Replay - Das zweite Spiel
dann auf dem New England Thruway durch New Rochelle fuhr, kamen ihm Bilder einer Pamela in den Sinn, die er nie gekannt hatte: In ihrem ersten Leben hatte sie hier gelebt, eine Familie großgezogen… war hier gestorben, in der Annahme, ihr Leben sei zu Ende, ohne sich der Tatsache bewusst zu sein, dass ihre vielen Leben gerade erst begonnen hatten.
Wie war sie wohl dieses Mal gestorben, fragte er sich, dort auf Mallorca? Friedlicher, hoffte er, mit größerem Einverständnis als er in seiner Hütte nahe dem Montgomery Creek, mit dem Wissen, dass sie diesmal zueinander zurückkehren konnten. Doch er wollte bei dem Gedanken an ihre Agonie nicht verweilen, ganz gleich, wie kurz sie auch gewesen sein mochte. Das lag nun hinter ihnen - vor ihnen lag eine unbegrenzte gemeinsame Zukunft, auf die er sich freute.
Als Jeff Westport erreichte, färbte gerade das erste Tageslicht den Himmel im Osten. An einer Shell-Tankstelle schlug er die Adresse von Pamelas Familie im Telefonbuch nach. Es war viel zu früh am Morgen, als dass er sie schon zu Hause hätte besuchen können. Er fand einen Vierundzwanzig-Stunden-Coffeeshop und zwang sich, die New York Times von der ersten bis zur letzten Seite durchzulesen, um die Zeit totzuschlagen. Die Lage in Savannah war noch immer angespannt; Ralph Ginzburg, der Herausgeber des Eros-Magazins, legte Berufung gegen seine Verurteilung wegen Obszönität ein; und der Streit um den jüngsten Spruch des Supreme Court gegen das obligatorische Schulgebet wurde heftiger.
Jeff sah auf die Uhr: 7 Uhr 25. Wäre 8 Uhr zu früh? Die Familie müsste dann bereits auf sein, wäre vielleicht gerade beim Frühstück. Sollte er sie stören, wenn sie beim Essen war? Welchen Unterschied machte es schon, dachte er. Pamela würde ihn als einen Freund vorstellen, und sie würde ihn bitten, sich ihnen anzuschließen. Er trödelte über dem Kaffee nervös bis zwanzig vor acht herum, dann fragte er den Kassierer des Coffeeshops nach dem Weg zu der Adresse, die er sich notiert hatte.
Das Haus der Phillips’ war ein zweistöckiges Gebäude im Neokolonialstil, das in einer schattigen Straße lag. Nichts, was es von tausend anderen Häusern in tausend anderen Städten im ganzen Land unterschieden hätte - Jeff allein wusste von dem rätselhaften Geschehen, das sich dort zugetragen hatte.
Er betätigte die Klingel und stopfte sich das T-Shirt in die Jeans. Plötzlich fiel ihm ein, dass er sich hätte umziehen sollen, zumindest hätte er eine Toilette aufsuchen und sich rasieren sollen …
»Ja?«
Die Frau wies eine verblüffende Ähnlichkeit mit Pamela auf. Nur die Frisur war anders, eine gemäßigte Hochfrisur anstelle des glatten Pagenschnitts, den Jeff so lieb gewonnen hatte. Sie war ungefähr so alt wie Pamela, als er sie zum letzten Mal gesehen hatte, und der Eindruck war beunruhigend.
»Ist… äh … Pamela zu Hause, Ma’am?«
Die Frau runzelte die Stirn und schürzte ein wenig die Lippen, mit dem gleichen Ausdruck milder Bestürzung, den Jeff so häufig auf Pamelas Gesicht gesehen hatte. »Sie ist noch nicht auf. Sind Sie ein Schulfreund von ihr?«
»Nicht gerade ein Schulfreund, aber ich …«
»Wer ist das, Beth?«, ließ sich die Stimme eines Mannes im Innern des Hauses vernehmen. »Ist es der Mann für die Klimaanlage?«
»Nein, Liebling, das ist ein Freund von Pam.«
Jeff trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »Es tut mir Leid, dass ich Sie so früh am Morgen störe, aber es ist wirklich wichtig, dass ich mit Pamela spreche.«
»Ich weiß nicht einmal, ob sie schon wach ist.«
»Wenn ich hereinkommen und warten könnte. Ich möchte Ihnen keine Ungelegenheiten bereiten, aber …«
»Nun, warum kommen Sie nicht rein und setzen sich.«
Jeff trat in die kleine Diele und folgte ihr in ein gemütlich eingerichtetes Wohnzimmer, in dem ein Mann in einem grauen Nadelstreifenanzug vor einem Spiegel stand und sich die Krawatte band.
»Wenn dieser Kerl heute Morgen auftaucht«, sagte der Mann gerade, »sag ihm, der Thermostat …« Er brach ab, als er Jeff im Spiegel erblickte. »Sie sind ein Freund von Pam?«, fragte er, sich zu Jeff umwendend.
»Ja, Sir.«
»Werden Sie von ihr erwartet?«
»Ich… glaube, ja.«
»Was meinen Sie damit, Sie ›glauben ja‹? Ist es nicht ein bisschen früh, bei jemandem unangemeldet hereinzuplatzen?«
»David, bitte …«, ermahnte ihn seine Frau.
»Sie erwartet mich«, sagte Jeff.
»Also, das höre ich jetzt zum ersten Mal. Beth, hat Pam gestern Abend
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