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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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und unter der Oberfläche doch mit jeder intriganten Metropole konkurrieren konnte. Und es war nicht nur die tödliche Gefahr, die von diesen Intrigen ausging, was mich so erschreckte: Ich war automatisch ein Teil in diesem Räderwerk geworden, und ich musste weiter, ob ich wollte oder nicht. Ich war sehr weit weg von meinem Dorf, erschreckend weit weg. Und ich hatte seit gestern nicht einmal an Krümel gedacht.
     
    7. Kapitel
     
    Als wir aus unserem unruhigen Tagschlaf erwachten, war es fünf Uhr nachmittags. »Womit fangen wir an?«, fragte die Baronin unternehmungslustig.
    »Wir wissen von zwei Menschen, die offensichtlich mit Lewandowski zu tun hatten: Reimer und Strahl. Also müssen wir noch mal zu Anna Guttmann, denn die wusste davon.«
    »Und wenn sie mich wieder rausschmeißt?«
    »Das wird sie nicht. Hilfst du mir bitte aus dem Bett?« Es ging besser, als ich erwartet hatte. Die ersten Bewegungen gaben mir das Gefühl, in allen Gelenken Sand zu haben und unwillige, mehlige Muskeln. Das legte sich nach den ersten Schritten ein wenig.
    Die Schmerzen blieben, besonders in der Magengrube, aber man konnte es aushalten.
    Die Baronin dachte laut nach: »Die Leute, die mit Lewandowski zusammenarbeiteten, werden eher in München stationiert sein als in Bonn.«
    »Das glaube ich nicht. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass jemand wie Lewandowski offiziell einer Nachrichtendienst-Zentrale zugeteilt ist. Nein, das wird von hier gedeichselt, aus irgendeiner ganz hohen Etage.«
    »Und wenn wir sie identifiziert haben, was dann?«
    »Immer einen Schritt nach dem anderen. Außerdem wird unser Freund Beck bald versuchen, uns ein Bein zu stellen.«
    »Und wie?«
    »Weiß ich nicht, aber auf jeden Fall werden wir es als Erste erfahren.«
    Wie sie da so gegen den Schrank gelehnt stand und lächelnd zu mir herübersah, da sah sie richtig schön aus. Sie war überhaupt der einzige Lichtblick in dieser ganzen verfahrenen Angelegenheit. Ich kannte sie schon ziemlich lange, und doch hatte ich sie jetzt erst richtig kennen gelernt. Und ich mochte sie, ich mochte sie täglich mehr. Sie schaute ganz versonnen und sagte leise: »Wenn du schläfst, siehst du wie ein kleiner Junge aus, richtig nett.«
    »Du hättest mich wachküssen sollen.«
    »Wollte ich auch, ich habe mich aber nicht getraut.«
    »Wir sind viel zu gut gelaunt«, knurrte ich. »Wir müssen uns erst mit der bösen Welt auseinandersetzen, ehe wir vielleicht Zeit für uns haben. Also: Wir waren bei dem Grund, weshalb Reimer und die Strahl hier in Bonn stationiert sein müssen. Wer immer die Befehle zum Töten gibt, muss in der Hierarchie der Macht weit oben angesiedelt sein. Und der sitzt in jedem Fall in Bonn.«
    »Mir wird schlecht, wenn ich daran denke«, sagte sie.
    »Carre hat einmal geschrieben, wir seien eine Demokratie mit verdammt wenig Demokraten.«
    Sie murmelte nachdenklich: »Ich würde so gern einmal einen Alltag mit dir erleben, irgendetwas ganz Normales. Kannst du mir Bescheid geben, wenn dein Leben normal ist?«
    »Was ist normal?«
    »Normal ist, wenn man morgens an eine Arbeit geht, die Spaß macht, abends am Kaminfeuer hockt und überlegt, ob man Sonnenblumen pflanzt oder Dahlien. Das ist normal, und nicht, dass man verprügelt wird, von einem Bundesanwalt schikaniert und gejagt wird und ständig überlegen muss, wer in wessen Auftrag gemordet hat und wann man selbst an der Reihe ist. Ich finde das allmählich zum Kotzen!«
    »Du solltest sowieso allmählich aussteigen.«
    »Klar doch, ich bin ja auch nur eine Frau. Sag mir lieber, ob dein Machohirn schon darüber nachgedacht hat, wer den Henker steuern könnte.«
    »Ein wenig. Ich glaube, wenn ich den Chef des Verfassungsschutzes nach dem Henker fragen würde, käme der aus dem Staunen nicht mehr raus. Der Chef des BND in Pullach genauso, der des BKA in Wiesbaden auch. Der Generalbundesanwalt? Solche Behörden sind alle zu groß und nicht verschwiegen genug. Ich glaube, dass all diese politischen Beamten mit dieser Geschichte überhaupt nichts zu tun haben. Nach Ansicht von reinen Verwaltungsleuten sind solche Politiker höchst unzuverlässige Leute. Bleiben also die Verwaltungskönige selber, der Bereich der höchsten Beamtenschaft…«
    »Gib mir doch mal ein Beispiel, Baumeister, wie du dir den Einsatz eines Henkers vorstellst.«
    »Das ist der Punkt. Stellen wir uns einen hochkarätigen Wissenschaftler in der Funktion eines Managers vor. Der Mann will die perfekten Waffen nicht mehr, die er

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