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Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Titel: Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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mitnehmen sollen.
    Der Bär kommt noch näher, wiegt seinen großen Kopf hin und her und mustert uns. Ich sehe, wie sein Atem in der Kälte zu Dampf wird, wie seine hervorstehenden Schulterblätter sich scharf und deutlich abzeichnen.
    »Also gut«, sagt Alex immer noch mit dieser leisen Stimme. Er steht hinter mir und ich kann die Anspannung seines Körpers spüren – stocksteif. »Ganz ruhig. Wir gehen jetzt rückwärts, ja? Ganz langsam.«
    Er tritt einen Schritt zurück und schon diese kleine Bewegung bringt den Bären dazu, sich lauernd zu ducken und die Zähne zu fletschen, die im Mondlicht knochenweiß funkeln. Alex erstarrt erneut. Der Bär knurrt. Er ist so nah, dass ich die Hitze seines riesigen Körpers spüren kann und seinen sauren, hungrigen Atem rieche.
    Ich hätte ein Gewehr mitnehmen sollen. Wir dürfen uns auf keinen Fall umdrehen und wegrennen; das macht uns zu Beute und der Bär ist auf der Suche nach Beute. Ich bin so blöd! Das ist das Gesetz der Wildnis: Du musst größer, stärker und härter sein. Du musst verletzen oder du wirst verletzt.
    Der Bär macht noch einen Schritt nach vorn, immer noch knurrend. Jeder Muskel meines Körpers ist in Alarmstellung und schreit mir zu, ich solle wegrennen, aber ich bleibe wie angewurzelt stehen, zwinge mich dazu, mich nicht zu rühren, nicht zu zucken.
    Der Bär zögert. Ich renne nicht weg. Also bin ich vielleicht doch keine Beute.
    Er zieht sich ein paar Zentimeter zurück – ein Vorteil, ein winziges Zugeständnis.
    Ich nutze die Chance.
    »Hey!«, schreie ich, so laut ich kann, und hebe die Arme über den Kopf, um so groß wie möglich zu wirken. »Hey! Hau ab! Weg mit dir. Weg !«
    Der Bär zieht sich verwirrt und erschrocken noch ein paar Zentimeter zurück.
    » Weg , habe ich gesagt.« Ich trete gegen den nächstgelegenen Baum, woraufhin ein Regen aus Rindenstückchen auf den Bären niedergeht. Als der Bär immer noch zögert, unsicher ist – aber er knurrt jetzt nicht mehr, ist in Verteidigungshaltung – bücke ich mich und schnappe mir den erstbesten Stein, dann richte ich mich wieder auf und schleudere ihn mit aller Kraft. Er trifft den Bären mit einem dumpfen Schlag direkt unterhalb der linken Schulter. Er schlurft jaulend rückwärts. Dann dreht er sich um und läuft in den Wald, ein schneller schwarzer Fleck.
    »Heilige Scheiße«, platzt Alex hinter mir heraus. Er stößt einen langen, lauten Atemzug aus, beugt sich vor und richtet sich dann wieder auf. »Heilige Scheiße.«
    Das Adrenalin, die nachlassende Anspannung haben ihn vergessen lassen; einen Augenblick hat er seine neue Maske fallen lassen und einen Blick auf den alten Alex enthüllt.
    Ich verspüre eine kurze Welle der Übelkeit. Ich muss an den verletzten, verzweifelten Blick des Bären denken und den dumpfen Schlag des Steins an seiner Schulter. Aber ich hatte keine Wahl. Das ist das Gesetz der Wildnis.
    »Das war verrückt. Du bist verrückt.« Alex schüttelt den Kopf. »Die alte Lena wäre abgehauen.«
    Du musst größer, stärker und härter sein.
    Kälte breitet sich in mir aus, eine feste Mauer, die Stück für Stück in meiner Brust wächst. Er liebt mich nicht.
    Er hat mich nie geliebt.
    Es war alles gelogen.
    »Die alte Lena gibt es nicht mehr«, sage ich und gehe an ihm vorbei, durch die Senke zurück zum Lager. Jeder Schritt ist schwieriger als der vorherige; die Schwere füllt mich aus und verwandelt meine Gliedmaßen in Stein.
    Du musst verletzen, oder du wirst verletzt.
    Alex kommt mir nicht nach und damit rechne ich auch nicht. Es ist mir egal, wo er hingeht, ob er die ganze Nacht im Wald bleibt oder nie wieder ins Lager zurückkehrt.
    Wie er gesagt hat, ist all das – die Zuneigung – jetzt vorbei.
    Erst, als ich die Zelte fast erreicht habe, fange ich wieder an zu weinen. Die Tränen kommen ganz plötzlich und ich muss stehen bleiben, kauere mich zusammen, will alle Gefühle aus mir hinausströmen lassen. Einen Moment denke ich darüber nach, wie einfach es wäre, auf die andere Seite zu wechseln und direkt in die Labors zu marschieren, um mich den Chirurgen darzubieten.
    Ihr hattet Recht; ich habe mich geirrt. Schneidet es raus.
    »Lena?«
    Ich blicke auf. Julian ist aus seinem Zelt aufgetaucht. Offenbar habe ich ihn geweckt. Seine Haare stehen in alle Richtungen ab wie die kaputten Speichen eines Rads. Er ist barfuß.
    Ich richte mich auf und wische mir mit dem Ärmel meines Sweatshirts die Nase ab. »Alles in Ordnung«, sage ich, während ich

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