Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Titel: Renner & Kersting 01 - Mordsliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schroeder
Vom Netzwerk:
zitterte ein wenig, ob vor unterdrückter Wut oder aus Kummer, wagte Kersting noch nicht zu entscheiden. Wieder einmal stellte er fest, welch ungewöhnlich schöne Frau sie war. Das Make-up betonte ihre dunklen Augen und verlieh ihrem Gesicht eine exotische Note. Dazu kam die lange, schwarze Mähne, die sie heute mit einem roten Band gebändigt hatte. Wenn sie die Hände bewegte, klimperten bunte Reifen an beiden Armen. Nur widerwillig gab sie den Weg in ihre Wohnung frei.
    „Bitte, wir haben noch keinen Verdächtigen, alles, was Sie uns sagen, könnte uns weiterhelfen und sei es nur, um bestimmte Personen auszuschließen.” Kersting beugte sich vor. Er sprach leise, fast beschwörend. „Wir können sehr diskret sein, wenn es sein muss.”
    „Da hilft keine Diskretion.” Mit einem bitteren Auflachen fuhr sie fort: „Eddi wird sofort erfahren, dass ich geredet habe.“
    „Eddi?”
    Sie rauchte mit kurzen, hastigen Zügen. Dann, wie um einen Entschluss zu bekräftigen, stieß sie die Kippe ruckartig in den gläsernen Ascher, der in der Mitte des runden Tisches stand. Die hellen Möbel gaben dem Raum eine freundliche Note. Ein gerahmtes Foto von Sandra stand einsam in den offenen Fächern des Schrankes, auf einem Sessel lagen ein paar Zeitschriften.
    „Also gut, wenn es hilft, Sandras Mörder zu finden, werde ich Ihnen sagen, was ich weiß. Eduard Lembert ist nicht nur mein Geliebter, er ist auch mein Boss.”
    Kersting schluckte. Das erklärte einiges. Natürlich kannte er Eddi Lembert. Welcher Polizist kannte den Zuhälter nicht? Neuerdings hieß es, er wolle bürgerlich werden und habe eine frühere Kneipe in ein Spitzenrestaurant umgewandelt. Aber noch gab er den King der hiesigen Halbwelt, mit dem nicht zu spaßen war. Dass die Linners Angst hatte, ihn in polizeiliche Ermittlungen zu verwickeln, konnte er gut nachvollziehen.
    „Wie kamen Sie dazu?”
    „Für ihn die Beine breit zu machen, meinen Sie das? Was glauben Sie wohl?” Spöttisch blickte sie ihn an. Ihre Augen glitzerten plötzlich hart und kalt wie Eis. „Ich bin eine allein erziehende Mutter, was bedeutet, dass ich für viele Männer Freiwild bin. Jeder glaubt, mich herumschubsen zu können.” Sie klang bitter und resigniert. „Sandras Vater hat sich rechtzeitig aus dem Staub gemacht. Das bisschen Hilfe vom Staat reicht kaum für die Miete, und vernünftige Arbeit, die auch entsprechend bezahlt wird, gibt es nicht.” Sie klang trotzig, als erwarte sie Widerspruch. Doch Kersting hütete sich, mit einem der üblichen Klischees aufzuwarten. Er blieb ruhig, bis sie angriffslustig fortfuhr: „Lieber arbeite ich für Eddi als Hure …
Der hat mich wenigstens fair behandelt. Ich bekam meinen Anteil, durfte auch Typen ablehnen. Glauben Sie mir, bei Eddi geht’s mir besser als in den Fabriken, wo ich mich auch flachlegen lassen musste und als Belohnung gerade mal meinen Job behalten durfte, der stressig genug war und obendrein beschissen bezahlt wurde.” Sie griff erneut nach ihren Zigaretten, zündete sich mit zitternden Händen eine an. Kersting erkannte, dass sie längst nicht so kaltschnäuzig war, wie sie sich jetzt gab.
    „Anfangs verhielt ich mich sehr vorsichtig, damit niemand im Hause mitbekam, wie ich mein Geld verdiente. Eddi durfte sich hier nicht blicken lassen – und Kunden erst recht nicht. Ich weiß, wie viel hier geredet wird und hatte Angst, dass vielleicht die Lehrer etwas erfuhren und Sandra benachteiligen würden, so prüde und verständnislos, wie die an der Schule sind. Was wissen Lehrer schon vom Leben und seinen Problemen? Die mit ihrem sicheren Job und regelmäßigem Gehalt. Ich wollte nur das Beste für Sandra. Sie sollte nicht darunter leiden müssen, dass dieser Scheißkerl von Erzeuger abgehauen ist und ich nicht genug für uns beide verdienen konnte, auf saubere Art verdienen konnte, Sie verstehen schon.” Sie stand auf, ging zum Fenster und schaute hinaus, ohne etwas zu sehen.
    „Ich liebte meine Tochter und habe für sie getan, was ich konnte. Diese Lehrerin, die mir dauernd Vorhaltungen machte, ich solle mich mehr um die Hausaufgaben kümmern und mit Sandra üben, die hatte doch keine Ahnung. Die hat noch nie ihr Geld zählen müssen, um auszurechnen, ob eine Portion Pommes drin ist, die hat mit Sicherheit auch noch nie auf ein schickes Essen verzichten müssen, um für eine Bluse zu sparen. Begriffe wie ›Arbeitslosigkeit‹ oder ›Sozialhilfe‹ kennt sie, wenn überhaupt, nur vom Hörensagen. Keine

Weitere Kostenlose Bücher