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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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mitbekam, was wirklich ironisch war. Nach all den Jahren kümmerte er sich endlich um sie – zuerst Debbie, dann Kate und Leslie. Sie war als Einzige übrig.
    Octavia erschauerte. Sie war die Letzte, aber warum ließ er sich so lange Zeit? Debbie war im April getötet worden, jetzt war es fast September. Sie machte sich klar, dass morgen der Erste war. Nur noch fünf Tage, dann konnte sie dieses Land für lange, lange Zeit verlassen. Rowlands Gesicht war mittlerweile so bekannt, dass er ihr nicht so einfach folgen konnte. Die Polizei würde ihn schnappen; dann war sie frei.
    Diese simplen Gedanken gingen ihr immer wieder durch den Kopf, als würde die ständige Wiederholung sie wahr machen. Fenwicks Gesicht erschien auf dem Bildschirm. Sie stellte den Ton ab und sah ihn kalt an. Konnte er es schaffen? Konnte er es rechtzeitig schaffen? Er war gerissen und trotz seiner Schwächen hart. Inzwischen hatte er alle, nun ja, fast alle Rückschlüsse gezogen und vermittelte den Eindruck, als würden echte Fortschritte gemacht. Oder war das einfach nur gute Öffentlichkeitsarbeit?
    Sie hatte ihm keine Hinweise gegeben, er hatte sich alle Antworten selbst erarbeitet. Warum sollte sie nicht einfach den entscheidenden Schritt tun – das letzte Teil des Puzzles für ihn einfügen? Sie schrak sofort vor dem Gedanken zurück, schaltete den Fernseher aus und tigerte wieder durch die leeren Zimmer. Dabei zwang sie sich, ein paar Stimmübungen zu machen.
    Es war ungeheuer wichtig, dass sie am Montag in Bestform war. Im Vergleich mit ihren jüngsten Triumphen war das jährliche Konzert gar nichts, eine unbedeutende lokale Angelegenheit. Aber es war ihre Gelegenheit, ihnen allen zu zeigen, dass sie es geschafft hatte.
    Sie kehrte als der Star zurück, der Star, auf ihre Bitte hin. Kate Johnstone war erstaunt gewesen, als sie die Einladung angenommen hatte, aber Kate hatte sie nie verstanden. Ihre, Octavias, Rückkehr nach Hause war der endgültige Beweis dafür, dass die Opfer, die unmöglichen Entscheidungen, die dennoch getroffen worden waren, der Verzicht auf Freundschaften und die Einsamkeit allesamt gerechtfertigt gewesen waren. In der Kindheit hatte sie häufig solche Träume und Phantasien gehegt. Jetzt sah sie den Augenblick des Triumphs in der Kathedrale klar und deutlich vor sich.
    In diesem Augenblick wurde ihr mit unumstößlicher Gewissheit klar, warum er so lange wartete, warum er sie bis zum Schluss übrig gelassen hatte. Es war die Gelegenheit zu einer öffentlichen Darbietung, und die würde er sich nicht entgehen lassen. In der Kathedrale hatte er den richtigen Anlass, den besten Zeitpunkt, sie zu töten. Nein, sie hinzurichten für das, was sie seiner Meinung nach getan hatte.
    Heftig zitternd stützte sie sich an der Wand ab. Sie vergewisserte sich nicht mehr, ob alle Türen abgeschlossen waren; er würde weder heute noch morgen Nacht kommen. Er würde bis Montag warten und in der Kathedrale zuschlagen. Wie eine alte Frau schleppte sie sich nach oben und ließ sich angezogen aufs Bett fallen. Sie sah sich vor eine klare Entscheidung gestellt: ihren Auftritt abzusagen oder weiterzumachen; beides kam nicht in Frage. Sie lag eine weitere Nacht wach, wälzte sich herum und suchte nach einem Ausweg aus dem Dilemma.
     
    Miss Purbright erzählte jedem, der es hören wollte, dass sie niemals fernsah, da ihr Leben so erfüllt und abwechslungsreich sei. Unangemeldete Besucher (von denen es jämmerlich wenige gab) hätten jedoch unweigerlich festgestellt, dass das Gerät in der Küche eingeschaltet war, wann immer sie auch vorbeikamen. Sie hatte eine ganze Reihe Ausreden für dieses Phänomen parat – sie brauchte den Wetterbericht für die Schafe; sie durfte eine wichtige Nachrichtensendung nicht verpassen; ihre Lieblingssendung war gerade zu Ende gegangen.
    In Wahrheit war sie fernsehsüchtig. Obwohl sie allein lebte, seit ihr Vater gestorben war, war sie nicht aus dem Holz, aus dem man Einsiedler schnitzt. Sie sehnte sich nach gemeinsamen Cafébesuchen am Vormittag und Bingo, nach Sonntagsausflügen und Nachbarschaftsklatsch, aber das hätte sie nie zugegeben, am allerwenigsten sich selbst gegenüber. Stattdessen kultivierte sie eine erstaunlich wirksame Fassade des Exzentrischen, des Interesses an Land- und Gartenarbeit.
    So kam es, dass Miss Purbright die Crime- Sendung verfolgte, während sie vor dem großen Küchentresen ihre Socken stopfte. Sie liebte diese Sendungen über wahre Verbrechen, und ihr gefiel nichts

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