    „Für dich ist alles einfach, wie? Soll ich etwa öffentlich zugeben, dass ich ’ne Geliebte habe? Denk nur mal an das Getratsche der Kollegen und Eltern. Nein, danke!” Ungeduldig ob soviel Unverständnis war Angela lauter geworden. Hastig blickte sie sich um, ob jemand zugehört hatte. Doch dafür war der Geräuschpegel zu hoch. Nach einer kurzen Pause fügte sie beißend hinzu: „Tut mir Leid, aber vertrauen kann ich keinem mehr.”
    Helga musterte die Kollegin, deren Gesicht tiefe Hoffnungslosigkeit ausdrückte. Sie wusste, dass nichts sagende Mitleidsbekundungen ebenso fehl am Platze waren wie die Versicherung, niemandem etwas zu verraten. Angestrengt suchte sie nach einer Lösung. Düster fragte Angela: „Kannst du dir Raesfelds ironische Kommentare vorstellen? Oder die alte Schnoor, die den Begriff ›Lesbe‹ ganz sicher nicht in ihr Vokabular aufgenommen hat? Ich kann es sehr gut und werde bestimmt nicht das Risiko eingehen, meinen Job zu verlieren. Ich bin noch nicht verbeamtet und kann mir keinen Skandal leisten.”
    „Blödsinn! Du siehst Probleme, wo keine sind. Homosexualität ist kein Strafdelikt. Gleichgeschlechtliche Paare werden nicht nur akzeptiert, sie werden sogar Ehepaaren gleichgestellt. Berlin hat einen schwulen Bürgermeister. Dir kann überhaupt nichts passieren.”
    „Das glaubst du. Ich gehöre zu einer Minderheit und muss mit den Vorurteilen meiner Umgebung leben. Gesetze bewirken wenig, solange sie nicht in den Herzen der Menschen verankert sind.”
    „Trotzdem muss es eine andere Möglichkeit geben. Wenn du Müllers Filius gute Zensuren für schwache Leistungen schenkst, hast du für immer verloren. Jedes Kind in der Klasse weiß, wie wenig Jörg leistet. Sie werden reden. Und die anderen Eltern werden sich Gedanken machen. Nein, nachgeben ist falsch, absolut falsch.” Während sie nachdachte, legte ihre Stirn sich in Falten. „Was genau ist auf den Fotos zu sehen?”
    „Na ja, es war im letzten Herbst, als es noch warm war. Judy und ich saßen draußen auf der Terrasse – wir besitzen eine große Wohnung im Erdgeschoss – und da …”
    „Was war da? Nun lass dir nicht die Würmer aus der Nase ziehen. Einmal musst du es doch sagen, warum nicht jetzt und hier? Vielleicht finden wir gemeinsam eine Lösung.”
    „Meinst du, mir fällt es leicht, plötzlich mein ganz privates Leben hier auszubreiten? Du bist eine gute Kollegin, aber …”
    „Aber es gibt keine Freundschaft zwischen uns, ich weiß.” Die Steinhofer hob überrascht den Kopf. Dass diese elegante, selbstsichere Person so mitfühlend sein konnte, hätte sie nicht erwartet. Helga hielt stets Distanz. Ebenso wie sie, Angela, hatte auch Helga in der Schule selten über private Dinge geredet, und da sie unterschiedliche Jahrgänge unterrichteten, gab es wenig Berührungspunkte zwischen ihnen. Dessen ungeachtet bot die Kollegin nun ihre Unterstützung an, und Angela spürte, dass, auch wenn es anfangs vermutlich reine Neugier gewesen war, jetzt doch der Wunsch zu helfen dominierte.
    Angela wuchsen ihre Probleme über den Kopf, sie musste jemandem vertrauen. Warum nicht Helga? Auch wenn der Kollegin kein rettender Rat einfiel, konnte sie helfen, Klarheit zu gewinnen. Seit Tagen herrschte in ihrem Kopf ein einziges Durcheinander. Jedes Mal wenn sie glaubte, einen Gedanken erfasst zu haben, entglitt er ihr, und sie fühlte sich hilflos wie zuvor. Natürlich bedeutete Nachgeben keine Lösung, zumindest keine dauerhafte. Es gab keine Garantie, dass Müller schweigen und sie nicht mehr belästigen würde. „Also auf den Bildern ist zu sehen, wie wir uns umarmen.”
    „Mehr nicht?” Helga lachte.
    „Es ist schon zu erkennen, dass es eine etwas innigere Umarmung ist als üblich.”
    „Kein eindeutiger Kuss?”
    „Wir waren auf der Terrasse, und auch wenn die Büsche ziemlich dicht sind, sind wir draußen im Allgemeinen vorsichtig.”
    „Wie ist Müller denn an die Bilder gekommen?”
    „Zufall – sagt er. Er hatte seine Kamera dabei und uns angeblich rein zufällig gesehen.”
    „Glaube ich nicht! Wer geht schon, außer im Urlaub, mit der Kamera spazieren und fotografiert? Entweder hatte er bereits einen Verdacht, oder er ist ein ekelhafter Voyeur.”
    „Ich vermute Letzteres.

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