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Rescue me - Ganz nah am Abgrund

Rescue me - Ganz nah am Abgrund

Titel: Rescue me - Ganz nah am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Koch
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sage es dir trotzdem. Ich schlafe nicht mit ihr.“ Der Zorn in Brads Stimme hatte sich gelegt. Er sah mich wieder an. In seiner Miene sah ich nur Aufrichtigkeit. „Sie … bedeutet mir sehr viel, verstehst du?“
    Gegen meinen Willen war ich beeindruckt. Es schien, als ließe sich Brad von meinem schlechten Benehmen nicht abschrecken, als wolle er sich wirklich ernsthaft mit mir unterhalten.
    „Warum erzählst du mir das?“ Der wollte doch nicht etwa einen auf Daddy machen? So was hatte mir noch gefehlt.
    „Du bist ihr Sohn, ich finde, du solltest es wissen.“
    „Na und? Mir doch egal! Du bist nur einer von vielen. Seit damals!“
    Kaum zu bezähmende Wut stieg in mir hoch, als ich an die ungezählten Kerle dachte, die sich hier schon die Klinke in die Hand gegeben hatten.
    All diese Arschlöcher, die sie sonst wo aufgegabelt hatte, immer auf der verzweifelten Suche nach etwas, das sie Liebe nennen konnte. Arschlöcher, die ohne zu zögern nahmen, was ihnen angeboten wurde und die mich behandelt hatten, wie den letzten Dreck. Mich rumschubsten. Mich aus dem Haus warfen.
    Bis ich mich in den Prinzen der Finsternis verwandelte. Sie allesamt in Angst und Schrecken versetzte. Da hatte ich endlich Ruhe.
    „Und sie wird sich niemals ändern!“, setzte ich höhnisch nach. „Ich geb’ dir höchstens vierzehn Tage, dann wird sie dich abservieren. Wie die anderen auch.“
    „Ich hoffe doch nicht!“ Brad lächelte. „Wenn es nach mir ginge, ist jetzt Schluss mit anderen Kerlen.“ Dann wurde er ernst. „Deine Mutter hat nach dem Tod deines Vaters sehr gelitten. Du musst es verstehen, sie ist mit ihrer Trauer nicht anders fertig geworden.“ Er hob leicht die Hände, so als wolle er um Nachsicht bitten.
    Doch ich wollte kein Verständnis aufbringen. „Ich muss das verstehen? Ich?“, rief ich aufgewühlt und sprang auf. „Sie hat gelitten?“ Was zur Hölle war mit mir? „Sie hat es sich verdammt einfach gemacht! Ins Bett hat sie sich gelegt und ist tagelang nicht aufgestanden!“ Und ich hatte sehen können, wo ich blieb. Allein. Körperlich wie seelisch noch schwer angeschlagen. Kaum fähig, mich selber zu versorgen.
    In mir zerbarst etwas.
    „Sie hat sich einen Dreck um mich geschert! Niemand hat das!“ Ich stand da, die Fäuste fest geballt. Mir schien der Hals wie zugeschnürt, mein Herz klopfte wie rasend, keuchend holte ich Luft. Alles aufgestaute Elend brach hervor. Plötzlich war alles wieder da. Dieses Gefühl der Hilflosigkeit, die Schmerzen. Die Einsamkeit.
    „Alle haben mich im Stich gelassen! Alle!“ Ich wirbelte zu Ryan herum, der langsam aus seiner Regalecke hervorkam.
    „Doch du, du hast mich am meisten verletzt!“, schrie ich ihm entgegen. „Du hast mich diesen Reportern zum Fraß vorgeworfen, obwohl du wusstest, wie es gewesen ist! Es war ein Unfall!“ Dann brach meine Stimme. „Ich habe sie nicht umgebracht“, flüsterte ich tonlos.
    Ryan sah blass aus, wirkte völlig geschockt. „Ich wollte das nicht sagen“, stammelte er verstört. „Ich habe es doch nicht so gemeint.“
    Ich stürmte auf Ryan zu, schubste ihn aus dem Weg. Raus. Ich musste sofort raus, weg hier, bevor ich platzte. Bevor ich ihm etwas Furchtbares antat. „Geht doch einfach in Flammen auf!“

 
Dreizehn
    Draußen war es noch warm. Eine laue Sommernacht, wie geschaffen um Party zu machen.
    Fetzen fröhlicher Musik drangen an mein Ohr, während ich die Straßen entlang rannte. Der Schein bunter Lichterketten verschwamm vor meinen Augen. In der Luft hing der Geruch nach frisch gegrilltem Fleisch und von irgendwoher erschallte Gelächter.
    Heile Familien spielten normales Leben. Auch ich hatte einmal so eines gehabt. Ein Leben, in dem ich Freunde hatte. Dazugehörte.
    Jetzt schien es Millionen von Lichtjahren entfernt.
    Als ich die dichte Hecke erkannte, die den Friedhof umgab, bremste ich und schob mich hindurch. Das Grab meines Vaters fand ich inzwischen mit verbundenen Augen. Ich kam oft hierher. Erst nur tagsüber, dann aber eine Zeit lang auch jede Nacht. Solange, bis mich der Friedhofswärter erwischte. Der alte Knacker schwor später, ich hätte mit der gehörnten Faust komische Zeichen in die Luft gemalt und wäre wie wild auf den Gräbern herumgetanzt, wirres Zeug dazu kreischend. Satan. Ich hätte nach Satan gerufen, ganz klar!
    Nun ja. Der Alte hatte nicht so ganz unrecht. Es war allerdings nicht Satan gewesen, den ich angerufen hatte. Es war der erste Todestag gewesen. Und ich beging ihn mit meiner

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