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Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Titel: Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Reuther
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werden konnte. Es fehlten auch Beweise für die Behauptung eines anonymen Anrufers bei der Polizei, dass es sich bei diesem Eising um Höpfner gehandelt habe. Im Revier und in unserem Dezernat hat darüber alles gelacht.
    Einige Wochen später tauchte der echte Erbe des Alois Herlitz aus Argentinien auf, um seinen Onkel zu besuchen. Niemand hatte ihn über dessen Tod informiert. Er deckte den Erbschaftsschwindel auf. Es dauerte zwei Jahre, ehe die Spur des vorgeblichen Fritz Herlitz zu Höpfner führte und ein weiteres, bis er überführt werden konnte. Doch in Polizeigewahrsam kam er nicht, er hatte sich in letzter Sekunde – vermutlich unter wiederum neuer Identität – ins Ausland abgesetzt. Jedenfalls blieb die Suche nach ihm bis heute erfolglos. Und nun ist er tot. Gestorben als Mensinger, unglaublich!“
    „Hatte er Familie?“
    „Wenn Sie an Frau und Kinder denken: nein. Er lebte mit einem Mann zusammen und die beiden hatten Hund und Katze.“
    „Wohnt dieser Mann hier in Bremen?“
    „Eine Zeit nach Höpfners Verschwinden ganz bestimmt noch, die Wohnung in der Pension ‚Seemannsklause‘ wurde noch wochenlang observiert für den Fall, dass Höpfner dort irgendwann aufgetaucht wäre. Ob auch jetzt noch ...“, er hob und senkte die Schultern, „keine Ahnung. Da müsste ich beim Einwohnermeldeamt nachfragen.“
    „Danke – wir kümmern uns selbst darum, wenn Sie uns Namen seines Partners und die Adresse der Pension …“
    „Holger Sehring. Die ‚Seemannsklause‘ ist gegenüber dem Bremer Roland, Am Schoppensteel 3, steht alles hier drin.“ Er beklopfte den Ordner, den er immer noch nicht herausrückte.
    Raabes Stirn runzelte sich. Sehring. Kein alltäglicher Name, und doch war der ihm schon untergekommen. Endlich reichte Hilmer den Ordner mit den Kopien über den Tisch. Müller blätterte die Akte durch und fragte nach Höpfners damaligem Kollegen bei der Polizei.
    „Martin Eckert. Frühpensionär, kann kaum noch sehen. Wohnt in der Weirichstraße 210, ist meistens zu Hause.“
    „Dann wollen wir mal“, sagten Raabe und Müller gleichzeitig wie auf Verabredung und verabschiedeten sich. Ihr Weg zur „Seemannsklause“ führte tatsächlich durch die „Schnoor“. Sie überflogen kurz die Akte, bevor sie ausstiegen und die Pension betraten. Und jetzt fiel es Raabe ein, woher ihm der Name Sehring geläufig war.
    Zu ihrer Enttäuschung war Holger Sehring längst ausgezogen. „Vor gut einem Jahr“, sagte Frau Löblich, die Wirtin der „Seemannsklause“, eine stattliche Dame mit einer schwarz-weißen Katze auf dem Arm, „nach Sulzbach im Taunus. Der Ortsname ist mir geläufig, weil meine Nichte dorthin geheiratet hat. Den Hund hat er mitgenommen, der Schwulibert, und Katinka einfach zurückgelassen.“ Sie drückte das Kätzchen an ihren üppigen Busen und kraulte es am Kinn, „aber bei mir gefällt es ihr sowieso besser.“
    „Das glaube ich gern, passen Sie weiterhin gut auf Katinka auf. Vielen Dank, Frau Löblich, Sie haben uns sehr geholfen. Auf Wiedersehen.“
    Solch stereotypen Sprüche hatte er früher eigentlich nicht gedroschen, überlegte Müller und sah den Kollegen von der Seite schräg an. Frau Löblich stand hinterm Fenster und beobachtete, wie Müller missmutig ein Knöllchen von der Windschutzscheibe entfernte. Das wurde teuer – die Schnoor war für Autos gesperrt und Parken erst recht verboten. Unterdessen stieg Raabe ein und kramte sein Funktelefon aus der Rocktasche. Verärgert wegen des Strafzettels und unwirsch ob Raabes „Phrasendrescherei“ fragte Müller mürrisch:
    „Inwiefern hat die uns geholfen und auch noch sehr?“
    „Das wirst du gleich erkennen – ich muss sofort die Nussknackers anrufen. Vielleicht sind wir dabei, einen großen Fisch zu fangen. Drück uns die Daumen, dass ich mich nicht irre.“
    Die Verbindung klappte. „Hallo, Frau Schröder, so spät noch im Büro? Ist Herr Reinfeld auch noch da, bitteschön?“
    „Ja. Wir sind alle noch da. Und ziemlich aufgeregt. Herr Konrad hatte versprochen, sofort von Moskau aus anzurufen, hat sich aber noch nicht gemeldet und wir erreichen ihn nicht. Ich verbinde Sie mit Herrn Reinfeld.“
    Hermann Reinfeld stülpte Raabe ohne Übergang die gleiche Aufregung über und versetzte Raabe langsam in Unruhe.
    „Man muss nicht gleich an ein Unglück denken, lieber Reinfeld“, erwiderte er und beruhigte so auch sich selbst. „Wenn die Maschine, wie Sie sagen, nicht abgestürzt ist, ist er auch angekommen.

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