Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
möglich. John und David schleppten das Schlauchboot zum Wasser, während Karen eine schwarze Strickmütze aufsetzte und die Ausbeulung in ihrer Weste tätschelte, um das Glück zu beschwören. Gleichzeitig versuchte sie sich einzureden, dass sie es nicht brauchen würde.
Die Wahrheit hielt sich noch bedeckt. Es war an der Zeit, herauszufinden, was hier wirklich vorging.
SIEBEN
Steve und David kletterten an Bord und rutschten zum Bug des Sechs-Personen-Bootes, Karen und Rebecca folgten. John sprang als Letzter auf und startete auf Davids Zeichen den Motor; der so leise war, wie David es angekündigt hatte – nur ein schwaches Brummen ertönte, das im Geräusch des sanft wogenden Wassers fast unterging.
„Auf geht’s“, sagte David halblaut. Rebecca holte tief Luft und atmete langsam wieder aus, während sie sich in Richtung Norden in Bewegung setzten, auf die Bucht zu.
Niemand sprach, während links von ihnen die Küste vorüberglitt, schemenhafte, gezackte Formen im bleichen Licht des aufgehenden Mondes. Rechterhand gähnte eine gewaltige, raunende Leere.
Backbord und steuerbord, meldete sich eine beiläufige Stimme in Rebeccas Gedanken .
Sie suchte die Schwärze nach einem Zeichen ab, das den Beginn des Privatgeländes markierte, konnte jedoch nicht viel erkennen. Es war viel dunkler, als sie es erwartet hatte, und auch kälter. Verstärkt wurde ihr Unbehagen noch durch die Gewissheit, dass sich unter ihnen eine völlig andersgeartete Welt ausbreitete, in der es von kaltblütigem Leben nur so wimmelte …
Rebecca sah das Aufblitzen eines schwachen Lichtes, als David ein Nachtsichtgerät hob, um die Küste nach Aktivitäten abzusuchen. Bevor er es justiert hatte, legte sich der Widerschein der Infrarot-Beleuchtung für einen Augenblick über sein Gesicht, verfremdete seine Züge und ließ sie zerklüftet aussehen.
Jetzt, da sie es wirklich taten, wirklich auf dem Weg waren, fühlte Rebecca sich besser als den ganzen Tag über. Keineswegs entspannt zwar – die Angst war immer noch vorhanden, die Furcht vor dem Unbekannten und davor, worauf sie unter Umständen stoßen würden –, aber das Gefühl der Hilflosigkeit war gewichen. Und die das Denken lähmende Nervosität, die ihr seit den Ereignissen in Raccoon angehaftet hatte. Platz für ein Quäntchen Hoffnung war entstanden.
Wir unternehmen etwas, gehen in die Offensive, anstatt darauf zu warten, dass sie uns in die Finger bekommen.
„Ich sehe den Zaun“, sagte David leise, sein Gesicht ein fahler Fleck in der auf- und abwogenden Dunkelheit.
Als Nächstes passieren wir den Pier, sehen vielleicht die Gebäude, wo das Gelände zum Leuchtturm hin abfällt, zu den Höhlen …
Unablässig schwappte Wasser gegen das Schlauchboot, doch plötzlich wurde das gedämpfte Wellengeräusch lauter, das kleine Gefährt ruckte und erbebte. Rebecca spürte, wie ihr Herz schneller schlug. Sie sah zwar gerne auf den Ozean hinaus, war aber weit weniger begeistert davon, sich auf ihm zu befinden; als Kind hatte sie wohl ein paar Mal zu oft „Der weiße Hai“ gesehen.
Sie hielt ihren Blick auf das Ufer gerichtet, versuchte abzuschätzen, wie nahe es bereits war, und spürte und sah gleichermaßen, wie sich die Bucht vor ihnen öffnete, während das Boot durch die Wellen pflügte. Etwa zwanzig Meter entfernt machten hochaufragende Baumschatten einer Lichtung Platz. Rebecca konnte hören, wie Wasser gegen die felsige Küste klatschte. Flacher, offener Raum erstreckte sich jetzt zu beiden Seiten hin. Sie hatten das Areal der Forschungseinrichtung erreicht.
„Dort ist das Dock“, sagte David. „John, hart steuerbord, zwei Uhr.“
Rebecca konnte voraus lediglich die vage, von Menschenhand geschaffene Form des Piers erkennen, eine dunkle Linie, die auf dem Wasser hin- und herzurutschen schien. Sie vernahm ein hohles, einsames Quietschen, mit dem Metall über Holz rieb. Der schmale Steg hob und senkte sich auf seinen Pfählen. Boote waren nicht zu sehen.
Als der Pier vorbeiglitt, blinzelte Rebecca in die Finsternis dahinter. Sie konnte jenseits der auf dem Wasser treibenden Holzkonstruktion nur die Umrisse eines klobigen Bauwerks ausmachen; es musste sich um das Bootshaus der Einrichtung handeln. Die anderen Gebäude, die auf Trents Karte eingezeichnet waren, fand sie nicht. Neben dem Leuchtturm gab es noch sechs weitere Bauten, fünf davon entlang der Bucht errichtet, in zwei Reihen parallel zur Küstenlinie – drei vorne, zwei dahinter. Das sechste Bauwerk
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