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Replay - Das zweite Spiel

Titel: Replay - Das zweite Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Grimwood
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hatte, nie existiert hatten und nie existieren würden.
    Er klammerte sich hartnäckig am Konzept der Zeitstränge fest, über das sie, Jahre zuvor, in New York diskutiert hatten. Irgendwo, da war er sich sicher, gab es einen Wirklichkeitsstrang, in dem ihre künstlerische Hinterlassenschaft fortlebte und das Publikum zukünftiger Generationen bewegen und belehren würde. Vielleicht würde Judys Sohn Sean tatsächlich herausbekommen, wie die beiden intelligenten Spezies, die der irdischen Meere und seiner Kontinente, miteinander kommunizieren konnten; und wenn er es schaffte, würde dieses große Geschenk geteilter planetarischer Weisheit seinen unmittelbaren Ursprung in Pamelas Vision haben.
    Es war eine Hoffnung, die zu hegen, ein Traum, den hochzuhalten sich lohnte; jetzt aber mussten sie sich auf neue Hoffnungen konzentrieren, auf neue Träume, auf ein anderes, noch ungelebtes Leben.
    Jeff griff in seine Jackentasche und holte das kleine flache Päckchen heraus, das sie ihm überreicht hatte, als er an Bord ging. Er entfernte behutsam die Papierumhüllung, und als er sah, was sie ihm geschenkt hatte, schnürte sich ihm vor Rührung die Kehle zusammen.
    Es war ein Bild, eine präzise ausgeführte Miniatur des Mount Shasta, so wie er sich vom Hügel auf seinem Grundstück aus darstellte; und im wolkenlosen Himmel über dem Berg flogen übermütig zwei Personen mit leuchtend gefiederten Schwingen: Jeff und Pamela, wie zum Leben erwachte mythologische Gestalten, in einem ewigen Flug in eine gemeinsame Zukunft begriffen, die noch nicht von Realität oder Mythos umfangen war.
    Er betrachtete das winzige Kunst- und Liebeswerk eine Weile, dann wickelte er es wieder ein und steckte es in die Tasche zurück. Er schloss die Augen, horchte auf die Bewegungen des Bootes, das durch die Wellen der Bucht von La Palma pflügte, und machte es sich auf dem ersten Abschnitt seiner Heimreise zum Sterben bequem.

13
    E in trübes graues Frühmorgenlicht sickerte durch das schräg gestellte Fenster und die blaugrünen Vorhänge. Als Jeff die Augen öffnete, sah er eine schlanke Sealpoint-Siamkatze, die friedlich am Fußende des französischen Betts schlief. Sie hob den Kopf, als er sich bewegte, gähnte einmal, dann gab sie ein ärgerliches und deutlich fragendes »Rorrr?« von sich.
    Jeff setzte sich auf, machte die Nachttischlampe an und musterte den Raum: Stereoanlage und Fernseher an der gegenüberliegenden Wand, flankiert von Regalen voller Flugzeuge und Raketen; ein Bücherschrank an der Wand rechts von ihm; eine kleiderlose Garderobiere unterhalb der Fenster zu seiner Linken. Alles sauber, ordentlich, aufgeräumt.
    Oh, Scheiße, dachte er. Er befand sich im Kinderzimmer seines Elternhauses in Orlando. Etwas war schief gegangen, fürchterlich schief. Warum war er nicht im Wohnheim in Emory? Großer Gott, was wäre, wenn er diesmal als Kind zurückgekehrt war? Er warf die Zudecke ab, blickte an sich hinunter. Nein, er hatte Schamhaare, sogar eine Morgenerektion; und als er sich übers Kinn streifte, spürte er Stoppeln. Wenigstens befand er sich nicht in der Vorpubertät.
    Er sprang aus dem Bett und eilte ins Bad. Die Katze folgte ihm, offenbar weil sie glaubte, es werde bald Frühstück geben. Jeff knipste das Licht an, blickte in den Spiegel: Er sah aus wie immer mit achtzehn. Was, zum Teufel, tat er dann zu Hause?
    Er zog eine verwaschene Jeans und ein T-Shirt an und schlüpfte mit den sockenlosen Füßen in alte Turnschuhe. Auf der Uhr neben dem Bett war es fast Viertel vor sieben.
    Vielleicht war seine Mutter schon auf; sie trank immer gern in Ruhe eine Tasse Kaffee, bevor sie den Tag begann.
    Er streichelte der Katze über den Nacken. Es war natürlich Shah, die in Jeffs erstem Collegejahr überfahren worden war; er würde die Familie bitten müssen, sie im Haus zu behalten. Das königliche Tier stolzierte neben ihm her, als Jeff in die Diele hinunterstieg und durch das Floridazimmer mit dem Terrazzoboden in die Küche ging. Seine Mutter war auf, las den Orlando Sentinel und trank Kaffee.
    »Ach du meine Güte«, sagte sie, die Brauen hebend. »Wieso ist die Nachteule denn schon auf?«
    »Ich konnte nicht schlafen, Mom. Hab heute ’ne Menge zu tun.« Er wollte sie fragen, welcher Tag es war und welches Jahr, traute sich jedoch nicht.
    »Was ist denn so wichtig, dass es dich im Morgengrauen aus dem Bett holt? Ich versuch es schon seit Jahren und hab’s nie geschafft. Da steckt wohl ein Mädchen dahinter, hab ich

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