Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)
mit?“
„Auf jeden Fall! Du siehst doch, ich hab meine Ärmel längst hochgekrempelt.“
„Sehr gut ... Wie bist du drauf gekommen, dass Höpfner, der falsche Mensinger, tot hier am Main rumliegt?“
„Polizeifunk. Ich hielt mich in der Reha über meinen kleinen UKW-Empfänger über alles auf dem Laufenden, besonders in den Nächten, in denen ich keinen Schlaf fand. Und in der letzten Nacht, der ersten wieder zu Hause, konnte ich vor lauter Lampenfieber, weil ich heute endlich wieder in den Dienst zurückkehren durfte, wiederum nicht schlafen.“
Sie fuhren ins Büro und buchten für zwölf Uhr vierzehn zwei Fahrscheine im ICE nach Bremen, wo ihnen, das hatten sie zuvor sichergestellt, ein zuständiger Kollege zur Verfügung stehen würde, auch über den Feierabend hinaus. Es blieb noch genügend Zeit für einen schriftlichen Bericht an den Chef, der an diesem Vormittag nicht im Haus war. Mochte der entscheiden, ob Münchener Kollegen das Alibi dieses Schauspielers überprüfen sollten oder nicht. Dann bereitete Raabe den Kollegen Steiner auf den Zeugen August Hörchler vor.
***
Der Taxifahrer vor Konrads Haus hupte zum dritten Mal, trieb zur Eile an. Beate rief ihm von der Haustür her zu: „Sachte, sachte, es ist noch viel Zeit!“
„Nicht Zeit, B 44 umgestürzte Lkw Straß geblockt. Muss machen Umweg durch Stadt vorbei an Messe bis Autobahn, in Stadt viel Verkehr“, rief er zurück. Koko telefonierte noch mit Raabe. Beate schleppte sein Gepäck zum Taxi, der Fahrer hievte es in den Kofferraum. Endlich kam Koko, küsste sie, stieg ein. Beate winkte dem weißen Mercedes hinterher.
Als sie ins Haus zurückging, lugte die Sonne zur Hälfte hinter dem Dach des Oberlehrers Brandau hervor, gewann schnell an Höhe und präsentierte sich als glutroter Ball. Sie hätte ihr gern noch ein Weilchen zugeschaut, aber ihr Zug nach Wien ging in zwei Stunden. Sie machte sich reisefertig, verzichtete aber auf das Make-up, dazu blieb ihr im Zug reichlich Zeit, fuhr nur flüchtig mit dem Astorstift über ihre Lippen – da klingelte es an der Haustür. Sie sah auf die Uhr. Sechs Uhr einundzwanzig. Wer konnte das sein – um diese Zeit? Sie starrte ihr Spiegelbild an. Es klingelte erneut. Hielt diesmal lange an. Sie eilte in den Flur, nahm den Hörer ab, fragte: „Wer ist da?“
„Taxi. Sie haben ein Taxi zum Airport bestellt.“
„Aber das ist doch schon da gewesen – mein Mann ist damit weg.“
„Na so was! Diese Zicke! Ist neu in der Zentrale und baut dauernd Mist. Entschuldigen Sie bitte.“
„Moment – wenn Sie in einer halben Stunde wiederkommen wollen, können Sie mich zum Bahnhof fahren.“
„Prima. Ich warte und leihe mir so lang Ihre Zeitung hier aus dem Ofenrohr aus.“
Beate atmete auf. Sie hatte sich tatsächlich einen Moment lang gefürchtet. Vor nicht langer Zeit hatten sich Einbrecher Zugang zum übernächsten Haus mit einer Ausrede verschafft, die Besitzer, ein älteres Ehepaar, gefesselt und geknebelt im Keller deponiert und alle Wertgegenstände aus dem Haus abtransportiert. Die Frau hatte überlebt, der Mann war an dem Knebel erstickt, weil er erkältet und seine Nase verschleimt war.
Beate stellte das Wasser ab, machte noch einen Rundgang durchs Haus, schulterte ihre Reisetasche, verschloss die Haustür mit Starkstellung der Alarmanlage und ließ sich zum Hauptbahnhof chauffieren. Ihr Zug stand schon bereit – auf Gleis 14.
Sie lehnte sich entspannt in die reservierten Polster.
***
Hans Rehbein erreichte die Neuigkeit um Mensinger beim Frühstück. Den Fall konnte er abhaken. Er nahm es mit Erleichterung auf, hatte er doch ohnehin genug um die Ohren. Der sich Mensinger genannt hatte, hieß also Höpfner, und um Höpfner kümmerte sich Hauptkommissar Raabe, denn Höpfner war tot – ermordet. Und weil dieser Ermordete es war, der offenbar den echten Mensinger entführt hatte, erweiterte sich Raabes Kompetenz entsprechend. Darüber wird Koko sich freuen, überlegte Hans, und mit Zuversicht nach Moskau fliegen.
Um halb zehn traf er vor der „Hellas-Olympis“ mit einer jungen Dame zusammen, die dabei war, die Tür aufzuschließen. Sie war hübsch und zudem auch noch freundlich. Auch noch, als ihr klar wurde, dass sie keinen potenziellen Kunden vor sich hatte. Er zeigte ihr seinen Ausweis und das Bild von der Schwarz und fragte, ob ihr das Gesicht bekannt vorkäme.
„Aber ja! Die unglückliche Schönheit platzte unlängst hier herein, zitterte, weinte und verlangte
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