Replay - Das zweite Spiel
Science-Fiction-Geschichte. Jeff war hier, in dieser noch unzerstörten Welt von 1963, mit der größten Tragödie dieser Ära vor seinen nur allzu wissenden Augen. Sollte er intervenieren, und wäre es ratsam? Er hatte ja bereits damit begonnen, größere Veränderungen in den ökonomischen Realitäten der Zeit vorzunehmen, schon durch die Gründung der Future Inc., und bislang hatte das Raum-Zeit-Kontinuum noch keine Anzeichen von Überbeanspruchung gezeigt.
Bestimmt, dachte er, gab es noch eine andere Möglichkeit, als sich dem Killer in dem Zimmer im sechsten Stock des Schulbuchdepots von Dallas am 22. November leibhaftig entgegenzustellen. Ein Anruf beim FBI, ein Brief an den Secret Service? Aber dort würde man seine Warnungen natürlich nicht ernst nehmen, und wenn es doch jemand täte, würde er vermutlich unter dem Verdacht der Verschwörung festgenommen werden.
Er schenkte sich an der Bar auf der Veranda einen Drink ein und überdachte das Problem. Jeder, mit dem er darüber sprach, würde ihn als Verrückten abtun; das hieß, solange, bis die Wagenkolonne des Präsidenten am Dealey Plaza vorbeigekommen wäre und den Tatort erreicht und passiert hätte. Dann würde der Teufel los sein, und es wäre zu spät, noch etwas zum Besseren zu wenden.
Was also sollte er tun, einfach dasitzen und Zusehen, wie der Mord passierte? Zulassen, dass sich die Geschichte brutal wiederholte, nur weil er Angst hatte, als verrückt abgestempelt zu werden?
Jeff blickte sich in dem geschmackvoll eingerichteten Haus um, das jedem Haus, das zu bewohnen er oder Linda sich jemals erhofft hatten, weit überlegen war. Er hatte nur sechs Monate gebraucht, um all das zu erwerben, und das fast ohne jede Anstrengung. Und jetzt konnte er ein Leben lang fortfahren, seinen Komfort und seinen Reichtum dank seines Wissens grenzenlos zu erweitern. Doch diese Errungenschaften würden ihm für immer im Magen liegen, wenn er darin versagte, seinem Wissen gemäß zu handeln. Etwas, irgendetwas musste geschehen.
Am 15. flog er nach Texas und ging zur ersten Telefonzelle, an der er auf dem Flugplatz vorbeikam. Er blätterte die Telefonbuchseiten mit dem Buchstaben 0 durch, und da war er, eine Eintragung wie jede andere, obwohl sich die Buchstaben in seinen Augen von der Seite abhoben, als wären sie in Flammenschrift geschrieben:
OSWALD, LEE H. 1026 N. BERKELY… 555-4821
Jeff notierte sich die Adresse, dann mietete er bei Avis einen schlichten blauen Plymouth. Das Mädchen am Schalter beschrieb ihm den Weg.
Sechsmal fuhr er an dem weißen Holzhaus vorbei. Er stellte sich vor, wie er zur Tür ging, den Klingelknopf drückte und mit der leise sprechenden jungen Russin Marina redete, die öffnen würde. Was würde er ihr sagen? ›Ihr Mann hat vor, den Präsidenten zu ermorden. Sie müssen ihn aufhalten !‹ Was, wenn der Mörder selbst an die Tür käme? Was würde er dann tun?
Jeff fuhr erneut langsam an dem unauffälligen kleinen Haus vorbei, mit den Gedanken bei dem Mann, der darin wohnte, der wartete und sich anschickte, die Selbstzufriedenheit der Welt zu erschüttern.
Er verließ die Gegend, ohne anzuhalten. In einem K-Mart in Fort Worth kaufte er eine tragbare Schreibmaschine, etwas Papier und ein Paar Handschuhe. Wieder in seinem anonymen Holiday Inn am East Airport Expressway angelangt, zog er die Handschuhe an, packte das Papier aus und entwarf einen Brief, den zu schreiben ihm Übelkeit verursachte.
Präsident John F. Kennedy
Weißes Haus 1600
Pennsylvania Avenue Washington, DC
Mister President,
Sie haben den Vorsitzenden Fidel Castro und das befreite kubanische Volk angegriffen.
Sie sind der Unterdrücker, der Feind der freien Menschen in Lateinamerika und auf der ganzen Welt.
Wenn Sie nach Dallas kommen, werde ich Sie töten.
Ich werde Ihnen mit einem Schnellfeuergewehr in den Kopf schießen, und mit Ihrem vergossenen Blut wird für die Freiheitskämpfer der westlichen Welt das Wort GERECHTIGKEIT geschrieben werden.
Das ist keine leere Drohung. Ich bin gut bewaffnet und bereit, notfalls zu sterben.
Ich werde Sie ermorden.
VENCEREMOS!
Lee Harvey Oswald
Er fügte Oswalds Anschrift hinzu, fuhr wieder quer durch die Stadt und steckte den Brief zwei Blocks von dem nichts sagenden Holzhaus entfernt in einen Briefkasten. Eine Stunde später und vierzig Meilen südöstlich von Dallas begann er unter den Handschuhen zu schwitzen. Das sich zusammenziehende Leder machte seine Hände taub, als er die Schreibmaschine
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