Replay - Das zweite Spiel
nicht vermehren, sondern lediglich dazu beitragen, einige der klar umrissenen Unglücke zu vermeiden.«
»Ich weiß nicht - im Ministerium gibt es immer noch eine Reihe ungläubiger Thomasse, und wenn alles, was Sie anzubieten haben, ausweichende Gemeinplätze sind…«
»Kossygin und Chou En Lai. Sie werden sich nächste Woche in Peking treffen, und Anfang nächsten Monats werden die Sowjetunion und China Übereinkommen, formelle Gespräche über ihre Grenzstreitigkeiten aufzunehmen.«
Hedges runzelte ungläubig die Stirn. »Kossygin würde China niemals besuchen.«
»Er wird«, bekräftigte Jeff mit festem Lächeln. »Und Richard Nixon ebenfalls.«
Der Märzwind von der Chesapeake Bay verwirbelte den Nieselregen zu einem feinen, kühlen Nebel, fing die vereinzelten Tropfen im Fall auf und fegte sie in diese und jene Richtung, in den atmosphärischen Mikrokosmos der schaumgekrönten Wellen, die sich in der Bucht brachen. Jeffs Regenmantel mit Kapuze glitzerte schwarz in der allgegenwärtigen Nässe, während ihm der kalte, klare Nieselregen belebend ins Gesicht peitschte.
»Was ist mit Allende?«, fragte Hedges, der erfolglos eine durchweichte Camel anzuzünden versuchte. »Hat er eine Chance?«
»Sie meinen, trotz der Wühlarbeit, die Ihre Leute in der chilenischen Politik leisten?« Es war Jeff und Pamela seit langem klar, dass Russell Hedges nur äußerst dürftige Verbindungen zum State Department hatte. Ob nun die CIA, die NSA oder eine ganz andere Behörde dahintersteckte, wussten sie nicht. Es kam auch nicht darauf an; im Endeffekt lief es auf dasselbe hinaus.
Hedges setzte ein vieldeutiges Beinahelächeln auf, als er es schaffte, die Zigarette in Brand zu setzen. »Sie brauchen mir nicht zu sagen, ob er tatsächlich gewählt wird oder nicht. Bloß ob er eine reelle Chance hat.«
»Und falls ja, was dann? Ergeht es ihm dann so wie Ghaddafi?«
»Unser Land hat mit der Ermordung Ghaddafis nichts zu tun - ich habe Ihnen das immer und immer wieder gesagt. Das war eine rein interne Angelegenheit Libyens. Sie wissen doch, wie es bei diesen Dritte-Welt-Machtkämpfen zugeht.«
Es hatte keinen Sinn, mit dem Mann darüber zu diskutieren; Jeff wusste verdammt gut, dass Ghaddafi noch vor Amtsantritt nur deshalb getötet worden war, weil er und Pamela Hedges über die zukünftige Politik des Diktators und seine Taten berichtet hatten. Nicht dass Jeff den Tod des blutrünstigen Irren sonderlich bedauert hätte, doch die Annahme, die CIA stehe mit dem Mord in Verbindung, war weit verbreitet, und die wohlbegründeten Gerüchte hatten zur Bildung einer früher nicht existierenden terroristischen Vereinigung namens ›Gruppe November‹ geführt, die von Ghaddafis jüngerem Bruder angeführt wurde. Die Gruppe hatte im Namen ihres ermordeten Anführers lebenslange Rache geschworen, und nachdem sie eine Förderanlage der Mobil Oil in die Luft gejagt und dabei elf Amerikaner und dreiundzwanzig Libyer getötet hatte, tobte in der Wüste südlich von Tripolis ein heftiger, außer Kontrolle geratener Ölbrand.
Salvadore Allende war kein Ghaddafi, er war ein anständiger, wohlmeinender Mann, der erste frei gewählte marxistische Präsident der Geschichte. Er würde auf jeden Fall zu früh sterben, und das vermutlich auf Veranlassung der USA. Jeff hatte nicht die Absicht, das Nahen dieses beschämenden Tages zu beschleunigen.
»Zu Allende habe ich nichts zu sagen, weder in dieser noch in jener Hinsicht. Er bedeutet keine Bedrohung für die Vereinigten Staaten. Lassen wir’s einfach dabei bewenden.«
Hedges zog an der durchnässten Zigarette, aber sie war wieder ausgegangen, und das feuchte Papier begann aufzureißen. Voller Abscheu schleuderte er sie vom Kai ins aufgewühlte Wasser. »Sie hatten keine Bedenken, uns zu sagen, dass Heath diesen Sommer in England zum Premierminister gewählt werden wird.«
Jeff warf ihm einen boshaften Blick zu. »Vielleicht wollte ich ja nur sicherstellen, dass Sie nicht beschließen, Harold Wilson erschießen zu lassen.«
»Herrgott noch mal«, fauchte Hedges, »wer hat Sie zum Sittenwächter über die amerikanische Außenpolitik bestellt? Es ist Ihr Job, uns mit Vorabinformationen zu versorgen, Punkt. Lassen Sie die verantwortlichen Leute entscheiden, was wichtig ist und was nicht und wie sie damit umgehen.«
»Ich habe die Resultate einiger dieser Entscheidungen bereits gesehen«, sagte Jeff. »Ich ziehe es vor, bei dem, was ich preisgebe, zu selektieren. Außerdem«, fügte er
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