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Renner & Kersting 03 - Mordsgier

Renner & Kersting 03 - Mordsgier

Titel: Renner & Kersting 03 - Mordsgier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schroeder
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gleichen Weg zurück, parkte ein Stück vom Haus seiner Eltern entfernt, bedeckte die Pakete mit einer alten Plane, schnappte sich eine abgewetzte Schultasche und betrat das Haus. Ali hockte mit offenem Mund in ihrem Auto, und es dauerte lange, bis sie sich von ihrer Verblüffung soweit erholt hatte, dass sie heimfahren konnte.
     
    In der großen Pause ging Helga wieder hoch ins Lehrerzimmer. Elli hatte die Aufsicht übernommen, und Brigitte blieb lieber in ihrem Klassenraum. Sie glaubte, dort besser entspannen zu können als bei der Lautstärke, die während der Pausen bei den Kollegen herrschte. Außerdem wollte sie sich weder dem Zigarettenrauch noch etwaigen dummen Bemerkungen aussetzen. Einerseits war Helga froh darüber, Brigitte hätte sich über ihre Interessen sicher gewundert, andererseits hätte sie schon gern jemanden gehabt, der ihr im Notfall den Rücken stärkte. Wie erhofft, saß Thode wieder mit der Meeren in einer Ecke, dieses Mal war auch Frau Olp dabei und eine unbekannte, etwas füllige Kollegin, wie an den Kreidespuren auf dem Rücken unschwer zu erkennen war. Offensichtlich hatte sie an der Tafel gelehnt. »Darf ich?« Ungeniert zog Helga sich einen freien Stuhl heran. Glücklicherweise gab es keine festen Sitzplätze. Sie erinnerte sich an ihre erste Konferenz in der Grundschule. Auf ihre Frage hatte sie stets die gleiche Antwort erhalten, eine feste Sitzordnung existiere nicht. Aber als sie dann Platz genommen hatte, hatte die alte Schnoor doch auf ihrem Stuhl bestanden, und sie, Helga, hatte sich eine Sitzgelegenheit aus dem Sekretariat organisieren müssen.
    »Haben Sie Ihre Deutschlandkarte bekommen?«, fragte die Olp uninteressiert.
    »Nein, noch nicht. Aber ich brauche sie auch erst nächste Woche. Hier muss man alles sehr genau vorausplanen, habe ich gelernt.« Und dann zu Thode: »Meine Kopie kriegte ich natürlich auch nicht, ich musste zurück in meine Klasse. Die Kleinen kann man nicht lange allein lassen. Da haben Sie schon etwas mehr Freiheit hier.«
    Erst als die Meeren ihn neugierig anschaute, bequemte Thode sich zu einer Erklärung: »Wir haben uns auf dem Flur getroffen. Frau Renner suchte den Kopierer.« Sein Kopf nahm eine leicht rötliche Färbung an.
    »Und Herr Thode brauchte Papier für seine Schüler«, ergänzte Helga, die wissen wollte, warum es ihm augenscheinlich unangenehm war, darüber zu reden.
    »Nur ein paar Blatt, Daniel und Thomas hatten mal wieder ihre Hefte vergessen.«
    Die Olp schaute überrascht auf. »Also bei mir müssen die Schlafmützen selber sehen, dass sie sich von ihren Mitschülern ein Blatt leihen. Ich laufe doch nicht während der Stunde zum Kopierraum und hole Papier für sie.« Offensichtlich war es hier nicht üblich, für Kinder Schreibpapier bereitzuhalten. In der Grundschule sah das anders aus. Normalerweise hatte Helga immer liniertes Papier vorrätig. Besonders wenn Klassenarbeiten geschrieben wurden, konnte sie davon ausgehen, dass ein Viertel der Schüler weder Schreib-noch Rechenheft dabei hatte. Sie trank einen Schluck ihres Cappuccinos. »In der nächsten Pause muss ich wieder Aufsicht führen, da genieße ich jede freie Minute doppelt. Sie habe ich diese Woche ja noch gar nicht draußen gesehen, Herr Thode, hat Ihr Aufsichtsplan sich geändert?«
    Er warf ihr einen wütenden Blick zu. »Nein, ich war früher häufiger draußen, um zu rauchen. Aber jetzt will ich es mir abgewöhnen. Die Preise kann ja keiner mehr bezahlen, und gesund ist es auch nicht. Außerdem meckert meine Frau, weil es überall nach Rauch stinkt. Deshalb habe ich beschlossen, damit aufzuhören.«
    Helga konnte sich nicht erinnern, ihn draußen mit Zigarette gesehen zu haben.
    »Ist der neue Plan endlich fertig?«, fragte die Olp. »Jetzt, da Wohlfang ausfällt, brauchen wir Ersatz.«
    Helga glaubte, so etwas wie Erleichterung in Thodes Augen zu lesen. Er holte ein wenig zu tief Luft, und einen kurzen Moment, als er völlig entspannt war, wirkte er sogar attraktiv. Sollte er tatsächlich für Wohlfang Aufsichten geführt haben? Wenn sie doch bloß genau wüsste, wann sie ihn draußen gesehen hatte. Aber damals hatte sie natürlich nicht darauf geachtet. Sie hatte sich nur über ihre eigenen Pflichten geärgert und mit Brigitte und Elli gequatscht, wenn die sich ebenfalls draußen aufhielten. Falls es sich um eine so harmlose Sache, wie zusätzliche Aufsichten handelte, konnte Wohlfang eigentlich nichts Gravierendes in der Hand gehabt haben. Andererseits

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