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Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Titel: Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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hinterlassen …?«
    »Ich kann sie ihr geben, wenn Sie möchten«, bietet sie an.
    »Nein, nein. Das ist nicht nötig«, sage ich schnell. Ich lecke mir über die Lippen. »Wenn ich nur kurz reinkommen dürfte, schreibe ich ihr eine Nachricht. Tisch sechs und acht muss man vielleicht noch austauschen und ich weiß nicht genau, was ich mit Mr und Mrs Kimble machen soll …«
    Das Mädchen tritt zurück, um mich einzulassen. »Natürlich«, sagt sie und öffnet die Tür ein bisschen weiter.
    Ich gehe an ihr vorbei. Obwohl ich schon oft bei den Hargroves war, fühlt sich das Haus ohne seine Bewohner anders an. Die meisten Zimmer sind dunkel und es ist so leise, dass ich knarrende Schritte von oben höre, das Rascheln von Stoff mehrere Zimmer entfernt. Ich habe Gänsehaut auf den Armen. In der Eingangshalle ist es kühl, aber es liegt auch an der Atmosphäre hier – als würde das ganze Haus in Erwartung einer Katastrophe den Atem anhalten.
    Jetzt, wo ich hier bin, weiß ich nicht genau, wie ich anfangen soll. Fred muss irgendwo Unterlagen über seine Heirat mit Cassie und wahrscheinlich auch über seine Scheidung haben. Ich war nie in seinem Arbeitszimmer, aber bei meinem ersten Besuch hat er mir gezeigt, wo es ist, und es ist ziemlich wahrscheinlich, dass er alle Unterlagen, die er hat, dort aufbewahrt. Aber erst muss ich das Mädchen abwimmeln.
    »Vielen Dank«, sage ich, als sie mich ins Wohnzimmer geleitet. Ich schenke ihr mein strahlendstes Lächeln. »Ich setze mich einfach kurz hierhin und schreibe eine Nachricht. Sie sagen Mrs Hargrove dann, dass die Pläne auf dem Couchtisch liegen, nicht wahr?« Das ist als Wink gemeint, dass sie mich allein lassen soll, aber sie nickt bloß, steht weiter da und sieht mich dumpf an.
    Jetzt improvisiere ich und benutze eine Ausrede. »Können Sie mir einen Gefallen tun? Wo ich schon mal hier bin, könnten Sie kurz nach oben laufen und versuchen, die Farbmuster zu finden, die wir Mrs Hargrove vor Ewigkeiten mal geliehen haben? Der Florist braucht sie zurück. Und Mrs Hargrove hat gesagt, sie würde sie in ihrem Schlafzimmer aufbewahren – wahrscheinlich auf dem Tisch oder so.«
    »Farbmuster …?«
    »Ein dickes Buch«, sage ich. Und dann, weil sie sich immer noch nicht rührt. »Ich warte hier, während Sie sie holen.«
    Schließlich lässt sie mich allein. Ich warte, bis ich ihre Schritte die Treppe hinaufgehen höre, bevor ich mich zurück in die Eingangshalle traue.
    Die Tür zu Freds Arbeitszimmer ist zu, aber zum Glück nicht abgeschlossen. Ich husche hinein und schließe die Tür leise hinter mir. Mein Mund ist ganz trocken und mein Herz hämmert mir bis zum Hals. Ich muss mir selbst sagen, dass ich nichts Verbotenes getan habe. Bisher zumindest nicht. Streng genommen ist das hier auch mein Haus oder wird es zumindest sehr bald sein.
    Ich taste nach dem Lichtschalter an der Wand. Das ist ein Risiko – jeder könnte das Licht durch den Türspalt sehen – aber wenn ich hier im Dunkeln herumtappe und Möbel umstoße, wird sie das ebenfalls auf den Plan rufen.
    Das Zimmer wird von einem großen Schreibtisch und einem Lederstuhl mit gerader Lehne beherrscht. Ich erkenne eine von Freds Golftrophäen und den Briefbeschwerer aus Sterlingsilber in dem ansonsten leeren Bücherregal. In einer Ecke steht ein hoher metallener Aktenschrank; daneben hängt ein großes Gemälde an der Wand, auf dem ein Mann, vermutlich ein Jäger, inmitten mehrerer Tierkadaver steht. Ich sehe schnell weg.
    Ich gehe auf den Aktenschrank zu, der ebenfalls unverschlossen ist und blättere durch Stapel von Finanzpapieren – Kontoauszüge und Steuerbescheide, Quittungen und Einzahlungsbelege –, die fast ein Jahrzehnt zurückreichen. In einer Schublade liegen alle Informationen über die Angestellten, darunter Fotos ihrer Personalausweise. Das Mädchen, das mich reingelassen hat, heißt Eleanor Latterly und ist genauso alt wie ich.
    Und dann, ganz hinten in der untersten Schublade, finde ich etwas: einen unbeschrifteten dünnen Ordner mit Cassies Geburts- und Heiratsurkunde. Es gibt kein Scheidungsdokument, nur einen in der Mitte gefalteten Brief, der mit Schreibmaschine auf dickem Briefpapier verfasst ist.
    Ich überfliege schnell die erste Zeile. Im Folgenden geht es um den körperlichen und geistigen Zustand Cassandra Melanea Hargroves, geb. O’Donnell, die neun Tage lang bei mir in Behandlung …
    Ich höre Schritte, die schnell auf das Arbeitszimmer zukommen. Ich lege den Ordner

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