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Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Titel: Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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den Mund auf und wieder zu. Dann fragt er ganz ruhig: »Was hast du gesagt?«
    »Julian.« Ich lege ihm eine Hand auf den Arm.
    Pippa mischt sich ein. »Waterbury wurde größtenteils evakuiert, bevor ich hergekommen bin«, sagt sie. »Wir dachten, es läge an der Widerstandsbewegung. Wir haben es für ein gutes Zeichen gehalten.« Sie lacht grimmig auf. »Aber ganz offensichtlich hatten sie andere Pläne. Sie haben die Wasserquelle in der Stadt abgeschnitten.«
    »Also verschwinden wir von hier«, sagt Dani. »Es gibt andere Flüsse. Die Wildnis ist voll davon. Wir gehen irgendwo anders hin.« Ihr Vorschlag trifft auf Schweigen. Sie sieht von Pippa zu Raven.
    Pippa fährt sich mit der Hand über ihre kurzen Haarstoppeln.
    »Ja, sicher.« Die Frau von der Widerstandsbewegung meldet sich zu Wort. Sie hat einen lustigen Tonfall, singend und melodisch, wie zerlassene Butter. »Die Leute, die wir zusammentrommeln können, die, die sich mobilisieren lassen – wir können gehen. Wir können ausschwärmen, uns aufteilen, zurück in die Wildnis ziehen. Aber wahrscheinlich warten dort Patrouillen auf uns. Zweifellos sammeln sie sich jetzt gerade dort. Es ist leichter für sie, wenn wir in kleinen Grüppchen unterwegs sind – dann haben wir schlechtere Chancen zu kämpfen. Außerdem macht sich das besser in der Presse. Ein groß angelegtes Massaker lässt sich nicht so leicht vertuschen.«
    »Woher weißt du so viel darüber?«
    Ich drehe mich um. Lu ist gerade zur Gruppe gestoßen. Sie ist etwas atemlos und ihr Gesicht glänzt, als wäre sie gerannt. Ich frage mich, wo sie die ganze Zeit über gewesen ist. Wie üblich trägt sie die Haare offen, die ihr im Nacken und auf der Stirn kleben.
    »Das ist Summer«, sagt Pippa gelassen. »Sie gehört zur Widerstandsbewegung. Ihr ist es zu verdanken, dass ihr heute Abend was zu essen kriegt.« Die unterschwellige Bedeutung ihrer Worte ist deutlich: Pass auf, was du sagst.
    »Aber wir müssen doch hier weg.« Hunters Stimme ist fast ein Bellen. Ich will meinen Arm ausstrecken und seine Hand drücken. Hunter verliert sonst nie die Beherrschung. »Was haben wir für eine Wahl?«
    Summer verzieht keine Miene. »Wir könnten uns wehren«, sagt sie. »Wir haben alle auf eine Gelegenheit gewartet, uns zu mobilisieren, etwas aus diesem Chaos hier zu machen.« Sie zeigt auf die vielen Unterkünfte, die wie riesige Granatsplitter bis zum Horizont glitzern. »Deshalb sind wir doch in die Wildnis gekommen, oder? Wir alle. Wir waren es leid, dass man uns gesagt hat, was wir zu tun haben.«
    »Aber wie sollen wir kämpfen?« Diese Frau mit der sanften melodischen Stimme und den entschlossenen Augen bringt mich dazu, schüchterner zu sein als schon lange sonst jemandem gegenüber. Aber ich hake nach. »Wir sind doch viel zu schwach. Pippa hat gesagt, wir seien unorganisiert. Ohne Wasser …«
    »Ich sage ja nicht, dass wir uns ihnen direkt entgegenstellen sollen«, unterbricht sie mich. »Wir wissen ja gar nicht, womit wir es zu tun haben – wie viele Leute noch in der Stadt sind, ob sich in der Wildnis Patrouillen sammeln. Was ich meine, ist, dass wir uns den Fluss zurückholen sollen.«
    »Aber wenn der Fluss doch gedämmt ist …«
    Sie schneidet mir erneut das Wort ab. »Dämme kann man sprengen«, sagt sie einfach.
    Niemand sagt etwas. Raven und Tack wechseln einen Blick. Vor allem aus Gewohnheit warten wir darauf, dass einer von ihnen das Wort ergreift.
    »Was habt ihr vor?«, fragt Tack und da weiß ich, dass es wahr ist: Es passiert wirklich. Es wird passieren.
    Ich schließe die Augen. Ein Bild taucht in meinem Kopf auf – wie ich nach unserer Flucht aus New York mit Julian aus dem Lieferwagen geklettert bin und in diesem Moment glaubte, dass wir das Schlimmste hinter uns hätten, dass das Leben für uns neu beginnen würde.
    Stattdessen ist das Leben nur noch härter geworden.
    Ich frage mich, ob das alles wohl je enden wird.
    Ich spüre Julians Hand auf meiner Schulter – ein kurzer Druck, eine Bestärkung. Ich öffne die Augen.
    Pippa hockt sich hin und zeichnet mit dem Daumen einen großen tränenförmigen Umriss in die Erde. »Nehmen wir an, das sei Waterbury. Wir sind hier.« Sie markiert eine Stelle am südöstlichen Rand der breiteren Seite mit einem X . »Und wir wissen, dass die Geheilten sich beim Ausbruch der Kämpfe in den Westen der Stadt zurückgezogen haben. Ich vermute, dass der Damm irgendwo hier liegt.« Sie zeichnet ein weiteres X am östlichen Rand ein, wo

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