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Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Titel: Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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die Bomben und die Truppen näher rücken.
    Raven spürt es offenbar auch: das neue Entsetzen in der Luft, die Nähe des Todes, das, was ein Tier fühlen muss, wenn es in eine Falle geraten ist. Sie dreht sich um und ruft Pippa etwas zu.
    »Pippa, bitte.« Ihre Stimme schliddert über den kahlen Abhang. Pippa steht am Fuß des Trampelpfads und sieht zu uns hinauf. Beast steht hinter ihr. Sie hält eine Laterne, die ihr Gesicht von unten anstrahlt, es in Stein meißelt, in Schichten aus Schatten und Licht.
    »Geht«, sagt Pippa. »Macht euch keine Sorgen. Ich treffe euch im Versteck.«
    Raven starrt sie noch einen Moment an, dann dreht sie sich wieder um.
    Da ruft Pippa: »Aber wenn ich in drei Tagen nicht da bin, wartet nicht länger auf mich.«
    Ihre Stimme gerät nie aus der Ruhe. Und ich weiß jetzt, was das für ein Blick war, den ich vorhin in ihren Augen gesehen habe. Es war mehr als Ruhe. Es war Resignation.
    Es war der Blick einer Frau, die weiß, dass sie sterben wird.
    Wir lassen Pippa hinter uns zurück, wie sie da im dunklen, überfüllten Inneren des Lagers steht, während die Sonne den Himmel mit leuchtender Farbe zu überziehen beginnt und die Gewehre von allen Seiten näher kommen.

hana
    A
m Samstagmorgen mache ich meinen Besuch in Deering Highlands. Es ist schon fast zur Routine geworden. Ich bin froh, dass ich Grace heute nicht begegne – die Straßen sind still und ruhig, in Frühnebel gehüllt –, und auch froh, dass die Regale in dem Kellerraum schon voller aussehen.
    Wieder zu Hause dusche ich mit zu heißem Wasser, bis meine Haut ganz rosa ist. Ich schrubbe mich sorgfältig, sogar unter den Fingernägeln, als wäre der Geruch der Highlands und all der Menschen, die dort wohnen, an mir hängen geblieben. Aber ich kann nicht vorsichtig genug sein. Wenn Cassies Identität ungültig gemacht wurde, weil sie die Krankheit bekam oder weil Fred es zumindest glaubte, will ich mir nicht vorstellen, was er mit mir und meiner Familie machen wird, wenn er entdeckt, dass das Heilmittel bei mir nicht richtig gewirkt hat.
    Ich muss wissen – endlich sicher wissen –, was aus Cassandra geworden ist.
    Fred spielt heute Golf mit mehreren Dutzend Wahlkampfspendern und Unterstützern, darunter auch mein Vater. Meine Mutter ist mit Mrs Hargrove im Klub zum Mittagessen verabredet. Ich winke meinen Eltern fröhlich zum Abschied zu und schlage dann eine halbe Stunde lang die Zeit tot, zu kribbelig, um fernzusehen oder etwas anderes zu tun, als im Haus hin- und herzulaufen.
    Als genügend Zeit vergangen ist, nehme ich die endgültige Gästeliste und die Sitzordnung für die Hochzeit und stopfe sie in eine Mappe. Es hat keinen Zweck, ein Geheimnis daraus zu machen, wo ich hinwill, deshalb rufe ich Rick, Tonys Bruder an, und warte auf der Veranda darauf, dass er den Wagen vorfährt.
    »Zu den Hargroves, bitte«, sage ich fröhlich, als ich auf die Rückbank rutsche.
    Ich versuche nicht allzu sehr zu zappeln. Rick soll nicht merken, dass ich nervös bin. Ich will keine Fragen beantworten müssen. Aber er achtet überhaupt nicht auf mich. Er hält den Blick auf die Straße gerichtet. Sein kahler Kopf, der in seinem Hemdkragen ruht, erinnert mich an ein angeschwollenes rosa Ei.
    Bei den Hargroves zu Hause steht keins der drei Autos in der Auffahrt. So weit, so gut.
    »Warten Sie hier«, sage ich zu Rick. »Es dauert nicht lange.«
    Ein Mädchen, das zum Hauspersonal gehört, öffnet die Tür. Sie ist höchstens ein paar Jahre älter als ich und hat einen permanenten Gesichtsausdruck dumpfen Misstrauens wie ein Hund, den man zu oft gegen den Kopf getreten hat.
    »Oh!«, sagt sie, als sie mich sieht, und zögert, ganz offensichtlich unsicher, ob sie mich reinlassen soll.
    Ich fange sofort an zu reden. »Ich bin so schnell wie möglich hergekommen. Stellen Sie sich vor, meine Mutter hat vergessen, die Pläne zum Essen mitzubringen! Mrs Hargrove muss natürlich noch die Sitzordnung absegnen.«
    »Oh!«, sagt das Mädchen wieder. Sie runzelt die Stirn. »Aber Mrs Hargrove ist gar nicht da. Sie ist im Klub.«
    Ich stöhne auf, spiele die Überraschte. »Als meine Mutter gesagt hat, sie würden zusammen Mittag essen, habe ich angenommen …«
    »Sie sind im Klub«, wiederholt sie nervös. Sie klammert sich an diese Information wie an eine Rettungsleine.
    »Wie dumm von mir«, sage ich. »Und natürlich habe ich jetzt keine Zeit, auch noch zum Klub zu fahren. Vielleicht könnte ich die Liste einfach für Mrs Hargrove hier

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